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Terrororganisation Islamischer Staat-Khorasan wird immer gewalttätiger

IS-Khorasan verübt Terroranschlag auf Konzerthalle nahe Moskau
IS-Khorasan verübt Terroranschlag auf Konzerthalle nahe Moskau (© Imago Images / ITAR-TASS)

Ein blutiger und gut geplanter Anschlag des IS-Khorasan in der Nähe der russischen Hauptstadt Moskau hat die Gefährlichkeit der Organisation ebenso deutlich gemacht wie ihre Fähigkeit, immer gewagtere und tödlichere Anschläge zu verüben.

Am Freitagabend stürmten mehrere bewaffnete Männer das Krokuszentrum am Stadtrand von Moskau und eröffneten wahllos das Feuer auf die Besucher des Konzertsaals, wodurch mehr als 154 Menschen ums Leben kamen. Der russische Föderale Sicherheitsdienst teilte mit, dass sein Direktor, Alexander Bortnikow, Präsident Wladimir Putin über die Festnahme von elf Personen informiert habe, darunter vier Terroristen, die direkt an dem Angriff beteiligt gewesen seien.

Nach Angaben des russischen Innenministeriums handelt es sich bei den vier mutmaßlichen Terroristen, die bei dem tödlichen Anschlag in der Nacht zum Freitag festgenommen wurden, um ausländische Staatsbürger. Einige Medien berichteten, dass unter ihnen auch Bürger der zentralasiatischen Republik Tadschikistan seien.

Nachdem sich der Islamische Staat zu dem Anschlag bekannt hatte, veröffentlichten diverse Konten in den sozialen Medien, die üblicherweise vom IS genutzt werden, ein Video, das von den Tätern des Anschlags in einer Konzerthalle in der Nähe Moskaus gefilmt worden war. Das eine Minute und 31 Sekunden lange Video zeigt mehrere Personen, deren Gesichter verpixelt und deren Stimmen verzerrt wurden, mit Sturmgewehren und Messern in einem Raum, der das Foyer der Konzerthalle Krokuszentrum in Krasnojarsk, nordwestlich der russischen Hauptstadt, zu sein scheint.

Auch die Vereinigten Staaten bestätigten die Beteiligung des IS an dem Anschlag in Russland. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, erklärte nur Stunden nach dem Anschlag, dass allein der Islamische Staat die Verantwortung trage. Watson sagte in ihrer Erklärung, die US-Regierung habe Anfang des Monats Informationen über einen geplanten Anschlag in Moskau mit Russland geteilt und am 7. März auch allgemeine Warnhinweise für amerikanische Staatsbürger in Russland herausgegeben.

Konkret stecke der sogenannte IS-Khorasan hinter dem Anschlag, bei dem es sich um jenen Zweig der zunächst in Syrien und im Irak auftretenden Terrororganisation handelt, der aktuell in und um Afghanistan aktiv ist und sich in jüngster Zeit zum aggressivsten Teil des IS entwickelt hat. Der Beiname Khorasan leitet sich dabei von dem alten Namen für die Region ab, die Afghanistan und Pakistan umfasst.

Warum jetzt?

Nach Angaben der New York Times sind die Anschläge des IS-Khorasan in letzter Zeit forscher und draufgängerischer geworden und haben sich auch außerhalb Afghanistans ausgebreitet. So wurden bei einem Anschlag auf eine politische Versammlung im Norden Pakistans im vergangenen Juli mehr als 43 Menschen getötet; im Januar dieses Jahres kamen bei zwei Selbstmordattentaten im Iran mindestens 84 Menschen ums Leben.

In diesem Zusammenhang sagte Asfandiyar Mir, ein führender Experte am United States Institute of Peace, der IS-Khorasan habe »immer versucht, die Zahl seiner Anschläge zu erhöhen. Die Organisation versucht, rivalisierende Extremisten zu übertreffen, indem sie gewagtere Anschläge verübt, um ihre Überlegenheit unter den globalen dschihadistischen Gruppen zu behaupten.«

Die Tendenz des IS-Khorasan, Anschläge im Ausland zu verüben, könnte sich auch auf Europa auswirken. So zitierte die New York Times einen Bericht der Vereinten Nationen, in dem es heißt: »Einige Personen aus dem Nordkaukasus und aus Zentralasien, die von Afghanistan oder der Ukraine nach Europa reisen, stellen eine Gelegenheit für den IS Khorasan dar, der versucht, gewalttätige Anschläge im Westen zu verüben.« Der Bericht kam zu dem Schluss, dass es Beweise für aktuelle, aber noch unvollständige operative Pläne auf europäischem Boden gebe, die vom IS-Khorasan ausgeführt werden könnten.

Der Autor Omar Farouk nennt in seinem Versuch, die Frage zu beantworten, warum die Bedrohung durch den IS-Khorasan so zunimmt, zwei Hauptfaktoren, die zur Stärke und Aktivität der von Afghanistan ausgehenden Organisation beigetragen haben: steigende finanzielle Zuwendungen und die Rekrutierung von übergelaufenen Kämpfern aus der afghanischen Taliban-Bewegung.

Farouk sagte, »einigen Berichten zufolge ist es dem IS-Khorasan gelungen, in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 einige Finanzströme zu erhalten. Die Tatsache, dass immer wieder afghanische Taliban-Kämpfer aus den Reihen ihrer Organisation überlaufen, um sich dem IS-Khorasan anzuschließen, ist eine ständige Erinnerung daran, dass der Islamische Staat in Afghanistan noch nicht besiegt ist.«

Ein wichtiger Indikator für dieses Phänomen sei in Nordafghanistan zu beobachten, wo der Taliban-Geheimdienst weiterhin seine eigenen Kämpfer verhöre, weil er sie verdächtigt, Verbindungen zum IS-Khorasan zu haben. »Die Existenz deutlicher Spannungen zwischen der Taliban-Führung und tadschikischen Taliban-Mitgliedern im Nordosten des Landes verstärkt diese Situation«, fügte Farouk abschließend hinzu.

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