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Afrika: Israel hilft mit solaren Wasserpumpen gegen schmutziges Wasser

Tröpfchenbewässerung: Israelische Innovationen in der Wasseraufbereitung könnten Vorbild für Afrika sein
Tröpfchenbewässerung: Israelische Innovationen in der Wasseraufbereitung könnten Vorbild für Afrika sein (© Imago Images / Joerg Boethling)

Israel ist für viele Länder Afrikas ein Vorbild dafür, wie man mit der raren Ressource Wasser so umgeht, dass Wassermangel kein Thema mehr ist.

Volker Seitz

Nach wie vor leben hunderte Millionen von Menschen ohne Strom und sauberem Trinkwasser. Laut UNICEF sterben mehr Menschen an verschmutzen Wasser als an allen Formen von Gewalt. Verschmutztes Wasser, das mit Keimen und Bakterien verunreinigt ist, stellt eine tödliche Gefahr dar. Wasser ist weltweit, neben Bildung, ein Schlüsselelement für eine bessere Zukunft. 

Afrika wird enormes wirtschaftliches Potenzial bescheinigt, doch die Trinkwasserknappheit ist ein großes Wachstumshindernis. Nicht das Fehlen von Wasser-Ressourcen, sondern ihre ineffiziente Nutzung, mangelnde Investitionen und Missmanagement sind der Grund für die Knappheit. 

Der ungleiche Zugang zu Wasser spiegelt den Abstand der sogenannten Eliten in Afrika zum Volk wider. Südlich der Sahara haben immer noch mehr als sechzig Prozent der Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Die Wasserversorgungs-Systeme und die Abwasserentsorgung sind ineffizient oder nicht vorhanden.

Niedrige Priorität bei Eliten

Für das politische Führungspersonal ist die Wasserversorgung der Bevölkerung kein zentrales Thema, weil es sich andere Hygienestandards leisten kann. Die Führungseliten haben Wasserreservoire und Filter und verbrauchen, neben Mineralwasser, pro Kopf sechs Mal so viel sauberes Wasser wie die übrige Bevölkerung. 

Die niedrige Priorität, die Wasser- und Sanitätswesen in Afrika beigemessen wird, spiegelt sich in den jeweiligen Staatshaushalten. Wenn auch gelegentlich in den Budgets versteckt, zeigt sich, dass für Waffen oft mehr Geld vorhanden ist als für Bildung, Gesundheit oder eben Wasserversorgung. Das reiche Kamerun (Öl, Mineralien, Landwirtschaft) hat z.B. bis heute nicht in Kläranlagen investiert.

Die Wasserversorgung in vielen Ländern ist mehr oder weniger zufällig. Der größte Teil der Bevölkerung, besonders in den Elendsvierteln der Städte und auf dem Land, muss oft über lange, gefährliche Fußwege Wasser in Eimern heranschleppen. Wer den ganzen Tag damit beschäftigt ist, kilometerweit entfernte Brunnen oder Wasserlöcher anzusteuern, kann nicht viel anderes tun. Die Mechanismen, die bei fehlender Wasserversorgung wirken, sind katastrophal.

Schlechte Abwasserentsorgung macht krank

600 Millionen der 1,4 Milliarden Menschen in Afrika leben heute in den Städten, sechzig Prozent in Armenvierteln ohne ausreichende Wasserversorgung. Die ungestüme und ungeregelte Urbanisierung hat zum Kollaps der oft noch aus der Kolonialzeit stammenden sanitären Infrastruktur geführt. In undichten Leitungen geht Wasser verloren. Werden Anlagen nicht korrekt betrieben, steht alles still.

Lediglich Ägypten, Botswana, Gabun, Mauritius, Tunesien, Kenia und Südafrika haben ein halbwegs ausreichendes Wassermanagement.

Achtzig Prozent der Krankheiten in Afrika lassen sich nach Schätzungen von Ärzten auf unreines Wasser und schlechte Sanitärversorgung zurückführen. Die meisten Gewässer enthalten Krankheitserreger aus menschlichen Ausscheidungen, weshalb entsprechende Erkrankungen weit verbreitet sind. Nur in Kenia und Südafrika verfügen laut Weltwasserbericht der Vereinten Nationen mehr als 75 Prozent der Menschen über sanitäre Einrichtungen.

Vorbild Israel

Israel hat es vorgemacht: mit neuester Technik, intelligentem Management und jahrzehntelanger kollektiver Anstrengung ist Wassermangel hier kein Thema mehr. Das Land ist weltweit führend in der Abwasseraufbereitung. 93 Prozent des israelischen Schmutzwassers werden aufbereitet, was den Trinkwasserverbrauch enorm reduziert. 

In Israel wurde die Tröpfchenbewässerung erfunden, mit der man nicht nur bis zu vierzig Prozent Wasser sparen, sondern auch den Ernte-Ertrag steigern kann. So wurde selbst Wüstenland zu einer landwirtschaftlichen Oase. Eine Wasserwirtschaft nach israelischem Vorbild kann zur Beseitigung oder zumindest Zurückdrängung existenzieller Bedrohungen führen.

Die 2008 gegründete israelische NGO »Innovation Africa« hat bislang 4,2 Millionen Menschen in u.a. in Tansania, Uganda oder Malawi mit Solarenergie Strom und Zugang zu sauberem und sicheren Trinkwasser verschafft. Die NGO benutzt Solarenergie, um Wasser zu pumpen. Auch Schulen und Kliniken werden mit Strom versorgt. Israelische Solartechnik sorgt in den Kliniken nicht nur für Wasser, sondern auch für Strom für die Medikamenten-Kühlschränke.

Mit israelischem Knowhow lernen afrikanische Staaten, weniger Wasser zu verbrauchen. Auch die Elfenbeinküste, Gabun und der Senegal werden im Bereich Bewässerung und Wassermanagement beraten. 

Senegal bezieht achtzig Prozent seines Nahrungsbedarfs aus Importen, weil die traditionelle Landwirtschaft nur auf eine Ernte pro Jahr kommt. Mit israelischer Technologie können die Bauern auf drei bis vier Ernten kommen. So hat man Pflanzen gezüchtet, die Hitze besser aushalten, auf jeweils spezielle klimatische Bedingungen und Bodenverhältnisse abgestimmt und auf das Wesentliche reduziert sind. Es wurden Tomatensorten entwickelt, die weniger Blätter tragen, oder Getreidearten, die nicht mehr so hoch wachsen wie zuvor. 

Messgeräte kontrollieren die Bodenfeuchtigkeit. Der Wasserzufluss wird gesteuert, die Erträge steigen – vor allem bei Reis, aber auch im Obst- und Gemüseanbau. Ein weiteres Förderungsziel ist die Verbesserung der Gesundheitssituation. Fließendes Trinkwasser entlastet zudem Frauen und Kinder, die bislang für das Herbeischaffen des Wassers verantwortlich sind.

Fast alle Dürren sind menschengemacht

Durch die rasant steigenden Bevölkerungszahlen benötigen afrikanische Länder immer mehr Wasser. Die Grundwasserspiegel sinken, Flüsse trocknen aus, das Vieh verhungert und die Ernten verdorren. Hungerkatastrophen sind ebenso an der Tagesordnung wie politische Konflikte um Wasser. 

Afrikaner müssen in Zukunft mit weniger Wasser mehr leisten: die Ressourcen besser ausschöpfen. Aber noch gibt es viele Entscheidungsträger, die Handeln simulieren und das karge Leben ihrer Mitmenschen gar nicht kennen, das von Erniedrigung, Entbehrung und harter Arbeit gekennzeichnet ist. Eliten handeln eher im Eigeninteresse, statt das allgemeine Wohl zu fördern. Das Geld aus Rohstoffen fließt nicht in die Strom- und Wasserversorgung, nicht in die Landwirtschaft, nicht in gute Straßen und saubere Städte – aber in Waffen.

Es fehlt an wirksamen Strategien

Entwicklungsländer müssen umdenken und in sparsames Wasser- und Abfallmanagement investieren. Aber viele afrikanische Regierungen ergreifen nicht einmal einfache Maßnahmen wie die Trennung von Haushalts- und Industrieabwässern. Abwässer werden allesamt in Flüsse geleitet, die städtische Abfallwirtschaft wird nicht modernisiert, es gibt kein zeitgemäßes Recycling.

Keine Art der Infrastruktur-Investition in Afrika würde sich so stark auf die wirtschaftliche Performance auswirken wie ein adäquates Angebot von Trinkwasser. Danach erst kommen Bewässerungsanlagen, Elektrizität oder der Ausbau von Straßen- und Bahnnetzen.

Wasser wäre in Afrika genug vorhanden: derzeit werden nur fünf Prozent der Ressourcen genutzt. UNO -Berechnungen zufolge verfügen die 55 afrikanischen Staaten über 600.000 Kubikkilometer Grundwasser, das ist rund dreißigfache des Niederschlags, der in einem Jahr auf den Kontinent hält. 

Trotzdem fehlt es an Handpumpbrunnen und kommunale Wasserversorgungssysteme. Lediglich fünf Prozent des afrikanischen Ackerlands werden bewässert, und weniger als zehn Prozent des Wasserkraftpotenzials fließen in die Stromerzeugung. Die Erschließung der riesigen Grundwasserreserven könnte in Afrika Auslöser für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung sein.

Dabei fehlen den Regierungen – anders als immer wieder behauptet – meist nicht die Mittel: es ist schlicht ein Versagen der politisch Verantwortlichen. Im von Dürre geplagten Äthiopien z. B. gibt es bislang kein Forschungsinstitut, das sich mit dem Thema Wasser beschäftigt. 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches Afrika wird armregiert.

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