In der heutigen Presse widmete sich Burkhard Bischof in seiner Zeitschriftenschau der internationalen Debatte über das iranische Atomprogramm nach dem Abschluss des Wiener Abkommens im vergangenen Juli. Dabei bekrittelte er nicht nur den „gewohnt aggressiv-propagandistisch(en)“ Stil von Israels Ministerpräsident Netanjahu, sondern kritisierte auch, dass in keinem der zahlreichen Aufsätze darauf hingewiesen werde, dass Israel selbst „mittlerweile zwischen 80 und 400 Kernwaffen in seinen Arsenalen hat.“ Darauf ließ er die Frage folgen: „Wer also hat da eigentlich die militärischen Mittel, um den Gegner zu vernichten?“ Im Handumdrehen verschob Bischof den Fokus weg von einem islamistischen Regime, das ständig Vernichtungsdrohungen gegen Israel ausstößt, in absehbarer Zukunft in den Besitz von Atomwaffen gelangen könnte und dessen hochranginge Vertreter in aller Offenheit über die Rationalität eines Atombombeneinsatzes gegen Tel Aviv spekulieren, hin auf den jüdischen Staat.
Dabei ist überhaupt nicht schwer zu verstehen, warum dessen Atomwaffenarsenal in der Debatte um das iranische Atomprogramm kaum Erwähnung findet: Einerseits dient es einzig der Abschreckung, andererseits hat Israel niemals anderen Ländern die Auslöschung angedroht. Deswegen konnten die arabischen Staaten auch Jahrzehnte lang mehr oder minder gut mit den israelischen Atomwaffen leben, von denen keinerlei Gefahr für sie ausgeht, gerieten aber in helle Aufregung, als der Iran sich auf den Weg in Richtung nuklearer Bewaffnung machte.
Abgesehen von der Debatte um das iranische Atomprogramm scheint sich auch bei Bischof die bittere Einsicht durchzusetzen, dass all die mit dem vermeintlich moderaten Präsidenten Rohani verbundenen Hoffnungen auf eine politische und gesellschaftliche Öffnung nicht eintreten werden. Wie praktisch, dass er auch dafür den jüdischen Staat verantwortlich machen kann: „(G)erade die Verteufelung des Iran, wie sie von Israel und den US-Republikanern betrieben wird, trägt zur weiteren Radikalisierung und innenpolitischen Stärkung der Falken-Fraktion in Teheran bei.“ Anstatt sich endlich von den Illusionen über einen ‚moderaten‘ Flügel der Mullah-Diktatur zu trennen und den radikalen Charakter eines Regimes anzuerkennen, das auch der dauerlächelnde Präsident Rohani weder ändern will noch kann, wird Israel und den amerikanischen Republikanern der schwarze Peter dafür zugeschoben, dass Wunschdenken allein nicht vermag, die Realität zu ändern. Aber da Israel ohnehin an allem schuld ist, was auf der Welt schiefläuft, warum also nicht gleich auch am nicht länger zu leugnenden Scheitern der ‚moderaten‘ Kräfte des iranischen Regimes?