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Libyens Warlord Haftar an Menschenschmuggel nach Griechenland beteiligt?

Mitglieder der libyschen Küstenwachen mit Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika
Mitglieder der libyschen Küstenwachen mit Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika (© Imago Images agefotostock)

Einem Bericht zufolge stecken Mitarbeiter des libyschen Generals Khalifa Haftar hinter dem überladenen Boot, dass im Juni vor Pylos an der griechischen Küste kenterte und mehrere hundert Flüchtlinge mit sich in den Tod riss.

Nachdem verschiedene Medien wie We are SolomonWeltGuardian und CNN in den vergangenen Wochen in Recherchen herausfanden, dass das Unglücksboot von Pylos aller Wahrscheinlichkeit durch die Intervention der griechischen Küstenwache kenterte, kommt nun heraus, dass nicht die von den Griechen festgenommenen und des Menschenschmuggels angeklagten Ägypter den Seelenverkäufer organisiert hatten, sondern dahinter wohl das Netzwerk des libyschen Generals Haftar steckt.

Die Hintermänner des tödlichen Schiffsunglücks vor Griechenland im Juni seien laut einer neuen Medienrecherche Schmuggler mit engen Verbindungen zu Libyens Kommandant im Osten, Khalifa Haftar, heißt es. »Nach Aussagen eines Überlebenden, eines Schleuserhelfers und eines libyschen Insiders war ein Mann namens Muhammad A., der für eine von Haftar kontrollierte Spezialeinheit arbeitet, der Hauptverantwortliche für die Reise.«

Am 9. Juni habe ein Boot die von Haftar kontrollierte ostlibysche Stadt Tobruk mit etwa 750 Menschen an Bord verlassen, die Europa erreichen wollten. Fünf Tage später sank das überladene Schiff bei einem der tödlichsten Schiffsunglücke von Flüchtlingsbooten seit Jahren vor der griechischen Halbinsel Peloponnes. »Es gab 104 Überlebende, aber mehr als 500 Personen werden noch immer vermisst … Der Spiegel, das Recherchenetzwerk Lighthouse Reports und die Medienorganisationen Reporters United, El Pais und Siraj veröffentlichten am Freitag die Ergebnisse einer Untersuchung des Schleusernetzwerks, das die Bootsfahrt organisiert hatte« – und das eindeutig auf Libyen und Haftar hinweise.

Lukratives Geschäft

Verwundern sollte eine diese Meldung nicht, warum auch sollte Haftar, der den Osten Libyens kontrolliert, das lukrative Geschäft mit der EU und den Flüchtlingen der Konkurrenz der Regierung im Westen des Landes überlassen. Dort unterstützt und finanziert die EU seit langem irgendwelche Halsabschneider-Milizen, die sich seitdem Küstenwache nennen und oft jene Flüchtlinge aus dem Meer fischen, denen sie vorher – ohne Uniform – die teuren Überfahrten in seeuntüchtigen Booten verscherbelt hatten.

Und Haftar war erst vor nicht allzu langer Zeit in Italien, um sich dort in Gesprächen mit der Meloni-Regierung als Helfer im Kampf gegen das, was im offiziellen Jargon »illegale Migration« heißt, ins Spiel zu bringen. So weilte Haftar im Mai »zu Gesprächen mit Regierungsvertretern, darunter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Außenminister Antonio Tajani« in Rom. Die Treffen »drehten sich um die Migrationsströme, die über das Mittelmeer hinweg zunehmen, und die politische Stabilisierung in Libyen und anderen afrikanischen Ländern – einschließlich der bewaffneten Krise im Sudan«; in die Haftar auch handfest verwickelt ist.

Über die Resultate der Gespräche hüllten die Beteiligten sich in Schweigen, aber man kann sich in etwa denken, worum es ging: um die Frage nämlich, was Haftars Dienste im Kampf gegen Flüchtlinge denn so kosten würden.

Dass Zahlungen an Warlords nicht die gewünschten Ergebnisse bringen, weil diese auch weiter am Millionengeschäft, das die Flucht übers Mittelmeer eben auch ist, mitverdienen wollen, scheint sich in Europa noch immer nicht wirklich herumgesprochen haben, auch wenn in den Straßen von Tripolis jedes Kind weiß, dass diejenigen, die sich Küstenwache nennen, sobald sie die Uniformen ausziehen, oft ein saftiges Zubrot mit dem Verkauf von Überfahrten nach Europa verdienen.

In einem Bericht des UN-Menschenrechtsrats dagegen wird Klartext gesprochen:

»Der jüngste Bericht der unabhängigen Untersuchungsmission des UN-Menschenrechtsrats zu Libyen stellt fest, dass es Beweise dafür gibt, dass Einheiten und Mitglieder der so genannten libyschen Küstenwache mit Schmugglern zusammenarbeiten und selbst am Menschenhandel beteiligt sind, insbesondere in der westlibyschen Region Zawiya. 

Es gibt Beweise dafür, dass die libysche Küstenwache in diesem Gebiet mit dem Gefangenenlager al-Nasr in Zawiya zusammenarbeitet. Der Befehlshaber der Einheit, Abd al-Rahman al-Milad, besser bekannt als Bija‹, steht seit Juni 2018 auf der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrats wegen Beteiligung am Menschenhandel.«

Da heißt: die Flüchtlinge, die die libysche Küstenwache aus dem Meer fischt, enden oft in jenen furchtbaren Internierungslagern, in denen Zwangsarbeit und Prostitution weitere Einnahmequelle für die Banden und Milizen bilden.

Wer also wollte es Herrn Haftar übelnehmen, wenn er jetzt das lukrative Geschäftsmodell ebenfalls betreibt – neben all den anderen Geschäften, die ihm Geld in seine Kriegskasse spülen wie etwa Waffenlieferungen in den Sudan?

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