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Israelische Bodenoffensive wird Hamas von Grund auf zerstören

Israelischer Truppenaufmarsch an der Grenze zu Gaza
Israelischer Truppenaufmarsch an der Grenze zu Gaza (Imago Images / Xinhua)

Die Mission der israelischen Verteidigungsstreitkräfte wird darin bestehen, jedes Ziel der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihads ausfindig zu machen und zu zerstören. Zu diesen Zielen zählen auch alle hochrangigen Funktionäre der beiden Terrororganisationen.

Yaakov Lappin

Während das Sicherheitskabinett und die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ihre Pläne für die erwartete israelische Bodenoffensive im Gazastreifen finalisieren, wird immer deutlicher, dass Israels Ziel darin besteht, die gesamte militärische und politische Infrastruktur der Hamas im Gazastreifen von Grund auf zu zerstören.

Die IDF haben die Bewohner des nördlichen Gazastreifens und von Gaza-Stadt aufgefordert, das Gebiet über das Wadi Gaza nach Süden zu verlassen, um zu verhindern, dass sie von der von Mohammed Deif befehligten und rund 30.000 Kämpfer zählenden Hamas-Terrorarmee als menschliche Schutzschilde benutzt werden.

Seit die Hamas im Jahr 2007 durch einen gewaltsamen Staatsstreich die Macht im Gazastreifen übernahm, hat sie eine Terrorarmee und Guerillatruppe aufgebaut, ausgebildet, bewaffnet und diese in Hochhäusern, unterirdischen Bunkern und Tunneln inmitten der Zivilbevölkerung verschanzt. Infolgedessen werden die bevorstehenden Kämpfe wahrscheinlich in den mehrstöckigen Wohngebäuden und ihrer Umgebung stattfinden, die von der Hamas zu militärischen Zielen umfunktioniert wurden und der Terrorgruppe als Kommandoposten, Wachturm und Schießstand dienen.

Es ist davon auszugehen, dass die IDF gepanzerte Fahrzeuge, Infanterie, Kampftechnik, Artillerie und Spezialkräfte, unterstützt von Luftwaffe und und Marine, entsenden werden.

IDF-Taktik

Die Mission wird darin bestehen, alle Ziele der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihads ausfindig zu machen und zu zerstören, zu denen auch die hochrangigen Funktionäre dieser Organisationen zählen, die sich in Bunkern und Kampftunneln verstecken, von denen Tausende von Kilometern den Gazastreifen durchziehen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Unterbindung des Raketenbeschusses an der israelischen Heimatfront durch die systematische Zerstörung von Raketenabschussrampen im Verlauf der Operation.

Die Streitkräfte müssen damit rechnen, auf Terroristen zu stoßen, die aus Tunneln und Gebäuden auftauchen und mit schultergestützten Raketenwerfern, Scharfschützengewehren, Mörsergranaten und anderen Waffen feuern, die mit iranischer Finanzierung in Gaza hergestellt oder mit iranischer Hilfe in den Küstenstreifen geschmuggelt wurden. Die IDF trainieren seit Jahren für diese Art der urbanen Kriegsführung, die auf dem Konzept der 360-Grad-Bedrohung basiert, bei der Feinde aus jeder Richtung auftauchen können, auch von oben und unten.

Im Jahr 2018 sagte der ehemalige stellvertretende Bataillonskommandeur in Givati, Major Guy Madar, der eines der wichtigsten in diesem Jahr abgehaltenen Manöver plante, bei dem exakt eine solche Offensive simuliert wurde: »Wenn die IDF die Kampfarena betreten, könnten sie Feinde direkt unter ihren Füßen haben. Und sie müssen auch nach oben schauen. Der Feind ist nicht blauäugig. Er will seine eigenen Überraschungen gegen uns ausprobieren. Es werden diejenigen gewinnen, die mit List und Kreativität vorgehen. Es werden diejenigen sein, die es verstehen, anders zu denken.«

Der Schlüssel zu dieser Offensive ist der Kampf bei Nacht, mit gepanzerten Fahrzeugen, in geschlossenen Kampfflächen mit Schwerpunkt auf hohen Gebäuden und Tunneln. Dabei zentral werden die Unabhängigkeit und Flexibilität kleinerer Einheiten auf Zug- und Kompanieebene sein, um die ihnen zugewiesenen Ziele zu zerstören.

Diese kleineren Einheiten werden sich wahrscheinlich als der entscheidende Faktor für den Sieg erweisen, und je mehr sie in ihrer Handlungsfreiheit dezentralisiert sind, desto schneller können sie sich auf den asymmetrischen und brutalen Feind einstellen, der ihnen gegenübersteht. Dabei ist davon auszugehen, dass die Zugkommandanten die größten Reibungen mit der Terrorarmee der Hamas haben werden.

Die IDF werden wahrscheinlich auch auf das aktive Schutzsystem Trophy zählen, das in ihren Merkava-4-Panzern installiert ist, um die Panzerung zu unterstützen, und auf ihr Gefechtsnetzwerk, um neue feindliche Ziele in Sekundenschnelle zu erkennen und weiterzugeben, was einen raschen Beschuss dieser Ziele ermöglicht. Den Feldkommandeuren auf Kompanieebene werden Quadcopter und Drohnen zur Verfügung stehen, mit denen sie ihre eigenen Luftaufklärungsdaten sammeln und sich ein eigenes Bild vom Kampfgebiet machen können, anstatt sich dabei vollständig auf die Luftwaffe verlassen zu müssen.

Fluchtkorridore geöffnet

Unterdessen wiederholte der internationale Sprecher der IDF, Richard Hecht, am Sonntag die Aufforderung an die Bewohner des Gazastreifens, das Gebiet Richtung Süden zu verlassen. Dabei bezeichnete Hecht die Berichte, wonach Israel einen Konvoi mit Evakuierten aus dem Gazastreifen bombardiert habe, als Fake News. »Wir haben Luftaufnahmen gezeigt, auf denen zu sehen ist, wie die Hamas die Konvois blockieren, und sie versuchen alles, um sie zu blockieren«, sagte er und fügte hinzu: »Wir haben einen neuen Fluchtkorridor geöffnet.«

Die israelische Luftwaffe hat mit Unterstützung des Sicherheitsdienstes Shin Bet ihre groß angelegten Angriffe gegen hochrangige Hamas-Funktionäre und auf die Terrorinfrastruktur im Gazastreifen fortgesetzt. Dabei gelang es ihnen nach IDF-Angaben, den Kommandeur der Nukhba-Einheit der Hamas n Khan Younis zu töten, der für das Massaker im Kibbutz Nirim verantwortlich war.

»Die IDF haben außerdem über hundert militärische Ziele in Zaytun, Khan Younis und West-Jabaliya angegriffen. Diese Angriffe beeinträchtigten die Fähigkeiten der Terrororganisation Hamas, indem sie ihre operativen Kommandozentralen, militärischen Einrichtungen, Dutzende von Abschussrampen, Abschussposten für Panzerabwehrraketen sowie Beobachtungsposten ins Visier nahmen. Außerdem wurden operative Kommandozentralen der Terrororganisation Islamischer Dschihad getroffen.« weiter.

Hecht führte weiters aus, die IDF verstärke nach wie vor die Sperre des Gazastreifens und die Grenzgebiete. Unmittelbar nachdem eine grenzüberschreitende Panzerabwehrrakete der Hisbollah einen Israeli getötet und mehrere andere verwundet hatte, warnte Hecht: »Es gibt eine gewisse Schwelle, bei der die Menschen in der Region wissen, was das bedeutet«, womit er auf die Gefahr eines Kriegs mit der Hisbollah im Libanon anspielte.

US-Unterstützung

Die Vereinigten Staaten haben inzwischen eine zweite Flugzeugträgerkampfgruppe rund um die USS Gerald R. Ford entsandt, die sich der Trägerkampfgruppe USS Eisenhower anschließen wird, die bereits vor der israelischen Küste stationiert ist. Zugleich landete ein US-Frachtflugzeug mit Munitionslieferungen für die IDF auf dem Luftwaffenstützpunkt Nevatim im Süden des Landes, während IDF-Generalstabschef Herzi Halevi in regelmäßigem Kontakt mit dem amerikanischen CENTCOM-Befehlshaber Michael Kurrilla steht.

Am Sonntagnachmittag bestätigten die IDF, dass am 7. Oktober während des grenzüberschreitenden Terrorangriffs der Hamas über 1.300 Menschen ermordet, 126 IDF-Soldaten getötet und 126 Menschen in den Gazastreifen verschleppt wurden [die Zahl wurde am Montag auf 199 nach oben korrigiert; Anm. Mena-Watch], darunter kleine Kinder und ältere Menschen. Darüber hinaus wurden seit dem 7. Oktober über sechstausend Raketen auf Israel abgefeuert.

Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel. Er ist hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist State on the Internet. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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