Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte am Mittwoch in einem Interview mit Sky News, er betrachte die Hamas nicht als terroristische, sondern als politische Gruppierung.
Auf die Frage, ob das militärische Ziel Israels, die Hamas auszuschalten und der Terrorgruppe jegliche Regierungsgewalt im Gazastreifen zu nehmen, realisierbar sei, antwortete der Leiter des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) und UN-Nothilfekoordinator, Martin Griffiths:
»Die Hamas ist für uns keine terroristische Gruppe. Wie Sie wissen, ist sie eine politische Bewegung. Aber ich denke, dass es sehr schwierig ist, solche Gruppen ohne eine Verhandlungslösung, die ihre Bestrebungen und Ziele einschließt, zu verdrängen. Mir fällt auf Anhieb kein Beispiel ein, bei dem ein Sieg durch Kriegsführung gegen eine fest verwurzelte Gruppe, sei sie nun terroristisch oder nicht, gelungen wäre.«
In Bezug auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober sagte Griffiths, er habe »volles Verständnis« für das »Trauma«, das Israel dadurch erlitten habe, aber der jüdische Staat müsse trotzdem eine Beziehung zu seinen Nachbarn aufbauen. Griffiths behauptete auch, die Vereinten Nationen hätten Schwierigkeiten, Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen, und die Palästinenser hätten nirgendwo mehr einen sicheren Ort, an den sie evakuiert werden könnten, nachdem Israel mit seinen Operationen in Rafah begonnen habe.
Während des Interviews betonte Griffiths, dass ihn die Frage, ob Israel seine in Offensive in Rafah starten werde, nachts nicht schlafen lasse. Auf die Nachfrage, ob er mit israelischen Offiziellen über die Operationen in Rafah diskutiert habe, antwortete Griffiths, dass Israel »zu seiner Ehre« täglich mit UN-Funktionären über das Thema diskutiere, und dass israelische Offizielle die UNO gebeten hätten, bei der Evakuierung von Zivilisten an einen sicheren Ort mitzuwirken. Griffiths bekräftigte allerdings, dass sich die Vereinten Nationen nicht an Zwangsevakuierungen von palästinensischen Zivilisten in sichere Gebiete beteiligen würden.
Auf die nachfolgende Frage, warum er die Situation im Gazastreifen für die schlimmste humanitäre Krise hält, die er je erlebt habe, und die sogar jene in Syrien noch übertreffe, sagte Griffiths dann allerdings: »Die Menschen können nicht fliehen, sie sind eingesperrt.«
Die Frage, ob man den Palästinensern die Möglichkeit zu einer Flucht aus dem Gazastreifen geben sollte, wird vom Großteil der internationalen Gemeinschaft verneint. Israelische Politiker haben vorgeschlagen, die palästinensische Zivilbevölkerung aus Gaza vorübergehend nach Ägypten in Sicherheit zu bringen, bis der Krieg beendet ist. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi erklärte im Oktober jedoch, Millionen Ägypter würden die Verbringung von Palästinensern in den Sinai ablehnen.
Al-Sisi fügte hinzu, dass ein solcher Schritt die Halbinsel zu einer Basis für Angriffe gegen Israel machen würde. Auch die Vereinigten Staaten und Jordanien erklärten, sie seien mit Plänen zur Evakuierung von Palästinensern aus dem Gazastreifen nicht einverstanden.
Laut @UNReliefChief ist die Hamas keine terroristische Organisation.
Sie sind eine politische Organisation, die von Zeit zu Zeit Zivilisten ermordet, vergewaltigt und entführt, um sich auszutoben.
Was für eine Abscheulichkeit die @UN geworden ist. pic.twitter.com/E6cEFjgMmd
— Israel ישראל 🇮🇱 (@Israel) February 15, 2024
Reaktion auf Griffiths Äußerungen
Der israelische Regierungssprecher Elyon Levy verurteilte Griffiths Kommentare und schrieb auf X, der »@UNReliefChief leugnet, dass die Hamas eine terroristische Organisation ist. Kein Wunder, dass er seine Macht missbraucht, um der Hamas nach dem tödlichsten Terroranschlag seit 9/11 die Haut zu retten, statt ihre Kapitulation zu fordern.«
Israels nationaler X-Account kommentierte das Sky-News-Interview von Griffiths ebenfalls und schrieb: »Laut @UNReliefChief ist die Hamas keine terroristische Organisation, sondern eine politische Organisation, die von Zeit zu Zeit Zivilisten ermordet, vergewaltigt und entführt, um sich auszutoben. Was für eine Abscheulichkeit aus der @UN doch geworden ist.«
Die Reaktionen des israelischen Regierungssprechers und des Außenministeriums erfolgten inmitten ohnehin schon zerrütteter Beziehungen zwischen Israel und der UNO. Gegen das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) wird derzeit ermittelt, nachdem Mitarbeiter in die Terroranschläge der Hamas vom 7. Oktober verwickelt gewesen sein sollen. Vor kurzem entdeckten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) auch einen Hamas-Tunnel samt Server-Zentrum unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza.
It’s a shame we weren’t on air yet, because my eyebrows flew up to Kay Burley x3 heights when I heard that. pic.twitter.com/bAG7olcsXl
— Eylon Levy (@EylonALevy) February 15, 2024
And this one had steam coming out of my ears: https://t.co/aqF8XZ51Q6
— Eylon Levy (@EylonALevy) November 24, 2023