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Entwicklungshelfer rechnen mit Apokalypse im Sudan-Krieg

Sudanesische Flüchtlinge in Europa demonstrieren gegen den Krieg in ihrem Heimatland
Sudanesische Flüchtlinge in Europa demonstrieren gegen den Krieg in ihrem Heimatland (© Imago Images / ANP)

Mindestens 5,4 Millionen Menschen sind durch die heftigen Kämpfe, die im April im Sudan ausbrachen, bereits vertrieben worden, und das Flüchtlingselend nimmt immer weiter zu.

Der sich stetig ausweitende Konflikt im Sudan hat dazu geführt, dass die humanitären Helfer versuchen, sich »auf die Apokalypse vorzubereiten«, wie ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation es ausdrückte, da die Hilfslieferungen unterbrochen sind und immer mehr Menschen sowohl innerhalb des Landes als auch über die Landesgrenzen hinaus vertrieben werden. Mindestens 5,4 Millionen Menschen sind bereits vor den Kämpfen geflohen, die im April zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan und den Schnellen Eingreiftruppen (RSF) seines als Hemedti bekannten Rivalen Mohamed Hamdan Dagalo ausgebrochen waren.

Neben dem bewaffneten Machtkampf, der sich auf die Hauptstadt Khartum konzentriert, ist auch in der Region Darfur, wo arabische Gruppierungen die Minderheit der Masaliten ins Visier genommen haben, erneut Gewalt ausgebrochen. »Wir erleben im Wesentlichen zwei getrennte Konflikte«, sagte ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation, der anonym bleiben möchte, »der erste, der viel Aufmerksamkeit erregt, ist der zwischen Burhan und Hemedti in Khartum. Der zweite, der viel schlimmer ist, ist das, was in Darfur passiert.«

Der Beamte verglich Aspekte der Situation in Darfur, einem riesigen und weitgehend trockenen Gebiet im Westen und Südwesten des Sudans, mit der ausufernden Gewalt und den Verbrechen, die dort zwischen 2003 und 2009 stattfanden: »In einigen Gegenden sind siebzig Prozent der Bevölkerung geflohen, vor allem aus Masalit. Wir sehen Unterernährung auf IPC4-Niveau [der zweithöchsten Stufe].«

Der Beamte äußerte auch die Befürchtung, dass sich die Kämpfe zwischen SAF und RSF von Khartum aus nach Südosten in den Bundesstaat Jazirah ausbreiten könnten, den Brotkorb des Landes, der zwischen dem Blauen und dem Weißen Nil liegt. Dies könnte dazu führen, dass die 1,1 Millionen südsudanesischen Flüchtlinge im Bundesstaat Weißer Nil beschließen, keine andere Wahl zu haben, als in ihr eigenes Land zurückzukehren. Solch einer Entwicklung sei der Südsudan nicht gewachsen, sagte der Beamte. »Es ist, als würde man versuchen, sich auf die Apokalypse vorzubereiten.«

Drohende Hungersnot

Seit dem Ausbruch der Kämpfe am 15. April ist im ganzen Land eine Reihe von ineinandergreifenden Konflikten ausgebrochen. »Immer mehr Milizen mischen mit«, sagte der ehemalige Leiter des Afrika-Büros des US-Außenministeriums in der Regierung von Donald Trump, Tibor Nagy, letzte Woche gegenüber Foreign Policy. »Auch die humanitäre Lage wird sich verschlechtern. Suchen Sie sich Ihr Unglück aus.«

Die Kämpfe um Khartum und dessen Zwillingsstadt Omdurman haben bereits rund 2,8 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Im vergangenen Monat verließ fast die Hälfte der Bewohner eines ganzen Stadtteils Omdurman, nachdem die SAF sie gewarnt hatte, dass ihr Viertel beschossen werden würde. Kurz darauf wurden zwanzig Menschen durch den Beschuss getötet, darunter zehn, die beim Zusehen eines Fußballspiels starben.

Die Intensivierung der Kämpfe in den letzten Wochen hat die Lebensmittelknappheit in den Vierteln an der Front verschärft. Auch wurden wegen der Gefahr eines Beschusses viele Märkte geschlossen.

Zusätzlich sehen sich die Menschen mit rapide steigenden Mietpreisen in sicheren Gegenden konfrontiert, die durch die Wohnungsknappheit aufgrund der Flüchtlingsströme verursacht werden. Am Dienstag gab das Welternährungsprogramm (WFP) eine Warnung vor einer drohenden Hungersnot an der Grenze zwischen Sudan und Südsudan heraus.

Die vom WFP gesammelten Daten zeigen, dass unter den fast 300.000 Menschen, die in den letzten fünf Monaten in den Südsudan gekommen sind, jedes fünfte Kind unterernährt ist und neunzig Prozent der Familien angeben, tagelang nichts zu essen zu haben. Fast alle Menschen, die seit dem Ausbruch der Kämpfe im Sudan Mitte April über die Grenze gekommen sind, sind Südsudanesen, die in ein Land zurückkehren, das bereits mit einem noch nie dagewesenen Bedarf an humanitärer Hilfe konfrontiert ist.

»Wir erleben, wie Familien von einer Katastrophe in die nächste stürzen, weil sie vor der Gefahr im Sudan fliehen und dann im Südsudan eine ähnliche verzweifelte Lage vorfinden«, erklärt die WFP-Länderdirektorin im Südsudan, Mary-Ellen McGroarty. »Die humanitäre Situation für die Rückkehrer ist untragbar, und das WFP hat Mühe, den steigenden Bedarf an humanitärer Hilfe an der Grenze zu decken. Wir haben einfach nicht die Mittel, um denjenigen, die es am meisten brauchen, lebensrettende Hilfe zukommen zu lassen.«

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