„Ein Drittel der palästinensischen Frauen im Westjordanland, im Gazastreifen und in Israel haben online verschiedene Formen der sexuellen Gewalt und Belästigung erlebt. Dies ergab eine Studie, die erste ihrer Art. (…) Die am 22. November veröffentlichte Studie untersuchte geschlechtsspezifische Gewalt in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Snapchat. Ihre Ergebnisse beruhen auf Aussagen, die in sechs Fokusgruppen im Westjordanland, in Jerusalem, im Gazastreifen, in Haifa und in Galiläa gesammelt wurden, sowie auf einer Umfrage unter 1200 palästinensischen Frauen im Alter von fünfzehn bis 30. Ermittelt wurde eine nachdrückliche Zunahme der digitalen Belästigung palästinensischer Frauen und Mädchen in den letzten Jahren. Dazu gehörten das Hacken der Konten von Frauen, die Veröffentlichung ihrer Personalien, Erpressung und das Verschicken von unpassenden Bildern. (…)
Dreißig Prozent der Frauen gaben an, man habe versucht, ihr Konto in den sozialen Medien zu hacken, 33 Prozent erklärten, ihnen seien ohne ihre Zustimmung pornographische Fotos und Videos zugeschickt worden, sechzehn Prozent sagten, sie seien sexuell belästigt worden und fünf Prozent gaben an, man habe versucht, sexuelle Gefälligkeiten von ihnen zu erpressen. In dem Bericht, A Violent Network: Gender-Based Violence Against Palestinian Women in Virtual Space, heißt es, mehr als ein Fünftel der Befragten (22 Prozent) hätten sich gezwungen gesehen, sich aus den sozialen Medien und dem Internet vollständig zurückzuziehen. Etliche Frauen beklagten auch die ‚familiäre und soziale Kontrolle, durch die ihr Onlineverhalten überwacht [und mitunter in es eingegriffen] wird und sie zur Selbstzensur gezwungen werden‘. ‚Wenn deine Eltern auch auf Facebook sind, bleibt das nicht ohne Wirkung. Du überdenkst die Posts, die du veröffentlichen, die Bilder, die du teilen, und die Menschen, mit denen du in Verbindung treten willst‘, so Susan, eine palästinensische Frau aus dem im Westjordanland gelegenen Ramallah, die in dem Bericht zitiert wird. (Ihr Nachname wurde nicht angegeben.)
Mehr als die Hälfte der befragten Frauen gab an, dass sie es der Polizei nicht zutrauten, gegen online stattfindende sexuelle Gewalt und Belästigung vorzugehen. Sie würden derartige Dinge persönlich innerhalb der Familie und im Freundeskreis angehen. ‚Es gibt jede Menge Kritik an der Polizei, sie sei nicht sensibel oder diskret genug‘, so der Geschäftsführer von 7amleh Nadim Nashif. (…) Die Hälfte der Frauen machte den männlichen Chauvinismus und die Erziehung und Sozialisation der Männer für die Onlinebelästigung verantwortlich. Allerdings meinten 78 Prozent auch, die Familien seien schuld, weil sie das Onlineverhalten nicht genügend beaufsichtigen würden. Etliche Frauen gaben unterdessen auch den Opfern die Schuld an dem, was sie erlitten, so Nashif. Die ‚virtuelle geschlechtsspezifische Gewalt spiegelt die öffentliche Gewalt im Allgemeinen wider‘, so der Bericht. Die sozialen Medien seien für Frauen zwar weitgehend zugänglich, doch seien sie auch online weiterhin ‚der patriarchalen Autorität unterworfen. Sie begrenzt ihre Freiheit und prägt ihre Onlineinterkationen‘.“ (Dalia Hatuqa: „Palestinian women face barrage of sexual harassment online, report finds“)