Trotz des plötzlichen Anstiegs der Überfahrten aus Libyen mag es verfrüht sein, das ‚System Minniti‘ für gescheitert zu erklären. Immerhin ist die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind, zwischen Januar und Ende Oktober 2017 verglichen mit dem Vorjahr um 30 Prozent gesunken, von 160.000 auf 110.000. Besonders drastisch war der Rückgang ab Mitte Jahr, nachdem Minniti seine Abkommen mit den libyschen Partnern ausgehandelt und die libysche Küstenwache ihren Kontrollbereich von 12 auf 70 Seemeilen ausgedehnt hatte. (…) Angesichts der instabilen Verhältnisse in Libyen ist es aber auch verfrüht, von einer längerfristigen Entschärfung der Flüchtlingskrise im Mittelmeer zu sprechen. Marodierende Milizen und gewissenlose Schlepperbanden lassen sich auf Dauer nicht kontrollieren, auch nicht mit Geld – immer vorausgesetzt, die Anschuldigungen von Minnitis Kritikern treffen zu. Fragwürdig ist auch, mit welcher Kaltschnäuzigkeit es Italien und die EU in Kauf nehmen, dass Migranten in Libyen unter grässlichen Bedingungen festgehalten werden. Das deutsche Aussenministerium liess zu Jahresbeginn verlauten, in den libyschen Flüchtlingslagern herrschten ‚KZ-ähnliche Verhältnisse‘.“ (Sandro Benini: „Schiff läuft in Salerno ein – mit 26 toten Mädchen an Bord“)
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