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Judenmord in Frankreich: Täter schuldunfähig, jüdische Gemeinde entsetzt

Mord an Sarah Halimi: Protest gegen den Beschluss des obersten Berufungsgerichts
Mord an Sarah Halimi: Protest gegen den Beschluss des obersten Berufungsgerichts (© Imago Images / Hans Lucas)

Der Mörder von Sarah Halimi kann nicht vor Gericht gestellt werden, weil ihn sein Marihuana-Konsum vor der Tat schuldunfähig gemacht haben soll.

Ben Cohen, The Algemeiner

Die Familie von Sarah Halimi – jener französischen Jüdin, die in ihrer Pariser Wohnung von einem Eindringling brutal ermordet wurde, der antisemitische Parolen brüllte, während er sie erbarmungslos schlug – verlor am Mittwoch ihre letzte Chance, den Mörder vor Gericht zu stellen, da das oberste Berufungsgericht des Landes eine frühere Entscheidung bestätigte. Dem Beschluss nach könne als Mörder Angeklagte strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil seine Einnahme von Marihuana in der Nacht des Mordes ihn vorübergehend unzurechnungsfähig gemacht hätte. Die Entscheidung bedeutet, dass der 31-jährige Kobili Traore sich nie vor einem französischen Gericht für seine Tat verantworten muss.

Das Kassationsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass Traore einen „akut delirösen Zug“ an einem Marihuana-Joint zu sich genommen hätte, der sein „Urteilsvermögen“ ausgeschaltet habe, so dass er „nicht strafrechtlich verurteilt werden kann, auch wenn sein geistiger Zustand durch den regelmäßigen Konsum von Drogen verursacht wurde.“ Traore wird als Patient in einem psychiatrischen Krankenhaus bleiben, unter der Aufsicht von zwei Ärzten, die die Macht haben, ihn zu entlassen, sollten sie entscheiden, dass er keine Gefahr mehr für andere darstellt.

Die Entscheidung beendet einen erbitterten vierjährigen juristischen und politischen Kampf, der am 4. April 2017 begann. Traore – ein Bewohner desselben öffentlichen Wohnprojekts im Osten von Paris wie die allein lebende Halimi – brach in den frühen Morgenstunden in ihre Wohnung ein, indem er von der Wohnung eines Nachbarn auf ihren Balkon kletterte. Verängstigte Nachbarn, die die Polizei alarmierten, nachdem sie Halimis Hilferufe gehört hatten, berichteten, dass Traore die Worte „Allahu Akhbar“ und „Shaitan“ (arabisch für „Satan“) geschrien habe, während er Tritte und Schläge auf sein Opfer niederprasseln ließ, bevor er ihren zerschundenen Körper aus dem Fenster ihrer Wohnung im dritten Stock warf.

Polizeiliche Ermittlungen ergaben später, dass Halimi Verwandten erzählt hatte, sie habe Angst vor Traore, der ihre Tochter, einige Wochen vor dem Mord als „dreckige Jüdin“ beschimpft hatte, als bei ihr zu Besuch war. Der mutmaßliche Mörder, der ein langes Vorstrafenregister wegen Bagatelldelikten hat, soll auch regelmäßig Gottesdienste in einer örtlichen Moschee besucht haben, die von Islamisten frequentiert wird. (…)

Halimis Anwälte bezeichneten die Entscheidung des Kassationsgerichts als Lizenz zum straffreien Töten von Juden. „Heute können wir rauchen, schnupfen und uns hohe Dosen injizieren, bis zu dem Punkt, an dem wir einen ‚akut delirösen Zug‘ nehmen, der unser ‚Urteilsvermögen‘ aufhebt, und wir werden von krimineller Verantwortungslosigkeit profitieren“, sagte Anwalt Oudy Bloch gegenüber französischen Medien. „Es ist eine schreckliche Botschaft, die damit an französische Bürger jüdischen Glaubens gesendet wird.“

In einem Beitrag auf Twitter, erklärte Francis Kalifat, der Präsident der französisch-jüdischen Vertretungsorganisation Crif, unmissverständlich: „In unserem Land können wir jetzt ungestraft Juden foltern und töten.“ Die französisch-jüdische Studentenvereinigung UEJF kritisierte die Entscheidung ebenfalls. „Ein antisemitischer Mord wird in Frankreich im Jahr 2021 nicht vor Gericht gestellt werden“, erklärte die Gruppe auf Twitter. „Das ist ein furchtbar fatales Signal für den Kampf gegen den Antisemitismus in unserem Land.“

(Aus dem Artikel „‘Now We Can Torture and Kill Jews With Impunity’: Fury Among French Jews as Top Appeal Court Rejects Criminal Trial for Killer of Sarah Halimi“, der bei Jewish Telegraph Agency erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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