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Iran geht verstärkt gegen Frauen ohne Hidschab vor 

Iranische Frauen widersetzen sich öffentlich der Hidschab-Pflicht des Regimes
Iranische Frauen widersetzen sich öffentlich der Hidschab-Pflicht des Regimes (© Imago Images / NurPhoto)

Allein in der iranischen Hauptstadt Teheran schlossen die Behörden in den letzten zwei Wochen über hundert Geschäfte, weil sie Frauen ohne Kopftuch bedienten.

Die iranischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen Verstöße der umstrittenen Hidschab-Gesetze ausgeweitet und nehmen nun Einkaufszentren und private Geschäfte ins Visier, die Kundinnen ohne Kopftuch zulassen. Immer mehr Geschäfte werden von der Polizei abgeriegelt, wobei die Schließung in vielen Fällen bloß vorübergehend ist, sollten sich die Inhaber verpflichten, weitere Verstöße gegen die Hidschabpflicht nicht zu dulden und eine Geldstrafe zu bezahlen. 

In der Hauptstadt Teheran schlossen die Behörden nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA allein in den vergangenen zwei Wochen rund 150 Geschäftslokale, darunter Apotheken, Bekleidungsgeschäfte, Cafés und Restaurants. In dieser Woche etwa wurde das Opal-Einkaufzentrum zum Schließen gezwungen, wodurch fast tausend Menschen in dem großen Komplex im wohlhabenden Nordwesten Teherans arbeitslos wurden. 

In einer scharfen Kritik auf seinem Telegram-Account fragte der Wirtschaftsanalyst Mohsen Jalalpour, warum Ladenbesitzer als Vollstrecker des Regimes und seiner Vorstellungen fungieren müssten, wie Frauen sich zu kleiden hätten. Jalalpour stellte die Schließungen zu einem Zeitpunkt infrage, zu dem private Unternehmen ohnehin schon mit der kränkelnden Wirtschaft zu kämpfen haben. »Es ist eine lose-lose-Situation für die Unternehmen«, schrieb er und argumentierte, sie müssten mit Boykottmaßnahmen seitens der Kunden rechnen, sollten sie diese wegen der Kleiderordnung des Regimes ausschließen. 

Keine offiziellen Zahlen

Als Reaktion auf die nicht zuletzt gegen die Hidschabpflicht gerichteten Proteste, die viele Frauen im Iran dazu veranlassten, ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit abzulegen, kündigte der Polizeikommandant des Landes, Ahmad-Reza Radan, Mitte April eine neue Kampagne an, die ein härteres Vorgehen gegen Verstöße vorsieht. Die Konservativen im iranischen Parlament und in den staatlichen Medien propagieren ebenfalls neue und härtere Formen der Bestrafung, die von Geldstrafen über gesellschaftliche Ausschlüsse bis hin zu langjährigen Haftstrafen reichen. 

Im Rahmen der neuen Maßnahmen verschickt die Polizei etwa automatisch generierte SMS-Nachrichten an Frauen, die sich weigern, in der Öffentlichkeit Kopftücher zu tragen. Durch den Einsatz von Überwachungskameras haben auch private Autobesitzer solche Texte erhalten, in denen sie über mögliche Strafen bis hin zur Beschlagnahmung des Fahrzeugs unterrichtet wurden, nachdem eine oder mehrere Frauen ohne Hidschab in den betroffenen Autos beobachtet wurden.

Von den Straßen der Hauptstadt und der Großstädte werden jedoch weiterhin Videos von Frauen verbreitet, die ohne Kopftuch posieren oder spazieren gehen und manchmal auch offen vor den Kameras über ihren zivilen Ungehorsam sprechen. Da es keine unabhängigen Meinungsumfragen gibt, ist offiziell nicht bekannt, wie groß der öffentliche Widerstand gegen die Hidschabpflicht ist.

Der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Khamenei, lehnte Anfang des Monats Vorschläge für eine Regelung der Frage durch ein öffentliches Referendum rundweg ab. Der 84-jährige Geistliche zog scharfe Kritik auf sich, als er argumentierte, »nicht alle Mitglieder der Öffentlichkeit« seien kompetent genug, um bestimmte Fragen zu analysieren und darüber zu entscheiden.

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