Erweiterte Suche

US-Gericht: Anti-BDS-Gesetze verfassungskonform

Demonstranten der antisemitischen Boykott-Bewegung protestieren gegen Anti-BDS-Gesetze
Demonstranten der antisemitischen Boykott-Bewegung protestieren gegen Anti-BDS-Gesetze (© Imago Images / Pacific Press Agency)

Der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court, hat am Dienstag eine Verhandlung über das Anti-BDS-Gesetz des Bundesstaats Arkansas abgelehnt.

Geklagt hatte die Arkansas Times, eine alternative Wochenzeitung aus Little Rock. Unterstützt wurde die Zeitung dabei von der NGO American Civil Liberties Union (ACLU). Alan Leveritt, Gründer und Verleger der Arkansas Times, sah durch das Anti-Boykott-Gesetz sein Recht auf Meinungsfreiheit verletzt. Das Gesetz verstoße gegen den ersten Verfassungszusatz, der dieses Recht vor Beschränkungen schützt, da auch ein Boykott eine Form der Meinungsäußerung sei, so Leveritt. Mit dieser Argumentation war er zuvor bei einem Distriktgericht gescheitert.

Das Gesetz, um das es geht, existiert seit dem Jahr 2017. Es besagt, dass staatliche Organe in Arkansas keine Geschäftsbeziehungen zu Firmen pflegen dürfen, die den Staat Israel boykottieren. Das Gesetz gilt nicht für Non-Profit-Organisationen oder Privatpersonen und betrifft Aufträge ab einer Schwelle von tausend Dollar. Zudem gilt es nicht, wenn das betreffende Unternehmen den geforderten Preis um zwanzig Prozent senkt.

Anlass des Rechtsstreits war ein Anzeigengeschäft. Im Jahr 2018 habe ihm das Pulaski Technical College, ein langjähriger Anzeigenkunde, ein »Ultimatum« gestellt, schrieb Leveritt 2021 in einem Gastkommentar für die New York Times. Um von der Hochschule weiterhin Anzeigen zu erhalten, hätte er unterschreiben sollen, den Staat Israel nicht zu boykottieren. Dies habe er abgelehnt, erklärte Leveritt:

»Obwohl uns nichts ferner liegt als ein Boykott Israels und obwohl staatliche Finanzierung eine bedeutende Quelle unserer Einnahmen ist, war unsere Antwort ›nein‹. Wir beziehen keine politischen Positionen im Gegenzug für Werbung. Würden wir das Versprechen unterschreiben, würden wir, glaube ich, unser Recht auf Gewissensfreiheit aufgeben.«

Das sahen Gerichte anders. Ein Bundesrichter in Arkansas, der mit Leveritts Klage befasst war, hatte 2019 geurteilt, ein Boykott sei keine Meinungsäußerung und darum nicht vom ersten Verfassungszusatz gedeckt. 

Die Arkansas Times könne sich geschützter Formen der Rede bedienen, schrieb Richter Brian Miller; sie könne etwa Artikel gegen die israelische Politik veröffentlichen oder dagegen demonstrieren. »Sie kann sogar andere dazu aufrufen, Israel zu boykottieren, Artikel zur Unterstützung solcher Boykotte schreiben und sich zu diesem Zweck an Demonstrationen und Pamphleten beteiligen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Entscheidung, den Handel abzulehnen oder bestimmte Waren nicht zu kaufen, durch den ersten Verfassungszusatz geschützt ist«, so Miller in der Urteilsbegründung.

Die Zeitung legte Berufung gegen die Entscheidung ein, und ein aus drei Richtern bestehendes Gremium eines Berufungsgerichts entschied letztes Jahr zunächst, dass das Gesetz verfassungswidrig sei. Nachdem der Fall dann aber im Juni 2022 auf Antrag des Bundesstaates Arkansas vom gesamten, aus zehn Richtern bestehenden Gericht, gehört wurde, hob das Gericht die Entscheidung auf und erklärte das Gesetz für verfassungsgemäß, da es Handelsgesetzgebung sei und lediglich den Handel reguliere, aber keine Meinungen.

BDS will Israel zerstören

Das American Jewish Committee (AJC) begrüßt die Entscheidung des Supreme Court. »Der Oberste Gerichtshof hat unsere Ansicht bestätigt, dass staatliche Gesetze gegen BDS tatsächlich verfassungskonform sind«, sagte AJC-Justiziar Marc Stern. »Das Hauptziel der BDS-Bewegung ist es, den Staat Israel zu eliminieren. Die Entscheidung des Gerichts hilft dabei, den Versuchen, Israel wirtschaftlich und moralisch zu isolieren, Einhalt zu gebieten.«

Mark Goldfeder, Direktor der jüdischen NGO National Jewish Advocacy Center, schreibt in einem Kommentar für das Nachrichtenmagazin Newsweek, keines der »Anti-BDS«-Gesetze der Bundesstaaten verbiete Äußerungen, die kritisch gegenüber Israel seien:

»Keines von ihnen richtet sich dagegen, sich für die Rechte der Palästinenser einzusetzen; und keines von ihnen hält irgendjemanden davon ab, irgendetwas zu boykottieren. Alles, was sie sagen, ist – boykottiert ein Unternehmen Israel auf diskriminierende Weise kommerziell – das heißt, basierend auf Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder nationaler Herkunft –, dass dann ein Staat seine eigene Meinung vertreten und sich dafür entscheiden kann, dieses Unternehmen nicht zu unterstützen.«

Brian Hauss, Rechtsanwalt der ACLU, sagte gegenüber dem katarischen Medienunternehmen Al-Jazeera, die Entscheidung des Obersten Gerichts, den Fall derzeit nicht anzunehmen, sei kein Indiz dafür, wie das Gericht zukünftig entscheiden könne. »Ich würde die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hier nicht überinterpretieren«, so Hauss. Sie sage nichts darüber aus, »ob Anti-BDS-Gesetze verfassungsmäßig sind oder nicht«. Manchmal warte der Oberste Gerichtshof, bis verschiedene Berufungsgerichte in bestimmten Themen gespalten seien, bevor er einen verbindlichen Präzedenzfall behandle, ergänzt Hauss. 

35 der 50 US-Bundesstaaten haben Gesetze erlassen, die sich auf die eine oder andere Weise gegen die antiisraelische Boykottbewegung richten; zumeist, indem sie staatlichen Auftraggebern untersagen, Geschäfte mit Unternehmen zu machen, die Israel boykottieren.

Die BDS-Bewegung ist eine Fortsetzung des Israelboykotts der Arabischen Liga. Diese hatte schon im Dezember 1945 einen Boykott gegen Waren von Juden aus Palästina verkündet. 1950 empfahl der Rat der Arabischen Liga auch den Boykott von ausländischen Unternehmen, die Handel mit Israel betreiben. 

Auch dagegen leisteten die Vereinigten Staaten Widerstand: 1977 untersagte der US-Kongress amerikanischen Unternehmen per Gesetz, sich an dem arabischen Boykott gegen Israel zu beteiligen. Ein bekannter amerikanischer Konzern, der aus Furcht vor arabischen Sanktionen Israel weiterhin mied – bis 1992 –, war Pepsi. Um nicht gegen das amerikanische Anti-Boykott-Gesetz zu verstoßen, argumentierte Pepsi, dass der israelische Markt zu klein sei, um dort Geschäfte zu machen.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!