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Wird Libyen zur Konfliktzone zwischen Russland und den USA?

Der Präsident von Libyens Repräsentantenhaus, Aguila Saleh, mit dem russischen Außenminister, Sergej Lawrow
Der Präsident von Libyens Repräsentantenhaus, Aguila Saleh, mit dem russischen Außenminister, Sergej Lawrow (© Imago Images / ITAR-TASS)

Die Vereinigten Staaten versuchen, den wachsenden russischen Einfluss in Libyen einzudämmen, was einen neuen Konflikt in dem afrikanischen Land ankündigt.

Vor einigen Tagen haben die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung für die Souveränität Libyens bekräftigt, um dem Land bei der Sicherung seiner Grenzen zu helfen und die Wiedervereinigung der militärischen Institutionen zu fördern. Die amerikanische Erklärung erfolgte im Rahmen eines Treffens zwischen dem Chef der im Westen Libyens residierenden Regierung der Nationalen Einheit, Abdul Hamid al-Dabaiba, und dem US-Gesandten in Libyen, Richard Norland, dem stellvertretenden Außenminister Joshua Harris und dem Chargé d’Affairs der Botschaft in Libyen, Jeremy Brent.

Wie die Botschaft auf ihrem X-Account mitteilte, legte Norland bei dem Treffen in Tripolis dar, wie wichtig die Stärkung des politischen Prozesses sei, um einen glaubwürdigen Fahrplan für die Durchführung nationaler Wahlen zu entwickeln. Der Sondergesandte wies darauf hin, dass die libyschen Führer aller Seiten zusammenarbeiten müssen, um ein geeignetes Umfeld zu schaffen, das es den Libyern ermöglicht, seine Vertreter bei den bevorstehenden Wahlen frei zu wählen. In der Folge traf sich Norland auch mit dem Präsidenten des Repräsentantenhauses, Aguila Saleh, und dem Befehlshaber der Streitkräfte im Osten, Khalifa Haftar.

Keine klare Vision

Im Zusammenhang mit den beiden Zusammenkünften sprach ein anonym bleibender, libyscher Beamter mit dem katarischen TV-Sender Al Jazeera über die aktuellen Prioritäten der amerikanischen Regierung in Libyen. Diese beinhalteten »die Bekämpfung des Terrorismus, die Sicherstellung des kontinuierlichen Ölflusses, die Verhinderung des Ausbruchs neuer Konflikte und Kriege sowie die Überwachung der russischen Expansion im Osten des Landes, die sich in der wachsende Präsenz russischer Söldner in der Region widerspiegelt«.

Der Beamte erklärte, die Regierung von US-Präsidenten Joe Biden scheine noch keine klare Vision für eine endgültige Lösung der politischen Krise zu haben; vielmehr begnüge sie sich damit, »die vom UN-Gesandten für Libyen Abdullah Batelli angekündigten Maßnahmen zu unterstützen, insbesondere die Durchführung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen«.

Demselben Beamten zufolge schenke Bidens Administration den das Land kontrollierenden militärischen und politischen Kräften große Aufmerksamkeit, wobei sie sowohl den pensionierten Generalmajor Khalifa Haftar als Sicherheitspartner im »Kampf gegen den Terrorismus im Osten Libyens« betrachte, wie sie gleichzeitig die Regierung der Nationalen Einheit als Sicherheits-, Politik- und Wirtschaftspartner im Westen ansehe.

Bezüglich internationaler Akteure in Libyen, so der Beamte weiter, betrachte Amerika laut seinen Diplomaten die chinesische Wirtschaftspräsenz als Konkurrenz zu ihren Interessen und stimme sich mit der Türkei in Bezug auf wichtige Themen ab, von denen die zentrale die Eindämmung der russischen Präsenz im Osten und Süden Libyens sei. So stelle vor allem die Präsenz der Gruppe Wagner eine strategische Bedrohung für die Vereinigten Staaten in Libyen, Nordafrika und im Mittelmeerraum insgesamt dar.

Gefahr der Eskalation

Seit Jahren ist sowohl in Benghazi im Osten Libyens eine aus Dutzenden Offizieren bestehende, amerikanische Armeeeinheit stationiert, die durch Mitglieder der CIA sowie Ortungs-, Abhör- und Überwachungsgeräte für unbemannte Luftfahrzeuge verstärkt wird, wie auch in Tripolis im Westen des Landes eine ähnliche Geheimdiensteinheit besteht.

Was Russland anbelangt, so arbeitet Moskau an der Bildung des sogenannten Afrikanischen Korps, das die Söldnertruppe Wagner in afrikanischen Ländern, darunter Libyen, ersetzen soll. In dieses Korps sollen die bereits im Osten Libyens stationierten Wagner-Truppen einbezogen werden, die vor allem in der vierhundertfünfzig Kilometer östlich von Tripolis gelegenen Stadt Sirte aktiv sind, wo sie auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Qarzabiyah und dem dazugehörigen Seehafen sowie auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Jufra im Süden und jenem von Brak Al-Shati siebenhundert Kilometer südlich von Tripolis stationiert sind.

Lana Badvan, russische Forscherin für internationale Beziehungen, erklärte gegenüber France 24, Moskau sei der Ansicht, »dass die Region rund um das Mittelmeer aus strategischer Sicht sehr wichtig ist, weswegen es ausgehend von Libyen seine Präsenz dort verstärkt«.

Laut dem auf amerikanische internationale Beziehungen spezialisierten Autor Al-Dah Yaqoub sei die russische Präsenz »sehr beunruhigend. Washington befasst sich ernsthaft damit und hat in der Vergangenheit mehr als einmal vor der Gefahr einer russischen Rolle im politischen Prozess in Libyen gewarnt.«

Der politische Analyst Mohamed Mahfouz äußerte die Befürchtung, »Libyen könnte sich in einen Schauplatz für internationale Konflikte verwandeln«, vor allem, wenn Russland mit seiner Bildung des Afrikakorps so fortfahre wie bisher. »Wenn wir uns die afrikanischen Länder ansehen, in denen das Afrikakorps präsent ist, ist Libyen aufgrund seiner strategischen Lage, der dort befindlichen Militärbasen und seiner Nähe zu Europa das wichtigste von ihnen. Daher glaube ich, dass Libyen zu einem Schauplatz des Konflikts zwischen Washington und Moskau werden wird, sollte es keine echte nationale Lösung der libyschen Krise geben.«

In Libyen gibt es seit Jahren eine politische und militärische Spaltung zwischen zwei konkurrierenden Regierungen. Die eine operiert im Osten und ist mit dem Repräsentantenhaus und General Khalifa Haftar verbunden; die andere operiert im Westen und führt die offiziellen militärischen Kräfte des Landes an.

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