Dass Saudi-Arabien zum ersten Mal mit den Huthis verhandelt, ist ein gutes Zeichen. Frieden im Jemen ist damit aber noch lange nicht erreicht.
Eine saudische Delegation in Sanaa und ein Abkommen über den Austausch von Gefangenen zwischen dem Königreich und den Huthis – es sind rasante Entwicklungen, die dieser Tage im Jemen stattfinden, nachdem Riad und Teheran erst im vergangenen Monat ein Abkommen zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen geschlossen haben. Die Preisfrage lautet freilich: Handelt es sich dabei um die Vorzeichen eines Friedens im Jemen?
Jahre des Kriegs
Zweifelsohne führen Saudi-Arabien und der Iran im Jemen seit Jahren einen Stellvertreterkrieg. Das saudische Königreich unterstützt dabei die international anerkannte jemenitische Regierung, die Islamische Republik im Gegensatz dazu die Huthi-Miliz, die 2014 durch einen Putsch die Kontrolle über die jemenitische Hauptstadt Sanaa übernommen hat. Im Jahr 2015 intervenierte Saudi-Arabien an der Spitze einer Militärkoalition zur Unterstützung der jemenitischen Regierung. Der Krieg forderte Hunderttausende von Menschenleben und verursachte eine der schlimmsten humanitären Krisen der Welt.
Im April 2022 trat ein Waffenstillstand in Kraft, der zu einem starken Rückgang der Feindseligkeiten führte. Der Waffenstillstand lief zwar im Oktober letzten Jahres aus, doch die Kämpfe ruhten weiterhin größtenteils.
Nach der Unterzeichnung des Abkommens über die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien im März sprechen einige Beobachter von einem positiven Wind, der im Jemen wehe und einer Lösung der Krise den Weg ebnen könnte. Andere sind pessimistischer und halten die jemenitische Krise für zu komplex, als dass sie allein durch eine Änderung des saudisch-iranischen Verhältnisses schon überwunden werden könnte.
Erstmals Gespräche
Am vergangenen Sonntag trafen sich Vertreter Saudi-Arabiens im Beisein von Vermittlern aus dem Oman in Sanaa mit den Huthis. Ein Novum, das von Beobachtern als Zeichen des Willens Riads gewertet wird, den Krieg zu beenden.
Wenige Wochen zuvor hatten sich die anerkannte jemenitische Regierung und die Huthis auf einen Gefangenenaustausch geeinigt. Die Huthi-Miliz würde 181 Gefangene, darunter auch Saudis, freilassen, wenn die jemenitische Regierung im Gegenzug 706 Huthi-Gefangene freilässt. Die Umsetzung dieses Abkommens wird drei Tage andauern.
Der jemenitische Politikforscher Muhammed Al-Araimi sagt, die Verhandlungen zwischen Saudi-Arabien und den Huthis umfassten mehrere Themen, wovon die Vereinbarung eines einjährigen Waffenstillstands das wichtigste wäre. Damit würde eine positive Atmosphäre geschaffen, in der politische und andere Fragen angegangen und Wege geöffnet werden könnten, um humanitäre Hilfe in den Jemen zu bringen.
Der unabhängige jemenitische Journalist Ahmed Al-Ghubari bezweifelt jedoch die Möglichkeit einer Lösung der Krise. »Ich kann nicht genau vorhersagen, ob die Gespräche zwischen Saudi-Arabien und den Huthis den Krieg in Jemen beenden werden, zumal der Huthi-Konflikt Teil einer umfassenderen Krise ist, die das Land durchmacht«, sagte er.
»Es hängt von mehreren komplexen Faktoren ab, einschließlich der umstrittenen Interessen und politischen, militärischen und wirtschaftlichen Agenden der verschiedenen beteiligten Parteien«, fügte er hinzu.
Fragen der künftigen politischen Machtverteilung, der Kontrolle von Armee und Sicherheitskräften, der Nutzung von Bodenschätzen und viele weitere ungeklärte Streitpunkte wurden nicht durch das Tauwetter in den saudisch-iranischen Beziehungen zum Verschwinden gebracht. So sehr der Iran und Saudi-Arabien auch in der Krise des Jemen mitgemischt haben, im Kern geht es doch um eine Reihe lokaler Probleme, die auf dem Weg zu einem Frieden erst gelöst werden müssten.