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Max-Planck-Institut: Nächstes Jahr dann Baschar al-Assad?

In Deutschland ist es seit dem 8. Mai 1945 verboten, Juden zu ermorden. Erlaubt ist aber, Werbung für Organisationen zu machen, die sich diesem Handwerk verschrieben haben. Marie-Claire Foblets, die Direktorin des Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle an der Saale (das im Wesentlichen vom Bund und dem Bundesland Sachsen-Anhalt finanziert wird), verstieß darum gegen kein Gesetz, als sie den amerikanischen Parawissenschaftler Norman Finkelstein als „Gastwissenschaftler“ zu einem „Workshop“ einlud, damit dieser einmal mehr die Ermordung israelischer Juden für recht und billig erklärte.

Oder hat er das nicht? Zugegeben: Der Verfasser ist nicht Finkelsteins wegen nach Halle an der Saale gefahren; außerdem handelt es sich nach Aussagen des Instituts ja ohnehin um eine „interne Veranstaltung“; was Finkelstein genau gesagt hat, wird man als Außenstehender also vielleicht nie erfahren. Doch wenn man ihm eines nicht nachsagen kann, dann das: Er gehört nicht zu den Leuten, die alles immer neu erfinden wollen. Er hat ein Paar Stiefel, das er immer wieder reitet und sonst keines. Sein Thema sind stets die dämonischen Juden, das Unglück der Welt.

Wir dürfen also mit einiger Gewissheit annehmen, dass der Vortrag unter dem höchst wissenschaftlich anmutenden Titel „Gaza: An Inquest into its Martyrdom“, den er in Halle zu Gehör gebracht hat, just derselbe ist wie sein Vortrag „The Martyrdom of Gaza and the Future of Palestine“, den er 2015 vor Studenten und Professoren in Dublin hielt und den man auf YouTube findet. Die folgende Zusammenfassung dürfte also den Inhalt des Hallenser „Workshops“ recht genau wiedergeben.

„Es gab keine Raketenangriffe der Hamas“

gaza-rocketsFinkelstein sieht zwei Gründe, warum es im Sommer 2014 zu einem Krieg zwischen der Hamas und Israel kam. Die konventionelle Ansicht, dass es Israel darum gegangen sei, den Beschuss mit Tausenden von Raketen und Mörsergranaten zu beenden, der das Leben der israelischen Bevölkerung unerträglich machte, weist Finkelstein zurück: „Es gab keine Raketenangriffe der Hamas. Auch das ist purer Unsinn. Es waren keine Raketen. Es waren vergrößerte Feuerwerkskörper (1:03:40). Der wahre Grund, nach Finkelstein, war der folgende: „Israel begann den Angriff auf Gaza, weil es wütend war, dass die EU und die USA mit der Hamas verhandelt haben. … Er hat das Ziel nicht erreicht. Es wurden nicht all die sogenannten Raketen zerstört, es wurden nicht die sogenannten Terrortunnel zerstört, das Einzige, was er erreichte, war, für eine gewisse Zeit den Durst der israelischen Gesellschaft nach Blut zu löschen, die an dem Tod und der Zerstörung, die über Gaza gebracht wird, sadistische Freude hat.“ (1:22:21)

Es sei also allein der den Juden innewohnende Durst nach Blut, der für den Konflikt verantwortlich ist. Andererseits sagt Finkelstein aber auch: „Bei jeder Runde des Krieges mit Israel hat die Hamas ein Hauptziel: das Beenden der Belagerung von Gaza“. (1:23:40) Und er sagt auch: „Die Hamas wollte zeigen, dass Widerstand funktioniert“ (1:17:30) – und habe deshalb Raketen und Mörsergranaten auf israelische Städte gefeuert. Ist da nicht ein Widerspruch? Hat die Hamas vielleicht doch eigene Pläne und Absichten verfolgt und sich bewusst zum Krieg entschlossen?

„Hamas hat ein Recht auf Gewalt“

Bevor jemand auf die Idee kommt, die Hamas dürfe keine Zivilisten ermorden – doch, für Finkelstein darf sie das: „Der bewaffnete Widerstand der Hamas: Nach internationalem Recht haben sie das Recht, Gewalt einzusetzen, um eine Besatzung zu beenden. Das ist für mich keine relevante Frage, selbstverständlich haben sie das Recht zur Gewalt, um eine Besatzung zu beenden.“ (1:29:00) Ja, sie dürfen auch Tunnel bauen, um nach Israel einzudringen und Zivilisten zu entführen oder zu ermorden: „Müssen die Leute in Gaza ohne Verteidigung sein, wann immer Israel den Rasen mäht? Dürfen sie keine Tunnel besitzen, um Widerstand gegen eine ausländische Invasion zu leisten? Wo steht es im internationalen Recht geschrieben, dass nur eine Seite das Recht hat, sich zu verteidigen? Selbst die Tunnel, die bis nach Israel reichen – na und? Israels Panzer, Flugzeuge und Artillerie marschieren die ganze Zeit in Gaza ein. Warum also können die Tunnel der Hamas nicht nach Israel gehen? Ich sehe da keine Logik.“ (1:02:25)

„Ich feiere jeden Sieg der Hisbollah.“

hezbollah_rocketDer ehemalige ägyptische Präsident Anwar as-Sadat, der mit Israel Frieden schloss, ist für Finkelstein ein Verräter, der, so muss man ihn verstehen, zu Recht von Islamisten ermordet wurde. Doch entscheiden Sie selbst: „Sadat bekam Panik – zu Recht, wie sich zeigte, denn er wurde getötet: ‚Wenn ich ein separates Abkommen mit Israel unterzeichne … werde ich in der arabischen Welt als Verräter angesehen werden. Das wird metaphorisch gesprochen [Finkelstein malt mit den Händen Anführungszeichen in die Luft] mein Todesurteil sein.’ Tatsächlich war es buchstäblich sein Todesurteil! So mächtig war die palästinensische Sache noch vor 40 Jahren!“ (48:45)

Es ist auffällig, wie häufig ausgerechnet Finkelstein in seinen Reden von „Wahnsinn“ spricht. Die israelische Gesellschaft, sagt er immer wieder, sei „wahnsinnig“, „völlig außer Kontrolle“, ein „Berserker“. Er hingegen ist der rationale Mensch, der sagt: „Ich feiere jeden Sieg der Hisbollah.“

„Nur sechs tote Zivilisten!“

Finkelstein ist ein Terrorismusbefürworter, der Israelis für Sadisten hält, die zwanghaft morden und die man ruhig töten darf. Nicht, dass das nach Finkelsteins Meinung etwas nützen würde: Viel Zeit wendete er in seinem Dubliner Vortrag darauf, darzustellen, dass die Raketen ja angeblich kaum Schaden anrichteten („Nur 15 Millionen Dollar Sachschaden! Nur sechs tote Zivilisten!“). Das ist wohl der Grund, warum Finkelstein zwar mit Hochachtung von der Hisbollah spricht, aber eher mitleidig-herablassend von der Hamas: Die Hisbollah hat die viel größeren Raketen, und Finkelstein liebt nur solche Bomben, die auch Israelis treffen. Wegen dieser Perspektive wurde er nach Halle eingeladen.

Auch Ghandi hat Raketen

In einer „kurzen Stellungnahme zur Einladung von Dr. Norman Finkelstein als Gastwissenschafter“ schreibt das Max-Planck-Institut: „Finkelsteins jüngste Arbeiten befassen sich mit Fragen der Gewalt und der Rechtfertigung von Gewalt.“ Das ist zweifellos richtig, Finkelstein rechtfertigt Gewalt. War nicht auch Mahatma Ghandi dafür bekannt? Neueste Erkenntnisse des Max-Planck-Instituts lassen das vermuten:

„Sie [Finkelsteins Arbeiten, Anm. Mena Watch] sind inspiriert von den Gedanken Mahatma Gandhis zu Gewalt und Gewaltlosigkeit. Finkelstein widmet sich dabei wichtigen und aktuellen Fragen zu Unterdrückung, Marginalisierung und der Behandlung von Minderheiten. Diese Darstellung der Dynamik der Ausgrenzung zieht sich wie ein roter Faden durch Dr. Finkelsteins Arbeit. Er ist bemüht, diese Dynamik anhand konkreter Fälle zu beschreiben. Er scheut sich hierbei nicht, strukturelles Unrecht und andere Formen von Ausschließung kritisch zu evaluieren, was ihm den Ruf eines überaus kontroversen Intellektuellen einbrachte.“

Nun gibt es kontroverse Intellektuelle dieses Schlags ja wie Sand am Meer. Auch der Augenarzt Dr. Baschar al-Assad etwa ist ziemlich kontrovers und widmet sich der Unterdrückung, Marginalisierung und der Behandlung von Minderheiten. Aber der konnte wohl gerade nicht nach Halle kommen, um am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung als Gastwissenschaftler Vorträge zu halten. Vielleicht nächstes Jahr.

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