Die Wut der Menschen in Ostlibyen wächst von Tag zu Tag. Langsam wird das ganze Ausmaß der Flutkatastrophe sichtbar, und sie machen Missmanagement und Korruption für den verheerenden Dammbruch verantwortlich.
Mehr als zehntausend Menschen sind wohl bei der Flut umgekommen, die ganze Teile der ostlibyschen Stadt mit sich ins Meer riss und ein Bild der Zerstörung hinterließ. Nun droht der Ausbruch von Seuchen während Zehntausende Bewohner alles verloren haben.
Zunehmend wird die Administration von General Haftar, die diesen Teil des Landes kontrolliert, für das Desaster verantwortlich gemacht. Die Wut richtet sich auch gegen die lokalen Machthaber, die es unterlassen hatten, den nun gebrochenen Damm instand zu halten. Schon lange gab es Warnungen, was alles bei heftigen Regenfällen passieren könnte. Auch die UN kam zu dem Schluss, dass die Katastrophe hätte verhindert werden können.
Bereits Anfang der Woche kam es deshalb in den Ruinen der Stadt zu Massendemonstrationen, bei denen unter anderem das Haus des Bürgermeisters in Brand gesetzt wurde. Demonstranten versammelten sich vor der großen Moschee der Stadt und skandierten Slogans gegen das Parlament in Ostlibyen und dessen Vorsitzenden Aguilah Saleh: »Das Volk will, dass das Parlament fällt«, »Aguila ist der Feind Gottes«, »Das Blut der Märtyrer ist nicht vergeblich vergossen« und »Diebe und Verräter müssen hängen«, riefen sie.
In einer Erklärung, die im Namen der Demonstranten verlesen wurde, forderten sie »eine rasche Untersuchung und rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen für die Katastrophe«. Außerdem verlangten sie die Gründung eines Büro der Vereinten Nationen in Derna, den Beginn des Wiederaufbaus der Stadt und eine Entschädigung für die betroffenen Einwohner sowie eine Untersuchung des aktuellen Stadtrats und der früheren Haushalte.
Reaktionen wie erwartet
»Diejenigen, die in der Stadt überlebt haben, in dem, was von der Stadt übriggeblieben ist, gegen diejenigen, die Tod und Zerstörung über die Stadt gebracht haben«, kommentierte der Analyst Anas el-Gomati auf X, ehemals Twitter, die Auseinandersetzungen unter Bildern der Zerstörung. Zudem wird befürchtet, dass sich die Clique von Haftar an den Hilfslieferungen, die langsam anlaufen, bereichern und wenig davon die Bedürftigen erreichen wird.
Die Reaktion der Zuständigen fiel ganz so aus, wie man es aus dem Nahen Osten gewöhnt ist: Sie verwiesen Journalisten, die über die Proteste berichteten, der Stadt oder verhafteten sie gleich und verhängten einen Medienblackout: »Journalisten wurden aus der von der Flutkatastrophe heimgesuchten Stadt Derna verwiesen, während die Wut der Libyer über das Versagen der Behörden, sie vor den Auswirkungen des Sturms Daniel zu schützen, überhandnimmt.«
Die Anordnung der Regierung im Osten Libyens erging einen Tag nach einer Massendemonstration, bei der Demonstranten auch das Haus des Bürgermeisters der Stadt in Brand setzten. Der Minister für Zivilluftfahrt in Ostlibyen, Hichem Abu Chkiouat, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Journalisten müssten die Stadt verlassen, um »bessere Bedingungen für die Rettungsteams zu schaffen, damit diese ihre Arbeit reibungsloser und effektiver durchführen können. Die große Zahl der Journalisten ist zu einem Hindernis für die Arbeit der Rettungsteams geworden«, behauptete er.
Der Artikel ist zuerst bei JungleBlog erschienen.
🚨#Urgent | We have lost contact with all international and local journalists inside #Derna since 3:00 AM. I've been receiving consistent information about arrests being carried out since dawn today. No information about the arrest of journalists so far. ‼️
— Mohammed Elgrj (@moelgrj) September 19, 2023