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Geiselnahme in US-Synagoge: Kein Antisemitismus, nirgends! (Ein Nachtrag)

Polizeieinsatz während der Geiselnahme in der Synagoge Beth Israel in Colleyville
Polizeieinsatz während der Geiselnahme in der Synagoge Beth Israel in Colleyville (© Imago Images / Xinhua)

Am Samstag wollte Malik Faisal Akram die Freilassung einer Terroristin erzwingen, indem er in einer Synagoge Geiseln nahm. Nun sind genauere Einzelheiten über den antisemitischen Angriff bekannt geworden.

Wie gestern in einem Text an dieser Stelle über die Geiselnahme in einer Synagoge in Texas ausgeführt, wäre – trotz immer noch kursierender anderslautender Behauptungen – jede Annahme eines anderen Tatmotivs als Antisemitismus absurd. Wenn der Angreifer Malik Faisal Akram »nicht selbst davon überzeugt wäre«, schrieb ich dort,

»dass die Juden hinter der Verurteilung Siddiquis steckten und also auch die Macht hätten, sie freizulassen, warum hätte er dann den als Geisel genommenen Rabbiner Charlie Cytron-Walker zwingen sollen, die Rabbinerin Angela Buchdahl der Central Synagogue in Manhattan (New York) anzurufen, damit sie sich für die Freilassung der in Fort Worth – in der Nähe von Colleyville, wo die Geiselnahme stattfand – inhaftierten Terroristin einsetze?«

Zwischenzeitlich sind Interviews mit zwei der vier Geiseln erschienen, die dieser Einschätzung vollumfänglich Recht geben. So erzählte der Rabbiner der Synagoge Beth Israel in Colleyville, Charlie Cytron-Walker, gegenüber der jüdisch-amerikanischen Internetzeitschrift Forward, die erste Forderung Akrams nach Beginn der Geiselnahme war, mit Rabbinerin Angela Buchdahl von der Central Synagogue in New York zu sprechen.

Antisemitimus in Reinkultur

Akram, so Cytron-Walker, sei davon überzeugt gewesen, dass Buchdahl den Einfluss besitze, die Freilassung der verurteilten Terroristin Aafia Siddiqiui zu veranlassen, die ihre Haftstrafe im fünfzehn Kilometer von Colleyville entfernten Bundesgefängnis Fort Worth verbüßt. Cytron-Walker beschrieb den Geiselnehmer mit den Worten:

»Das war jemand, der buchstäblich glaubte, dass die Juden die Welt kontrollieren. Er dachte, er müsste nur in eine Synagoge gehen, und wir könnten ihm ein Telefongespräch mit der ›Oberrabbinerin von Amerika‹ vermitteln, und er würde bekommen, was er wolle.«

Ganz Ähnliches erzählte eine weitere der Geiseln gegenüber der israelischen Online-Zeitung Times of Israel: Auch Jeffrey Cohen berichtete, dass der Geiselnehmer zutiefst von der antisemitischen Vorstellung überzeugt war, die am Schabbat-Gottesdienst in der Synagoge Teilnehmenden besäßen die Macht, die Freilassung der in Fort Worth einsitzenden Aafia Siddiqiui bewirken zu können.

»Er kam nicht in die Synagoge, um Juden zu töten. … Er kam her, um die Befreiung [Aafia Siddiquis] zu erreichen, und er glaubte an das extrem gefährliche, antisemitische Stereotyp, dass die Juden alles kontrollieren; dass wir einfach Präsident Biden anrufen und ihn veranlassen könnten, sie freizulassen.«

Nachdem Akram anfangs sehr aufgebracht gewesen sei, habe er sich nach den ersten dreißig Minuten beruhigt und sich auf sein Ziel konzentriert: die Freipressung der als »Lady al-Qaida« bekannten Siddiqui, die Akram als seine (Glaubens-)»Schwester« bezeichnete.

»Er hatte ein Ziel. Er erklärte wiederholt, er wolle uns nicht verletzen … er wolle uns gehen lassen, er sei der Einzige, der sterben werde … und wenn die Polizei seine ›Schwester‹ zur Synagoge brächte, dann würden er und sie auf den Rasen vor dem Gebäude gehen und sich von den Behörden töten lassen.

Er hörte nicht auf, über das Märtyrertum zu sprechen und darüber, dass er der Einzige sei, der an diesem Tag sterben müsse. Er erklärte uns, er habe diejenige Synagoge gewählt, die am nächsten zur Einrichtung liegt, in der [Siddiqui] gefangen gehalten wird.«

Erst nach elf Stunden, gegen halb neun am Abend, sei der Geiselnehmer aus Frustration über die Nichterfüllung seiner Forderung zunehmend aggressiv geworden und habe gedroht, die verbliebenen drei Geiseln zu erschießen: »Drei Kugeln – eine für jeden von Euch«, habe er geschrien, erinnert sich Cohen.

Dies sei der Moment gewesen, in dem ihnen klar wurde, dass sie fliehen müssen, wollten sie überleben. »Lauft!«, habe Cytron-Walker gerufen und einen Stuhl auf den Geiselnehmer geworfen, während sie alle in Richtung Notausgang rannten. Momente später stürmte das FBI-Geiselbefreiungsteam das Gebäude und erschoss Malik Faisal Akram.

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