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Iraner freuen sich über Fußballniederlage der Islamischen Republik gegen Katar 

Die iranische Fußball-Nationalmannschaft ist unter Regimegegnern nicht beliebt
Die iranische Fußball-Nationalmannschaft ist unter Regimegegnern nicht beliebt (©Imago Images / Ulmer/Teamfoto)

Viele Iraner distanzieren sich vom Nationalteam, das sie als »Mannschaft der Mullahs« bezeichnen und dessen Niederlagen sie auf den Straßen und in den sozialen Medien feiern. 

Die Niederlage des Iran gegen Katar beim Asien-Cup 2024 hat einmal mehr die tiefe Spaltung der iranischen Bevölkerung verdeutlicht, von der sich viele über die Niederlage der Nationalmannschaft freuten und sie regelrecht feierten. 

Nachdem Asien-Cup-Gastgeber Katar den Iran vergangene Woche im Halbfinale mit 3:2 besiegt hatte, gingen in Städten wie iranischen Sanandaj, Javanroud, Ahwaz und Qazvin viele Menschen auf die Straße und feierten die Niederlage mit Gesang und Tanz. Andere wiederum posteten in den sozialen Medien Gratulationen zur Niederlage und distanzierten sich von der iranischen Mannschaft, die sie nicht mehr als ihre eigene wahrnehmen, sondern als »Mannschaft der Mullahs« bezeichnen.

»Die Mannschaft der Mullahs hat verloren, und jetzt sagen ihre Anhänger, dass diejenigen, die sich über die Niederlage der Mannschaft ihres Landes freuen, keine patriotischen Iraner seien. Die Antwort an sie ist, dass diese Mannschaft nicht die Nationalmannschaft‹ ist und es auch nie sein wird«, hieß es etwa in einem X-Post. »Es gibt ein Meer von Blut zwischen euch und uns, das niemals austrocknen wird, bevor ihr nicht weg seid.«

Regimetreue Iraner hingegen warfen den Gegnern der Nationalmannschaft vor, nicht patriotisch zu sein. »Obwohl wir verloren haben, weht die iranische Flagge immer noch hoch, getragen von den schallenden Gesängen der glorreichen Nationalhymne des islamischen Iran auf den Lippen unserer iranischen Geparde [der Fußballmannschaft]. Lasst uns nicht vergessen, dass gerade im vergangenen Jahr, nach der iranischen Niederlage, die unpatriotischen Sklaven der Feinde laut gejubelt haben«, schrieb ein Regimeanhänger auf X und bezog sich dabei auf die Demonstranten, die während der »Frau, Leben, Freiheit«-Protestbewegung das Ausscheiden der Mannschaft bei der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 in Doha gefeiert hatten.

Nicht immer so

Die ablehnende Haltung der einst beliebten Mannschaft gegenüber, war damals eine Reaktion auf das, was viele im Iran als mangelnde Solidarität der Teammitglieder mit den Demonstranten betrachteten. Andere Athleten – wie die Volleyball-, Strandfußball-, Wasserball- und Basketballmannschaften – hatten 2022/23 auf die Unterdrückung der Demonstranten reagiert, indem sie sich trotz der Drohungen des Regimes weigerten, die Nationalhymne mitzusingenoder bei internationalen Wettkämpfen zu jubeln. Die meisten Mitglieder der Fußballnationalmannschaft taten zwar vor einem Spiel das Gleiche, wurden danach aber offenbar zum Schweigen und zur Unterwerfung gedrängt.

»So sollte sich eine Nationalmannschaft verhalten«, hieß es jetzt in einem Social-Media-Beitrag, in dem die Protestaktion der Mitglieder der Nationalmannschaft der Demokratischen Republik Kongo gezeigt wurde, die sich den Mund zuhielten, ihre Finger zu einer Pistole formten und sie während der Nationalhymne an ihre Schläfen hielten, um auf die Gewalt in ihrem Land aufmerksam zu machen.

»Wir unterscheiden uns in zweierlei Hinsicht vom Rest der Welt: Erstens sind wir das einzige Volk, das zu seiner Vergangenheit [vor der Islamischen Revolution] zurückkehren möchte. Und zweitens sind wir das einzige Volk, das sich über die Niederlagen der Sportmannschaften seines Landes freut. Dafür gibt es nur einen Grund: Hass auf das Regime«, heißt es in einem der vielen Kommentare auf X.

Ein weiterer Beitrag antwortete auf die Beschwerde regimetreuer Iraner, Menschen in anderen Ländern würden sich niemals über die Niederlage ihrer Nationalmannschaften freuen, mit dem Argument, dass andere Länder auch keinezivilen Flugzeuge abschössen, wie es die Revolutionsgarden (IRGC) am 8. Januar 2020 getan hatten. Auch würden andere Länder keine jugendlichen Demonstrantinnen wie Nika Shakarami und Sarina Esmaeilzadeh töten und behaupten, diese hätten Selbstmord begangen, wie es das Regime während der Proteste 2022 tat.

Solch offen zur Schau gestellte Antipathie war nicht immer der Fall. Seit den Spielen der FIFA-Weltmeisterschaft 1998 war es vielmehr Tradition, auf die Straße zu gehen, um die Siege der iranischen Mannschaft zu feiern. Auf dem Höhepunkt der Proteste von 2022 gingen am 29. November dann jedoch Tausende in verschiedenen iranischen Städten auf die Straße, um das Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft aus der Weltmeisterschaft im Spiel gegen die Vereinigten Staaten zu feiern.

Die Sicherheitskräfte reagierten damals hart auf diese beispiellose Aktion der Bevölkerung, und ein junger Mann, Mehran Sammak, wurde in der im Norden Landes gelegenen Stadt Anzali in den Kopf geschossen, als er wie viele andere Demonstranten laut mit seinem Auto hupte.

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