Von Alex Feuerherdt
Weil die diplomatische Vertretung des Staates Israel einen kleinen Reisekostenzuschuss zahlt, haben vier arabische Bands ihre Teilnahme an einem großen Musikfestival in Berlin abgesagt. Zu diesem Boykott aufgerufen hatte die antisemitische BDS-Bewegung. Während der Kultursenator deutliche Worte findet, herrscht bei den anderen eingeladenen Bands bislang Schweigen.
Dass er das tut, steht schon länger fest; seine Vertretung in der deutschen Hauptstadt wird bereits seit einer ganzen Weile auf der Website von Pop-Kultur als Partner aufgeführt. Doch erst nach einem Aufruf der BDS-Bewegung, wegen der israelischen Unterstützung nicht beim Festival aufzutreten, zogen die vier Acts ihre ursprüngliche Zusage zurück. Diese Bewegung, die einen totalen Boykott, einen Kapitalabzug und Sanktionen gegen Israel fordert, hat „immensen Druck auf alle arabischen Künstler*innen in unserem Line-up ausgeübt“, wie die Veranstalter in einer Erklärung schreiben. Zudem hätten auch Künstler aus Deutschland und anderen europäischen Ländern sowie aus den USA berichtet, „dass sie E-Mails, Kommentare auf Facebook oder Twitter-Nachrichten von BDS-Aktivist*innen erhalten haben“. Bei Pop-Kultur geht man deshalb davon aus, dass sämtliche Bands zwecks einer Absage kontaktiert wurden oder noch werden.
Die arabischen Künstler äußerten sich auf ihrer jeweiligen Facebook-Seite zum Rückzug. Abu Hajar schrieb im Namen seiner Gruppe Mazzaj Rap Band-Syria: „Wir erklären stolz unseren Rückzug vom Festival, solange es die diskriminierende Politik des israelischen Staates unterstützt, indem es mit ihm kollaboriert und sein Logo zeigt. Wer an der Veranstaltung teilnimmt, akzeptiert in unseren Augen alles, was diese Botschaft repräsentiert.“ Islam Chipsy & EEK teilten mit: „Wir machen deutlich, dass wir durch unsere Musik Widerstand gegen Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung jedweder Art ausüben.“ Emel Mathlouthi begründete ihre Absage mit den Worten: „Innerhalb und außerhalb Palästinas wird alles immer schlimmer, aber jeder von uns kann stets Solidarität und Empathie zeigen.“ Hello Psychaleppo gab an, zunächst nichts von der finanziellen Beteiligung der israelischen Botschaft gewusst zu haben und deshalb für entsprechende Hinweise dankbar gewesen zu sein.
Klartext vom Kultursenator
Dabei haben „Partner und Geldgeber von Pop-Kultur keinerlei Einfluss auf die programmatische Ausgestaltung des Festivals“, wie die Veranstalter auf ihrer Website schreiben. Entsprechend war die Unterstützung der israelischen Botschaft auch nicht an Bedingungen geknüpft. Bei der Vertretung des jüdischen Staates fand man deutliche Worte zum Thema BDS: „Israel setzt sich gerne für die Kultur in Deutschland, für Kooperationen und für den Dialog generell ein – etwas, das die Befürworter dieses Boykotts nicht anstreben. Diese Menschen fordern, dass sich Künstler in Deutschland gegen Israel stellen.“ Das schade in erster Linie und insbesondere der Berliner Kulturszene. Man bedaure „Versuche, die Menschen mundtot machen sollen und dass dadurch kulturelle Beiträge der deutschen Gesellschaft vorenthalten werden“. Auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer sprach Klartext. „Ich bin maßlos enttäuscht, wenn nun Boykottaufrufe, Unwahrheiten und – anders kann ich es nicht nennen – Hass die Vorbereitungen auf das Festival beeinträchtigen“, sagte er der Berliner Morgenpost. Zum Boykott des Festivals aufzurufen „und mit Fake-News über eine angebliche Kofinanzierung des Festivals durch den Staat Israel zu operieren“, sei „widerlich und entsetzt mich“.
Parteien gehen auf Distanz, Künstler nicht
Von den Künstlern, die wie die arabischen Bands von der BDS-Bewegung aufgefordert wurden, ihren Auftritt bei Pop-Kultur abzusagen, ist dagegen bislang keinerlei Äußerung bekannt geworden, weder zum Boykottaufruf noch zum Entschluss der vier Acts, ihm zu folgen. Statt klarer Worte zu diesem antisemitischen Treiben gibt es bei ihnen anscheinend nur Schweigen. Aber vielleicht überlegt sich ja doch noch eine der Gruppen, ähnlich zu reagieren wie Jesse Hughes, der Sänger der Eagles of Death Metal. Dieser erzählte vor zwei Jahren während eines Konzerts in Tel Aviv, er habe die Aufforderung des BDS-Aktivisten und früheren Frontmannes von Pink Floyd, Roger Waters, nicht im jüdischen Staat zu spielen, mit „genau zwei Wörtern“ beantwortet: „Fuck you!“