Der Befehlshaber der sudanesischen Armee, Abdel Fattah Al-Burhan, besuchte vergangene Woche Ankara, was Spekulationen über die zukünftige Rolle der Türkei im sudanesischen Krieg Tür und Tor öffnet.
Ohne Einzelheiten zu den Gesprächen zu nennen, berichtete die sudanesische Nachrichtenagentur, Al-Burhan sei am vergangenen Donnerstag in den Sudan zurückgekehrt, nachdem er »positive Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan« geführt hatte. Die türkische Stellungnahme zu den Gesprächen blieb noch mehr im Unverbindlichen, als die türkische Agentur Anadolu nur meldete, Erdoğan habe ein vertrauliches Treffen mit Al-Burhan im Präsidentenpalast abgehalten, aber keine Erklärung zu den Einzelheiten abgegeben.
Angesichts dieses offiziellen Schweigens über die Einzelheiten der Gespräche zitierte die Website Arab Postsudanesische Quellen mit der Aussage, Al-Burhan habe die Türkei gebeten, die sudanesische Armee mit Drohnen zu beliefern. Im Gegenzug habe der sudanesische Militärchef angeboten, das Abkommen über die strategische Hafenstadt Sawakin wiederzubeleben, eine Schifffahrtslinie zwischen dem Sudan und der Türkei zu eröffnen und neue politische und militärische Abkommen mit der Türkei zu unterzeichnen.
Die Türkei und der Sudan unterzeichneten das Abkommen über Sawakin im Jahr 2019 während der Ära des ehemaligen sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir. Die Stadt, deren historische Häuser und Gebäude eingestürzt sind, liegt auf einer vorgelagerten Koralleninsel an der Küste des Roten Meeres, deren Landzunge sie zu einem strategisch günstigen natürlichen Hafen macht. Schon das Osmanische Reich hatte Sawakin als maritimes Zentrum im Roten Meer genutzt, in dem sich zwischen 1821 und 1885 auch der Sitz des osmanischen Gouverneurs der südlichen Meeresregion befand.
Das Abkommen von 2019 gab Ankara nun das Recht, die verfallenen Hafenanlagen zu sanieren, um eine strategische Präsenz in Afrika aufbauen zu können. Das Vorhaben geriet jedoch ins Stocken, nachdem al-Bashir im Zuge von Protesten gestürzt wurde und in der Folge die Armee sich weigerte, den Plan umzusetzen.
Sicherung militärischer Hilfe
Der sudanesische Politanalyst Muhammad Al-Asabet bestätigte, dass sich Al-Burhan bei seiner nicht an die große Glocke gehängten Auslandsreise darauf konzentrierte, politische und militärische Unterstützung zu erhalten und sich logistische Hilfe zu sichern. Er schloss jedoch aus, dass es Al-Burhan gelungen sei, diese Ziele zu erreichen, da »die sudanesische Armee vor der Herausforderung steht, Drohnen und Waffen aus der Türkei kaufen zu können, und diese Waffen sehr hohe Summen erfordern«, über die sie nicht verfüge.
Der sudanesische Autor Muhammad Jadin sagte ebenfalls, »dass Al-Burhans Besuch in der Türkei mit dem militärischen Bereich zusammenhängt, da die sudanesische Armee militärische Unterstützung benötigt, auch wenn nach dem Besuch nicht ausdrücklich darüber gesprochen wurde«. Und auch die sudanesische Forscherin für internationale Beziehungen, Nadia Shankla, bestätigte den militärischen Charakter von Al-Burhans Besuch: »Wir dürfen nicht vergessen, dass die türkische Regierung über fortschrittliche Technologie in der Verteidigungsindustrie verfügt, welche die sudanesische Armee benötigen könnte, um den Kampf mit den [aus den Dschandschawid-Milizen seines ehemaligen Verbündeten General Mohammed Hamdan Dagalo hervorgegangenen] Rapid Support Forces zu gewinnen.«
Der sudanesische Sicherheits- und Strategieexperte Imad Bahr al-Din vertritt hingegen einen anderen Standpunkt, wenn er sagt, der Besuch Al-Burhans finde »im Rahmen der Bemühungen um eine Lösung der sudanesischen Krise statt« und ziele »nicht auf eine militärische Eskalation ab«.
Al-Burhan sei sich bewusst, dass die Nachbarländer, darunter der Südsudan und Ägypten, sowie andere Staaten wie die Türkei und Saudi-Arabien, zur Lösung der sudanesischen Krise beitragen könnten, »zumal Ankara gute Beziehungen zu beiden Konfliktparteien im Sudan unterhält und seinen Wunsch nach einer politischen Lösung der Krise zum Ausdruck gebracht hat«. Al-Din schloss auch eine militärische Intervention der Türkei in den sudanesischen Konflikt aus, »da es viele regionale und internationale Berechnungen gibt, insbesondere die Ablehnung regionaler und internationaler Mächte von Positionen, welche die Situation im Sudan verkomplizieren könnten«.
Seit Mitte April führen die sudanesische Armee und die Rapid Support Forces (RSF) einen militärischen Kampf um die Macht, der in mehreren sudanesischen Städten, insbesondere in Khartum, zu katastrophalen humanitären Bedingungen führt. Al-Burhan scheint nun zu versuchen, diplomatische Unterstützung und die Anerkennung seiner Autorität durch regionale Mächte zu mobilisieren. Außerdem versucht er, Waffen zu beschaffen, um die Position seiner Armee zu verbessern, vor allem in Khartum, wo die RSF strategische Standorte kontrollieren.