Von Stefan Frank
Der UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) steht seit langem in der Kritik. Jetzt wird es selbst der britischen Regierung zu bunt. Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley sieht die Zeit für einen „kulturellen Wandel“ bei der UNO für gekommen.
Die Vereinten Nationen hatten mal eine Menschenrechtskommission. Die war moralisch so auf den Hund gekommen, dass sie 2006 durch den UN-Menschenrechtsrat ersetzt wurde. Schnell war klar, dass es sich um das gleiche Produkt unter anderem Namen handelte. Wie die Vorgängerinstitution ist der Rat besessen davon, Israel wegen angeblicher Verfehlungen zu verurteilen. Nicht hin und wieder, sondern in jeder einzelnen Sitzung. Die Vorwürfe sind hanebüchen. So wird Israel z.B. immer wieder die „Verletzung der Menschenrechte“ der Bewohner der Golanhöhen vorgeworfen, die darin bestehen soll, dass Israel den Gebirgszug „besetzt“ halte, statt ihn an den angeblichen Eigentümer, das Assad-Regime „zurückzugeben“.
Zu den derzeitigen Mitgliedern des UNHRC zählen Saudi-Arabien, Venezuela, die Volksrepublik China, Kuba, der Irak, Katar, Burundi, Bangladesch und die Vereinigten Arabischen Emirate. In seiner Geschichte hat der UNHRC Israel häufiger verurteilt als jeden anderen der 192 UN-Mitgliedsstaaten. Die Zahlen: Gegen Israel gab es 78 Resolutionen und Entscheidungen, gegen Syrien 29, gegen Nordkorea neun, gegen den Iran sechs. Saudi-Arabien, Russland oder China wurden noch nie verurteilt. Unter Präsident George W. Bush weigerten sich die Vereinigten Staaten aus gutem Grund, diesem Gremium beizutreten. Obwohl zur Zeit des Amtsantritts von Bushs Nachfolger Barack Obama nur noch klarer war, dass der UNHRC durch und durch antisemitisch ist und vor den wirklichen Menschenrechtsverletzern der Welt die Augen schließt, entschied sich Obama, den Diktatorenclub durch den Beitritt der USA zu adeln.
Nun aber mehren sich die Zeichen, dass ein Teil der demokratischen Welt die Geduld verliert und dem Treiben nicht mehr klaglos zusehen will. US-Außenminister Rex Tillerson sagte kürzlich, sein Land werde dem UNHRC nicht mehr länger beiwohnen, wenn er nicht einer „beträchtlichen Reform“ unterzogen würde. Der neue UN-Generalsekretär Antonió Guterres ist diesen Monat mit gutem Beispiel vorangegangen, indem er einen von einer nur aus arabischen Staaten bestehenden UN-Kommission erstellten Bericht, in dem Israel „Apartheid“ vorgeworfen wurde, zurückwies. Das Dokument landete also gewissermaßen in der Mülltonne, wo es hingehört.
Als der UN-Menschenrechtsrat kurz darauf wieder einmal seine üblichen Anti-Israel-Resolutionen auf die Tagesordnung setzte, kündigte die US-Regierung an, bei diesem Spiel nicht mitzumachen. Der Sprecher des State Departments, Mark C. Toner, erklärte:
„Die Vereinigten Staaten widersetzen sich entschieden und einmütig der Existenz von Tagesordnungspunkt 7 des UN-Menschenrechtsrats: ‚Menschenrechtssituation in Palästina und anderen besetzten arabischen Territorien.’ Die heutigen Handlungen im Rat erinnern einmal mehr an die seit langem bestehende Voreingenommenheit dieses Gremiums gegenüber Israel. Keiner anderen Nation widmet der Rat einen eigenen Tagesordnungspunkt. Dessen Fortbestehen ist eine der größten Gefahren für die Glaubwürdigkeit des Rats.“
Darum würden die USA nicht an der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt teilnehmen und später gegen alle unter diesem Punkt beschlossenen Resolutionen stimmen. Andere Länder ermunterten sie, dasselbe zu tun. Zudem würden alle Mitgliedsländer der Vereinten Nationen dazu aufgerufen, bei der „dringend nötigen Reform“ des UN-Menschenrechtsrats mitzuwirken.
Es war anzunehmen, dass dieser Appell in Europa auf taube Ohren stoßen würde. Doch überraschend kündigte Großbritannien während der Debatte des UNHRC an, in Zukunft ebenfalls gegen die ständigen Anti-Israel-Resolutionen zu stimmen – obwohl es diesmal noch dafür gestimmt habe. Eingeleitet wurde die Erklärung mit einer langen Beteuerung, wie sehr die britische Regierung dem Frieden zugetan sei und ein Ende der „Besatzung“ anstrebe. „Aus diesen Gründen haben wir [heute], wie wir es seit vielen Jahren getan haben, für die Resolutionen über Selbstbestimmung und Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten gestimmt.“
Nun aber ist die Downing Street aus langem Schlaf erwacht: „Doch wir müssen ebenso anerkennen, dass Israel weiterhin Terrorismus, Hetze und Gewalt ausgesetzt ist.“ Es habe im letzten Jahr 250 Terroranschläge gegeben, bei denen mindestens 30 Israelis getötet worden seien. Die Hamas grabe weiter Tunnel. „Die Geißeln der antisemitischen Hetze und der Verherrlichung des Terrorismus gehen weiter. Und solange Terroristen als Märtyrer behandelt werden, wird der Frieden entfernt bleiben.“ Scheinbar überrascht stellt die britische Regierung fest: „Und doch waren diese Woche weder ‚Terrorismus’ noch ‚Hetze’ im Fokus der Diskussionen und Resolutionen des Rats. Das ist nicht akzeptabel.“
Dann kommt eine Passage, die so ähnlich auch auf Mena Watch zu lesen war, aus dem Mund des Vertreters einer europäischen Regierung aber ungewöhnlich ist:
„Israel hat eine Bevölkerung von acht Millionen in einer Welt mit sieben Milliarden Menschen. Doch seit seiner Gründung hat der Menschenrechtsrat 135 länderspezifische Resolutionen angenommen; 68 davon gegen Israel. Gerechtigkeit ist blind und unparteiisch. Der selektive Fokus auf Israel ist weder das eine noch das andere. (…) Israel ist das einzige Land, das permanent auf der Agenda des Menschenrechtsrats steht. (…) Nirgendwo ist die unverhältnismäßige Konzentration auf Israel augenfälliger und absurder als im Falle der heutigen Resolution über die Besatzung des syrischen Golans. Syrien massakriert und ermordet seine Bürger jeden Tag. Doch nicht Syrien ist ein ständiger Punkt auf der Tagesordnung, sondern Israel.“
Darum wolle Großbritannien den Menschenrechtsrat auf Folgendes „hinweisen“:
„Wenn sich nichts ändert, werden wir es in Zukunft zu unserer Politik machen, gegen alle Resolutionen zu stimmen, die Israels Verhalten in den besetzten syrischen und palästinensischen Territorien betreffen.“
Es ist nicht leicht, die Logik zu verstehen: warum jemand, der es richtig findet, in der Vergangenheit für alle Anti-Israel-Resolutionen gestimmt zu haben, dies in Zukunft nicht mehr tun will? Doch auch eine halbherzige und verspätete Wende ist besser als keine. Nur zwei Tage vor der britischen Erklärung hatte der frühere israelische UN-Botschafter Ron Prosor einen Kommentar auf der Website Newsweek veröffentlicht. Darin schrieb er:
„Zu lange haben die Demokratien bei etwas mitgespielt, von dem sie wussten, dass es eine Farce war. Nur wenn wir ehrlich, mutig und entschlossen dabei sind, diese Scheußlichkeit beim Namen zu nennen, wird die Welt internationale Institutionen bekommen, die glaubwürdig, verlässlich und zweckdienlich sind. Es ist an der Zeit, dass die Demokratien sich erheben. Es ist Zeit für Veränderung.“
Nikki Haley, die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, ist bekannt für ihre klaren Worte gegenüber den Israelhassern in der UNO. „Nirgendwo ist das Versagen der UNO eindeutiger und empörender als bei ihrer Voreingenommenheit gegenüber Israel“, sagte sie im Januar im Auswärtigen Ausschuss des Senats. „Ich werde nicht nach New York gehen und mich enthalten, wenn die UNO versucht, ein internationales Umfeld zu schaffen, das zum Boykott gegen Israel ermuntert. Ich werde mich niemals enthalten, wenn die Vereinten Nationen irgendwelche Maßnahmen ergreifen, die in direktem Konflikt mit den Interessen und Werten der Vereinigten Staaten stehen.“
Darin hebt sie sich von der Obama-Regierung ab, die es im Dezember, kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit, zugelassen hatte, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Anti-Israel-Resolution verabschiedete, in welcher die Tempelmauer und das jüdische Viertel in der Jerusalemer Altstadt zu „besetztem Gebiet“ erklärt wurden.
Am Montag dieser Woche erhielt Haley lebhaften Applaus auf der jährlichen AIPAC-Konferenz, als sie einen kulturellen Wandel in der UNO forderte. Von Moderator Dan Senor gefragt, wie dies zu bewerkstelligen sei, sagte sie: „Die Vereinigten Staaten sagen ihnen, dass wir das nicht dulden werden.“ Anzufangen sei damit, in der UNO über andere Dinge als Israel zu reden und dann danach zu handeln. Die „Zeiten des Israel-Bashings“ seien „zu Ende“. „Es gibt viele Bedrohungen des Friedens und der Sicherheit. Niemand wird sich unseren wichtigsten demokratischen Freund im Nahen Osten vornehmen und auf ihn eindreschen.“ Sie trage Schuhe mit hohen Absätzen, so Haley weiter. „Nicht aus modischen Gründen. Wann immer ich etwas Falsches sehe, trete ich die Verantwortlichen.“