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Hate Speech: Facebook will stärker gegen »Zionist« als Schimpfwort vorgehen (Teil 2)

»Zionist« als Schimpfwort: Facebook will gegen Hate Speech vorgehen
»Zionist« als Schimpfwort: Facebook will gegen Hate Speech vorgehen (© Imago Images / Steinach)

Ein kurzer Blick in die sozialen Medien zeigt, wogegen Facebook vorgehen und was Amnesty International & Co. als freie Meinungsäußerung schützen möchten. 

Amnesty International und 7amleh haben mit Dutzenden anderen BDS-Gruppen wie etwa Jewish Voice for Peacezusammen einen offenen Brief an Meta und dessen Gründer und Chef Mark Zuckerberg veröffentlicht. Überschrift: »Eine Koalition internationaler Organisationen fordert Meta auf, Kritik am Zionismus auf ihren Plattformen nicht zu zensieren.«

In dem Brief zeigen sie sich »zutiefst besorgt über die von Meta vorgeschlagene Überarbeitung ihrer Hassrede-Politik in Bezug auf den Begriff Zionist‹ und die Möglichkeit, ihn als Stellvertreter für jüdisch und/oder israelisch zu behandeln, was letztlich zu schwerwiegenden Einschränkungen legitimer politischer Rede und Debatte führen wird«. 

Als Beispiel für die angeblich drohende Einschränkung der Redefreiheit führen sie an: »Dieser Schritt würde es Palästinensern verbieten, ihre täglichen Erfahrungen und ihre Geschichte mit der Welt zu teilen, sei es ein Foto der Schlüssel zum Haus ihrer Großeltern, das sie bei einem Angriff der zionistischen Milizen im Jahr 1948 verloren haben, oder eine Dokumentation und Beweise für den Völkermord im Gazastreifen in den vergangenen Monaten, die vom israelischen Kabinett, dem auch Mitglieder der Religiösen Zionistischen Partei angehören, genehmigt wurde. Und es würde jüdische Nutzer daran hindern, über ihre Beziehungen zur zionistischen politischen Ideologie zu sprechen.«

Wirklich? Abgesehen von der Geschichtsklitterung bei der Darstellung der Ereignisse von 1948 und seit dem 7. Oktober ist dies eine absichtliche Falschdarstellung dessen, worum es in der Diskussion geht. Es geht nicht um die Fotos von Schlüsseln, um Kritik an der israelischen Regierung oder gar um die Selbstreflexion jüdischer Nutzer, die unterbunden werden soll. Es ist auch, wenn man der Presseberichterstattung Glauben schenken darf, nicht die Rede davon, dass Meta das Wort »Zionist« verbieten will. 

Es geht um die Dämonisierung von Juden mithilfe antisemitischer Klischees – etwa, dass »Zionisten« die Welt beherrschten –, Freude über den Tod von »Zionisten« oder den Abscheu, den Antisemiten empfinden, wenn sie »Zionisten« sehen. Ja, auf X gibt es tatsächlich Tausende Tweets, in denen sich Antisemiten über die »Hässlichkeit« von »Zionisten« auslassen, oft mit Fotos jüdischer Frauen und – seltener – Männer. Einige schreiben, dass sie sich »übergeben« müssten, wenn sie »Zionisten« sähen. Gibt es da noch Zweifel daran, dass das der alte Judenhass ist und dies nichts mit der »Ideologie« des Zionismus zu tun hat? 

Es ist wie Jean-Paul Sartre in seinen Überlegungen zur Judenfrage schreibt: »Der gemäßigte Antisemit ist ein höflicher Mann. Er wird ihnen voll Sanftmut sagen: ›Ich hasse keineswegs die Juden. Ich erachte es nur für ratsam, wenn sie am Leben der Nation geringeren Anteil nehmen.‹ Aber im nächsten Augenblick, wenn er vertrauter geworden ist, lässt er sich schon mehr gehen und fügt hinzu: ›Schauen Sie, es muss doch etwas mit den Juden los sein. Sie erzeugen in mir ein physisches Unbehagen.‹«

Und doch sei »dieser Ekel nicht organisch bedingt«, schreibt Sartre, »denn sie können sehr wohl in eine Jüdin verliebt sein, wenn sie nichts von ihrer Rasse wissen. Er dringt durch den Geist in den Körper. Er ist eine seelische Einstellung, aber so tief verankert, so umfassend, dass er wie bei der Hysterie ins Physiologische übergreift.«

Beispiele gefällig?

Um zum verstehen, worum es bei der Debatte geht, muss man wissen, was alles über »Zionisten« in den sozialen Medien geschrieben wird. Mena-Watch hat einige Beispiele aus den vergangenen Monaten gesammelt. Sie stammen nicht von Facebook, sondern von X. Bei Facebook sind offen antisemitische Posts inzwischen seltener zu finden. Das hat auch die amerikanische Anti-Defamation League (ADL) in einer Untersuchung festgestellt. 

Es kann sein, dass die Accounts, die offenen Antisemitismus verbreiten, privat sind (also nicht sichtbar für jemanden, der nicht für diesen Account freigeschaltet ist), daran, dass Facebook bereits begonnen hat, stärker gegen antisemitische Aufwiegelung und Beleidigungen vorzugehen, wie es das am 13. Oktober 2023 angekündigt hat, oder es ist eine Kombination aus beiden Faktoren. 

  • Tweet vom 22. Januar 2024, Kommentar zu einem Foto, das zwei junge Frauen zeigt: »Zionisten sind die hässlichsten Menschen überhaupt.«
  • Tweet vom 12. Februar 2024 (gerichtet an US-Präsident Joe Biden): »Ich denke, dass die ganze Welt die Wahrheit entdeckt hat, dass ihr Blut vergießt und dass ihr und die Zionisten Schweine seid, die nach dem Blut von Unschuldigen dürsten. Möge Gott die schwerste Rache an euch nehmen. Haltet Ausschau nach Muslimen, die bald euer Blut vergießen werden.«
  • Tweet vom 10. Februar 2024: »Ich will, dass alle Zionisten sofort ausgerottet werden.«
  • Tweet vom 10. Februar 2024: »Zionisten sind so hässlich, als ob es in ihren Genen wäre.«
  • Tweet vom 10. Februar 2024: »Wenn sich die Lippen eines Zionisten bewegen, weiß man, dass er lügt.« 
  • Tweet vom 15. Februar 2024: »Die einzige Religion, der die Zionisten folgen, ist das Geld.«
  • Tweet vom 16. Februar 2024: »Hollywood ist genauso zionistisch wie das zionistische Gebilde. Das ist es, was Siedlerkolonialisten tun. Sie tragen die Haut ihrer Opfer wie einen Anzug, eine Trophäe.«
  • Tweet vom 15. Februar 2024: »Man muss sich ernsthaft fragen, warum diese Zionisten so viel über Vergewaltigung reden und fantasieren.«
  • Tweet vom 14. Februar 2024: »Die korrupten Regierungen werden alle von zionistischem Geld finanziert. Sie dienen nicht dem Volk, nur ihren zionistischen Herren.«
  • Tweet vom 11. Februar 2024: »Aah, da geht Frankreich dahin. Am zionistischen Nasenring geführt. Wach auf, Welt; dies ist Phase 3 des Z10-Softputsches. Der Begriff zufriedener Zionist ist ein Oxymoron.«
  • Tweet vom 16. Februar 2024: »Hätte ich geschmacklose Witze über den Holocaust oder Antisemitismus gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass zionistische Insekten eines Tages versuchen würden zu behaupten, sie würden beweisen, dass ich ein Neonazi bin? Natürlich. Keiner nimmt diese Idioten ernst.«
  • Tweet vom 20. Dezember 2023: »Von innen bis außen hässlich! Zionisten sind die hässlichsten Menschen, die ich je gesehen habe!« (Dieser Tweet wurde fast eine halbe Million Mal aufgerufen und hat 27.000 Likes!)
  • Tweet vom 11. Januar 2024: »Bitte, bringe mir niemand diese Noah-Kanalratte und diesen Pavian Ki Pithi Gomez auf meine Timeline. Zionisten sind die hässlichsten und bösartigsten Menschen, die auf diesem Planeten leben. Ein Blick in ihre Gesichter genügt, um zu sehen, wie sehr sie sich an den Bildern von abgeschlachteten Babys und palästinensischem Leid erfreuen.«
  • Tweet vom 10. Februar 2024: »Ich finde es verrückt, dass es immer noch Leute gibt, die diese zionistischen Kakerlaken unterstützen.«
  • Tweet vom 11. Februar 2024: »Lasst uns die zionistische Entität ein für alle Mal auflösen. Seuchen werden bekämpft, bis sie beseitigt sind.«
  • Tweet vom 9. Februar 2024: »Zionisten sollten ihr eigenes Gesicht im Spiegel sehen, bevor sie die Palästinenser beleidigen, Zionisten sind die hässlichsten Geschöpfe auf diesem Planeten Erde.«
  • Tweet vom 13. Februar 2024: »Zionistinnen sind die hässlichsten Frauen der Welt.«
  • Tweet vom 3. Februar 2024: »In der Evolution sind es die Hässlichen, die gehen müssen. Zionisten sind die hässlichsten Menschen auf Erden, sie sind Untermenschen.« Dazu hat der Nutzer eine antisemitische Karikatur eines Juden im Stürmer-Stil gestellt.
  • Tweet des ehemaligen britischen Labour-Abgeordneten Chris Williamson vom 10. Dezember 2023: »Diese zionistischen Drecksäcke sind bar jeder Menschlichkeit. Was tun unsere Politiker, die diese Wilden unterstützen?«
  • Tweet 15. Februar 2024: Ein Nutzer teilt einen siebenminütigen Film, der einen Löwen zeigt, der ein Warzenschwein reißt und frisst. Sein Kommentar: »Dies muss auch mit den zionistischen Schweinen geschehen.«
  • Tweet vom 14. Februar 2024: Ein Nutzer kommentiert ein Video, das eine Frau zeigt, die sich proisraelisch äußert: »Ich kann an deiner Nase sehen, dass du Zionistin bist.«
  • Tweet vom 8. Februar 2024, Kommentar zu einem Foto von Hamas-Chef Yahya Sinwar in Siegerpose: »Unterstützt ihr ihn? Er ist der Albtraum der Zionisten.«
  • Tweet vom 29. Januar 2024: »Je mehr Zionisten tot sind, desto mehr Hoffnung für palästinensische Kinder.«
  • Tweet vom 26. Dezember 2023: »Scheißkerle. Alle Zionisten töten. Und diejenigen, die sie verteidigen, auch.«
  • Tweet vom 12. Februar 2024: »Du bist eine zionistische Ratte, die Fotze deiner Mutter.«
  • Tweet vom 14. Februar 2024: »Zionistenschweine Terroristen Babymörder verdienen Hass.«
  • Tweet vom 13. Februar 2024: »Wie kann man nicht wütend sein, wie kann man sich nicht zu Wort melden. Entweder ist man auf der Seite der Menschheit oder man ist auf der Seite von Mördern, Vergewaltigern, Rassisten, Pädos und Zionisten. Es gibt keinen Mittelweg.«
  • Tweet vom 5. Mai 2023 (25.000-mal aufgerufen): »Dieser Rabbi Alon Anava, spricht darüber, wie die ZIONISTEN die Welt regieren, kontrollieren ALLE Präsidenten der Welt, ISRAEL, soziale Medien, Mark Zuckerberg … wie sie ALLE MARIONETTEN der gleichen Gruppe von Menschen sind. Rothschild, Rockefeller ZIONISTEN.«
  • Tweet vom 5. November 2023: »Die verblendete Welt begreift nicht, dass der Nazismus von Jesuiten und Zionisten entwickelt wurde. Wenn also Zionisten die Welt regieren, regiert der Nazifaschismus die Welt.«
  • Tweet vom 12. Februar 2024: »Der Zionismus steckt hinter jeder einzelnen Tür … Wir denken, BRICS sei die Alternative, aber in Wirklichkeit wird alles von derselben Gruppe von Zionisten geleitet und verwaltet … Linksgerichtete Kommunisten = Zionisten. Rechtsgerichtete Kapitalisten = Zionisten. Wenn man sich Kapitalismus und Kommunismus ansieht, gibt es immer noch eine Arbeiterklasse und eine Eliteklasse. Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille. BRICS wird von den Zionisten benutzt, um AMERIKA und die westliche Welt zu ZERSTÖREN. Lasst euch nicht so leicht in die Irre führen und erkennt die Tentakel, die unsere Welt im Würgegriff haben.«
  • Tweet vom 27. November 2023: „Zionisten sind schwul und finanzieren die LGBT-Agenda.«
  • Tweet vom 3. Januar 2024: »Zionisten sind: Schwule, Vergewaltiger, schwule Vergewaltiger, Schwulen-Förderer, Genozidale, Babykiller, werden von Zionisten erpresst, Geld kommt vor der Keuschheit der eigenen Mutter.«
  • Tweet vom 12. Februar 2024: »Für Palästina bis zur vollständigen Befreiung. Das zionistische Gebilde muss ausgerottet werden, und jeder, der es in irgendeiner Weise unterstützt hat, verdient es, für den Rest seines erbärmlichen Lebens in Schande zu leben.«
  • Es wird sogar ein Foto von ausgemergelten KZ-Häftlingen nach ihrer Befreiung für antisemitische Propaganda missbraucht. Per Fotomontage sind Transparente mit Anti-Israel-Botschaften in das Bild eingefügt. Dazu schreibt ein Nutzer: »F*ckt die kriminellen Untermenschen-Zionisten.“«

Ist dies die »Kritik«, die nach Meinung von Amnesty International unbedingt geschützt werden muss?

Teil 1 der Miniserie ist hier erschienen.

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