Wie die Presse heute berichtet, hat Mohammed ElBaradei seine Kandidatur für die ägyptischen Präsidentschaftswahlen zurückgezogen. Er “zeigte sich enttäuscht über die Entwicklung seines Landes”, der Militärrat verhalte sich, “als ob es keine Revolution gegebene hätte”, und er selbst wolle “nicht als Präsidentschaftskandidat in einem nicht wirklich demokratischen System auftreten.” Noch bei seinem Rückzug wollte ElBaradei also die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, sich noch ein letztes Mal wichtig zu machen – ein Anliegen, bei dem ihm die Medien behilflich sind, indem sie seine Selbststilisierung unhinterfragt übernehmen.
Nachdem er zu Beginn der Revolte im letzten Jahr schnell zum Darling westlicher Medien avancierte, wollte die politische Karriere ElBaradeis in seinem Heimatland nicht so recht vom Fleck kommen. Nur kurz dauerte seine Romanze mit den Muslimbrüdern, und auch mit dem Militärrat, dem sich ElBaradei noch unlängst und ohne Legitimation durch Wahlen als Premierminister an den Hals warf, wollte es nicht richtig klappen. Da ihm nach dem Triumph der Islamisten bei den Parlamentswahlen klar geworden sein dürfte, dass er bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen nicht die geringste Aussicht auf Erfolg haben würde, entdeckte er nun plötzlich ein demokratisches Defizit im post-revolutionären Ägypten. Sich angesichts der eigenen Chancenlosigkeit als Märtyrer der Demokratie zu präsentieren, ist die vorerst letzte peinliche Pose des ehemaligen IAEO-Chefs. So finster die politische Zukunft Ägyptens auch aussehen mag, den Rückzug ElBaradeis wird das Land verkraften.