
„Im Dezember 2017 eröffnete das Jüdische Museum [Berlin] seine groß angekündigte Ausstellung Welcome to Jerusalem. Seitdem reißt die Kritik an Deutschlands größtem Jüdischen Museum nicht mehr ab. Die Ausstellung wurde immer wieder als einseitig bezeichnet, als pro‐palästinensisch, gar als israelfeindlich. (…) Auch deshalb wollte ich mir ein eigenes Bild über die Jerusalem‐Ausstellung machen, zumal sie nur noch rund vier Wochen zu sehen sein wird. (…)
Was hat uns so irritiert? Es waren verschiedene Momente. In einem Raum war der Felsendom zu sehen, eingewickelt in eine Kufiya mit einer Kalaschnikow; in einem anderen Bild wurde der Felsendom von einer schwarzen Zange mit einem Davidstern zerschmettert, und ein drittes zeigte einen Mann, der den Dom auf dem Rücken trug, und die Bildunterschrift sagte ‚Ewiger Moslem‘. Diese Bilder wurden als Plakate der ‚linken Bewegung PLO‘ aus den 70er‐ und 80er‐Jahren vom Guide gezeigt, ihr antisemitischer Gehalt in keiner Bildunterschrift oder während der Führung benannt oder kommentiert. Auch fehlt überhaupt eine Definition des israelbezogenen Antisemitismus, sodass die Besucher nichts an die Hand bekommen, was eine Einordnung leichter machen könnte. (…)
Ein anderes Thema: Wie erzählt das Museum die Geschichte Jerusalems? Äußerst einseitig! Jerusalem als zentraler Bestandteil jüdischer Religion und Kultur sowie die seit Jahrtausenden tradierte, positiv besetzte Sehnsucht ‚Nächstes Jahr in Jerusalem‘ nimmt keinen zentralen Platz in der Ausstellung ein. Es entsteht der Eindruck, dass kein legitimer jüdischer Ort auf diesem Planeten existiert. Die Heimat der Juden wird in den schwammigen Begriff ‚portative Heimat‘ übersetzt und damit in der Diaspora verortet. (…)
Das Museum hat den Anspruch, Geschichte und Gegenwart des Landes und der Stadt aus unterschiedlichen Perspektiven darzustellen. Tatsächlich gelingt das aber nicht. Oder besser: Dieser Anspruch scheitert auf ganzer Linie. Die zahlreichen Attentate, die leider längst zu einem Teil der Realität in Jerusalem geworden sind, werden ausgeblendet. Die Gründe, warum es eine Mauer zwischen Israel und ‚Palästina‘ gibt, werden auch nicht benannt. Gleichzeitig wird der marginalen, antizionistischen und mit Terrororganisationen kooperierenden Neturei Karta sehr viel Platz eingeräumt, während die israelische gesellschaftliche Mitte völlig fehlt.“ (Julia Bernstein: „Einseitig und relativierend“)