Israelische Reaktionen auf Raketenhagel aus Gaza

Der Raketenhagel aus Gaza zog heftige Reaktionen in Israel nach sich
Der Raketenhagel aus Gaza zog heftige Reaktionen in Israel nach sich (© Imago Images / ZUMA Wire)

Als Reaktion auf die seiner Ansicht nach zu schwache Reaktion boykottiert Ben-Gvir die Knesset, Netanjahu lässt ihm ausrichten, es stehe ihm frei, die Regierungskoalition zu verlassen.

Zwischen Dienstag und Mittwoch wurden insgesamt 104 Raketen auf Israel abgefeuert, die meisten davon vom Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) und in geringem Umfang auch von der Hamas, wie die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) am Mittwochmorgen bestätigten, die auch erklärten, Israel habe darauf mit etwa 16 Luftangriffen geantwortet, meist auf Stellungen der Hamas, die es als regierende Gruppierung für die Geschehnisse in Gaza verantwortlich macht.

Von den 104 Raketen, die auf Israel abgefeuert wurden, fielen elf ins Meer, 14 gingen noch im Gazastreifen nieder, 24 wurden vom Abwehrsystem Iron Dome abgeschossen, 48 fielen auf offenes Gelände, und der jeweilige Ort des Niedergangs der restlichen sieben sei noch unklar. 

Während die meisten Medien von rund einem Dutzend verletzten Israelis berichteten, sagte IDF-Sprecher Daniel Hagari, die meisten davon erlitten einen Schock, nur drei seien direkt durch den Raketenbeschuss verletzt worden, darunter ein ausländischer Arbeiter aus China in Sderot. Das Opfer wurde in das Barzilai Medical Center in Aschkelon gebracht, teilte der medizinische Notfalldienst Magen David Adom (MDA) mit. »Der Verletzte lag im Erdgeschoss der Baustelle, war bewusstlos und hatte sich Schrapnellverletzungen am Körper zugezogen«, sagte ein MDA-Sanitäter den Medien.

IDF-Sprecher Hagari wies Medienschätzungen zurück, nach denen die Wirksamkeit von Iron Dome auf 70 Prozent gesunken sei und erklärte, sie liege nach wie vor bei 90 Prozent, ging aber nicht näher auf die Diskrepanz in den diesbezüglichen Berichten ein.

Der jüngste Konflikt zwischen Israel und den Terrororganisationen im Gazastreifen begann am Dienstagmorgen, als der ranghohe PIJ-Funktionär Khader Adnan nach einem 87-tägigen Hungerstreik in israelischer Haft starb. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte israelische das Büro des Nitzan-Gefängnisses in Ramle, das erklärte, Adnan »weigerte sich, sich medizinischen Tests zu unterziehen und medizinische Behandlung zu erhalten« und »wurde bewusstlos in seiner Zelle gefunden«. Die Bemühungen, ihn wiederzubeleben, waren erfolglos.

Der PIJ reagierte mit einer Erklärung, in der er drohte, »die Besatzung wird den Preis für [Adnans] Tod zahlen«, der »eine Lektion für Generationen sein wird. Wir werden diesen Weg nicht verlassen, solange Palästina unter Besatzung lebt.« Die Hamas bezeichnete Adnans Tod als »kaltblütige Hinrichtung durch die israelischen Sicherheitsdienste« und erklärte, dass »das palästinensische Volk dieses Verbrechen nicht schweigend hinnehmen wird. Der Weg der Revolution und des Widerstands wird eine Eskalation erfahren.«

Riss in der Regierungskoalition

Wenige Stunden nach den Raketenangriffen aus dem Gazastreifen nahm Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstagabend eine Sicherheitsbewertung vor. Nach Angaben seines Büros traf sich der Premierminister im Moshe-Dayan-Camp nördlich von Tel Aviv mit hochrangigen Militär- und Sicherheitsvertretern, darunter Verteidigungsminister Yoav Gallant, IDF-Stabschef Herzi Halevy, der Nationale Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi und der stellvertretende Kommandeur des israelischen Sicherheitsdienstes (Shin Bet).

In einem seltenen Zeichen der Unterstützung für Netanjahus Regierung twitterte Oppositionsführer Yair Lapid, die Opposition werde »die Regierung bei jeder militärischen Aktion unterstützen, die den Bewohnern des Südens Ruhe und Sicherheit bringt«. Der Jesch-Atid-Chef und ehemaliger Premier schrieb, dass sein »Herz bei den Bewohnern des Südens ist«, die »eine Regierung verdienen, die sich um ihre Sicherheit kümmert«.

Unterdessen erklärte die Fraktion Otzma Yehudit des Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, die Abstimmungen in der Knesset boykottieren zu wollen, bis Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine »wirklich rechte Politik« umsetzt. Bei einer Presseerklärung in der in unmittelbarer Nähe zum Gazastreifen liegenden Stadt Sderot sagte Otzma-Yehudit-Vorsitzender Ben-Gvir am Mittwochnachmittag, die Regierung müsse ihm als zuständigen Minister die Möglichkeit geben, die nationale Sicherheitspolitik des Landes zu beeinflussen. Die Erklärung markiert einen sich zuspitzenden Riss in der Koalition zwischen Otzma Yehudit und dem Likud.

Die Spannungen hatten bereits am Dienstagabend begonnen, als Ben-Gvir forderte, an der Sicherheitslagebeurteilung Netanjahus teilnehmen zu dürfen, aber nicht eingeladen wurde. Otzma Yehudit kündigte daraufhin an, am Mittwoch nicht zur Abstimmung im Plenum der Knesset zu erscheinen und stattdessen eine Sondersitzung der Fraktion in Sderot abzuhalten, nachdem sie die »schwache Reaktion in Gaza« kritisiert hatte.

Netanjahus Likud-Partei reagierte einige Stunden später auf diesen Schritt und verlautbarte in einer Erklärung, dass »der Premierminister, der Verteidigungsminister, die IDF und die Sicherheitsbehörden« für das Management der »sensiblen und komplexen Sicherheitsereignisse zuständig sind, mit denen Israel konfrontiert ist«. Der Premierminister sei derjenige, der entscheidet, »wer für welche Diskussion relevant ist. Wenn dies für Ben-Gvir inakzeptabel ist, braucht er nicht in der Regierung zu bleiben.«

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