Erweiterte Suche

Muslime werfen Manifest gegen Antisemitismus Islamfeindlichkeit vor

„Ein französisches Manifest, in dem angesichts des zunehmenden Antisemitismus die Entfernung bestimmter Passagen aus dem Koran gefordert wird, sorgte am Montag unter Muslimen für Empörung. Sie erklärten, ihre Religion werde ungerechtfertigt ‚vor Gericht gestellt’. Der offene Brief, der am Sonntag in der Zeitung Parisien veröffentlicht wurde, machte eine ‚islamistische Radikalisierung’ für eine, wie es hieß, ‚stille ethnische Säuberung’ in der Region Paris verantwortlich. Schmähungen und Übergriffe zwängen jüdische Familien fortzuziehen. Nach einer Reihe von aufsehenerregenden Angriffen auf Juden setzten sich führende Muslime mit AFP in Verbindung und räumten ein, dass der Antisemitismus in Frankreich ein zunehmendes Problem darstelle. Allerdings beklagten sie, die fast 300 Unterzeichner des offenen Briefs, unter ihnen der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy und der ehemalige Ministerpräsident Manuel Valls, würden eine ganze Religion für die Handlungen einer extremistischen Minderheit verantwortlich machen.

‚Das einzige, worin wir uns einig sind, ist, dass wir uns alle zusammenschließen müssen, um den Antisemitismus zu bekämpfen’, so Ahmet Ogras, der dem Dachverband Französischer Rat des Muslimischen Glaubens vorsteht. Der Imam der Großen Moschee in Paris Dalil Boubakeur erklärte, das Manifest stelle ‚die französischen Muslime und den französischen Islam auf unfaßbare und unfaire Weise vor Gericht’. ‚Es schafft eindeutig die Gefahr, dass religiöse Gemeinschaften gegeneinander in Stellung gebracht werden’, so Boubakeur in einer Erklärung. In dem Manifest wird gefordert, dass Verse, die zur ‚Ermordung und Bestrafung von Juden, Christen und Ungläubigen’ aufrufen, als hinfällig aus dem Koran entfernt werden sollten. Der Imam der Großen Moschee in der südfranzösischen Stadt Bordeaux Tareq Oubrou wies im Gegenzug darauf hin, dass der Islam nicht die einzige Religion sei, deren kanonischen Texte anachronistische Passagen enthielten. ‚Gewalt kommt in zahlreichen heiligen Texten vor, sogar im Evangelium’, so Oubrou. Die Unterzeichner, zu denen auch Prominente wie der Schauspieler Gerard Depardieu gehören, hätten den Koran falsch interpretiert. Der Schriftsteller Pascal Bruckner, der den Brief ebenfalls unterzeichnete, erklärte in Radiosender France Inter, das Manifest solle nicht ‚stigmatisieren, sondern den guten Willen der reformorientierten Muslime beflügeln’.“ (Bericht in der Times Of Israel: „French Muslims blast anti-Semitism letter as attack on Islam“)

Muslime werfen Manifest gegen Antisemitismus Islamfeindlichkeit vor„Der Imam der Moschee von Bordeaux, Tareq Oubrou, ging gestern konkret auf die Argumente des Manifestes ein. Den Koran des Antisemitismus zu bezichtigen, sei ein «kolossaler intellektueller Irrtum». Der Koran rufe nicht zum Mord auf, sondern «zum Kampf gegen seine Feinde», meinte der landesweit bekannte und geschätzte Imam. Der Antisemitismus habe seine Wurzeln anderswo – in Rachegefühlen, der Eifersucht oder der Ignoranz. Ausserdem wirke der Nahostkonflikt bis in die französischen Vorstädte, wo Antisemitismus mit Antizionismus verwechselt werde. Wenn die Juden oft nicht mehr in diesen Wohnsiedlungen wohnen könnten, dann auch, weil der politische Konflikt zwischen Israeli und Palästinensern in den Griff der Religion geraten sei. Oubrou fragte, warum nur die französischen Muslime den Antisemitismus verurteilen sollten, die französischen Juden aber nicht die Übergriffe der israelischen Regierung. Das nähre ein Gefühl der Ungerechtigkeit unter den jungen Muslimen und verleite sie dazu, die Juden Frankreichs mit der Politik der israelischen Regierung gleichzusetzen.“ (Stefan Brändle: „Im Kern der Koran-Debatte“)

Mehr zum Thema auf Mena Watch: „Frankreichs Juden werden Opfer einer ethnischen Säuberung“

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!