FIFA mogelt sich um Ausschlussantrag gegen Israel herum

Von Alex Feuerherdt

Der Weltfußballverband hat die Entscheidung über einen Antrag der Palästinenser, Israel auszuschließen, erneut vertagt. Dabei gäbe es für die FIFA allen Grund, dieses Ansinnen abzulehnen – und sich stattdessen einmal genauer mit dem palästinensischen Verband und seinem Vorsitzenden zu beschäftigen. Das aber wird wohl nicht geschehen.

FIFA mogelt sich um Ausschlussantrag gegen Israel herum
Jibril Rajoub

Dass die FIFA auf ihrem Kongress in Bahrain mit großer Mehrheit beschlossen hat, erst im kommenden Jahr über den Antrag des Palästinensischen Fußballverbands (PFA) auf Bestrafung oder gar Ausschluss Israels aus dem Weltfußballverband zu entscheiden, ist eine ambivalente Nachricht. Einerseits darf sich der israelische Verband IFA zwar darüber freuen, dass es seinem palästinensischen Pendant wie schon 2015 nicht gelungen ist, seinen Plan beim obersten Organ der FIFA durchzusetzen. Andererseits bedeutet die neuerliche Verschiebung, dass sich die FIFA auch nicht dazu durchringen konnte, das Ansinnen der PFA zurückzuweisen. Der palästinensische Verband und sein Vorsitzender Jibril Rajoub verlangen, dass sechs unterklassige, in israelischen Siedlungen im Westjordanland beheimatete Fußballvereine aus dem israelischen Spielbetrieb entfernt werden. Die PFA beruft sich dabei auf die FIFA-Statuten, nach denen ein Klub nicht auf dem Territorium eines anderen Verbandes spielen darf, wenn dieser das ablehnt. Wenn die IFA diesem Begehren nicht nachkommt, soll sie nach dem Willen der Palästinenser aus der FIFA geworfen werden.

Zu Recht weist Martin Krauß in einem lesenswerten Beitrag für die taz darauf hin, dass es dem palästinensischen Verband nicht um eigene Rechte zu tun ist, sondern „vielmehr explizit anderen das Recht auf Fußball abgesprochen“ wird. Die Forderung, die „Siedlungsklubs“ auszuschließen, verstehe sich „als Teil einer größeren Boykottbewegung gegen Israel“. Es sei, so Krauß, „wirklich nur sehr, sehr wenig übertrieben, festzustellen, dass es den Initiatoren dieses Antrags letztlich darum geht, dass Juden keinen Sport treiben dürfen“. Schließlich habe es auch niemals ein Angebot der PFA gegeben, die betreffenden Vereine in ihren Spielbetrieb zu integrieren. Im Gegenteil haben Anfang Mai 1974 palästinensische Klubs in einem Brief an die FIFA gefordert, Israel endlich aus dem Weltverband zu eliminieren. Sie betrachten es als palästinensisches Fußball- und sogar als Menschenrecht, „nicht erleben zu müssen, dass Kicker aus den Siedlungen über israelische Fußballplätze rennen“, wie Krauß schreibt.

 

Palästinensischer Fußballverband: Weiter Werbung für den Terror

FIFA mogelt sich um Ausschlussantrag gegen Israel herumDie FIFA schiebt die Entscheidung über die Angelegenheit schon seit einer ganzen Weile vor sich her, weil die mit der Entscheidungsfindung beauftragte Task Force bislang zu keiner Einigung gekommen ist. Der israelische Verband argumentiert, die Gebiete im Westjordanland, aus denen die „Siedlungsklubs“ kommen, seien umstritten, nicht besetzt, und die genaue Aufteilung sei eine Angelegenheit, die nicht der FIFA obliege, sondern von Israelis und Palästinensern auf politischer Ebene geklärt werden müsse. Nun soll – so wurde es auf dem FIFA-Kongress in Bahrain mit einer Mehrheit von 73 Prozent beschlossen – im März 2018 über den palästinensischen Antrag befunden werden. Der PFA-Präsident Jibril Rajoub hält das für „illegal“ und ist der Ansicht, durch den Aufschub würden diejenigen gestärkt, die „den Fußball dazu benutzen, um Unterdrückung zu normalisieren“.

Dabei gäbe es gerade für Rajoub allen Grund, leisere Töne anzuschlagen – und für die FIFA allen Anlass, sich mehr mit ihm und seinem Verband zu beschäftigen als mit dem israelischen Gegenstück. Denn Rajoub, der auch dem Nationalen Olympischen Komitee der Palästinenser vorsteht, hält nicht nur jegliche Kooperation und jeden Wettkampf mit Israelis für ein Verbrechen (!), er ist auch dafür verantwortlich, dass seit vielen Jahren palästinensische Klubs, Mannschaften, Wettbewerbe und Stadien nach Terroristen benannt werden, die Juden und Israelis getötet haben. Ausdrücklich aus diesem Grund hat unlängst der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), einer der größten Sportverbände der Welt, eine Kooperationsvereinbarung mit dem Palästinensischen Fußballverband annulliert. Doch selbst das hat bei Rajoub und der PFA nicht zum Umdenken geführt: Das alljährlich in Ostjerusalem stattfindende Hallenfußballturnier für Jugendspieler, das seit 23 Jahren zu Ehren von Khalil Al-Wazir alias Abu Jihad ausgetragen wird – einem Mitbegründer der Fatah und Verantwortlichen für zahlreiche Terrorangriffe der PLO, bei denen unter seiner Führung insgesamt 125 Israelis ums Leben kamen –, findet auch in diesem Jahr statt.

 

Proteste und Klagen gegen Rajoub und die PFA

FIFA mogelt sich um Ausschlussantrag gegen Israel herumAuf Rajoubs unsägliches Wirken weisen auch fünf Abgeordnete des Deutschen Bundestages hin – nämlich Volker Beck von den Grünen, Kerstin Griese (SPD), Michaela Engelmeier (SPD), Gitta Connemann (CDU) und Jan Korte (Die Linke) –, die den FIFA-Präsidenten Gianni Infantino in einem Schreiben aufgefordert haben, „den Bemühungen von Herrn Rajoub, Israel aus der FIFA zu entlassen, eine klare Absage zu erteilen“. Zur Begründung heißt es in ihrem Brief unter anderem: „Die Verherrlichung des Terrors durch Sport, Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung der israelischen Mannschaften untergraben nachhaltig die FIFA-Statuten, die einen fairen und friedlichen Sport fordern.“ Zudem haben Familienangehörige von mehr als 30 Opfern palästinensischer Terroranschläge den Disziplinarausschuss der FIFA aufgefordert, die PFA und Rajoub wegen schwerer Verstöße gegen die Statuten und Disziplinarkodizes des Weltfußballverbands zu bestrafen. Die israelische Rechtsorganisation International Legal Forum (ILF) hat gegen den palästinensischen Fußballverband und dessen Präsidenten wegen Verstößen gegen den FIFA-Ethikkodex sogar eine Klage eingereicht.

Dass sich die FIFA einmal näher mit der PFA und Jibril Rajoub beschäftigt, scheint jedoch wenig wahrscheinlich. Auch auf die Idee, „dass der Ausschluss der Fußballer des jüdischen Staates aus dem weltweiten Spielbetrieb antisemitisch wäre“, wie Martin Krauß befindet, kommt der Weltfußballverband nicht. Stattdessen hat er die Entscheidung über einen Antrag, dessen üble Intention und Motivation offenkundiger kaum sein könnten, einmal mehr verschoben. Dabei wäre alles andere als eine klare Zurückweisung ein weiterer Skandal und würde die FIFA, die ohnehin massiv in der Kritik steht, in ein noch schlechteres Licht rücken.

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