Von Alex Feuerherdt
Die israelfeindliche BDS-Bewegung will ihre Aktivitäten auch in Österreich und Deutschland ausweiten. Dabei stößt sie jedoch inzwischen regelmäßig auf einen Protest, der teilweise auch aus der etablierten Politik kommt.
Sowohl das Kulturzentrum WUK als auch zwei Hotels und schließlich das Café Rathaus hatten es abgelehnt, den Israel-Boykotteuren ihre Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Von Kritikern der BDS-Bewegung waren sie zuvor darauf aufmerksam gemacht worden, wes Geistes Kind die Veranstalter sind und wen sie da als Referentin für den „Apartheid“-Vortrag eingeladen hatten. Salma Karmi-Ayyoub ist eine Beraterin der palästinensischen Vereinigung Al-Haq, die von BDS Austria als „Menschenrechtsorganisation“ bezeichnet wird. In Wirklichkeit jedoch hat sie sich voll und ganz der Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates verschrieben und zählt international zu den führenden BDS-Gruppierungen. Der Direktor von Al-Haq, Shawan Jabarin, wird vom Obersten Gerichtshof Israels zu den wichtigen Männern der PFLP gerechnet. Wegen seiner Tätigkeit für diese Partei, die in der EU und den USA auf der Liste der Terrororganisationen steht, verweigerte Jordanien ihm im Jahr 2006 die Einreise. Israel wiederum hat ihm mehrfach die Ausreise untersagt und ihn in den Achtziger- und den Neunzigerjahren wegen terroristischer Aktivitäten zudem zweimal zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt.
Die von BDS Austria erhobene Behauptung, BDS-Gegner hätten die Verantwortlichen der angefragten Etablissements mit „mafiösen und kriminellen Methoden“ bedroht, um Absagen zu erzwingen, wird von diesen nicht bestätigt. Der Inhaber des Café Rathaus beispielsweise, Samy Gadalla, hat auf Anfrage von heute.at vielmehr deutlich gemacht: „Weder wurde mir gesagt, um welchen Verein“ – also BDS Austria – „es sich handelt, noch, worum es genau geht. Ich werde nicht zulassen, dass so ein Vortrag in meinem Café abgehalten wird.“ Auch Raimund Fastenbauer von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Wien hat klargestellt, dass es keine Einschüchterungsversuche vonseiten der IKG gab und anderslautende Äußerungen „Unsinn“ seien. Er habe lediglich auf den „antisemitischen Charakter von BDS“ hingewiesen. Der Vortrag von Salma Karmi-Ayyoub fand schließlich in den Räumlichkeiten des „interkulturellen Zentrums“ Dar al-Janub statt, wo antiisraelische Veranstaltungen ohnehin an der Tagesordnung sind.
Neuformulierung der Parole „Kauft nicht bei Juden“
Die jüdische Gemeinde in Bonn und die SPD-Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier haben die Stiftung Pfennigsdorf deshalb dazu aufgerufen, den Vortrag des BDS-Aktivisten Breidert abzusagen. In einem Brief an die Leitung des Hauses schrieb Engelmeier, die BDS-Initiative verbreite „antisemitische Propaganda“. Die Forderung der Gruppe nach einem Boykott des jüdischen Staates sei eine „Neuformulierung der unmenschlichen Parole ‚Kauft nicht bei Juden‘“. Auch der Vorstand der Bonner jüdischen Gemeinde wurde deutlich. In einem Schreiben an die Stiftung, das Mena Watch vorliegt, heißt es unter anderem: „Wir Juden in Bonn gedenken am 10. November der Gräueltaten der Reichskristallnacht und deren Folgen. Dieser Gedenktag soll darauf aufmerksam machen, was geschehen kann, wenn man den Anfängen nicht wehrt. Es begann mit einem öffentlichen Aufruf: ‚Kauft nicht bei Juden!‘ Die Fortsetzung und die Folgen sind hinlänglich bekannt. Insofern vertreten wir die Auffassung, dass jegliches Auftreten von Vertretern und Sympathisanten von BDS-Gruppen nicht nur mit antiisraelischen, sondern in der Folge mit antisemitischen Tendenzen behaftet ist und eine entsprechende Wirkung verursacht, mit anderen Worten: auch unsere jüdischen Mitbürger in Bonn tangiert.“
Der Geschäftsführer der Stiftung, Manfred Lohmann, antwortete Engelmeier und der jüdischen Gemeinde, er unterstütze „Menschen, die über Dinge berichten, die nicht bekannt und der Diskussion wert sind“. Er finde es „nicht gut, mich oder die Stiftung in die Ecke von Antisemiten zu stellen“. Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck entgegnete daraufhin, wer alle akademischen und kulturellen Institutionen in Israel umfassend und konsequent boykottieren wolle wie die BDS-Gruppe Bonn, handle antisemitisch. Und wer wie Lohmann glaube, diese Boykottbestrebungen seien nicht allgemein bekannt und diskussionswürdig, habe „aus unserer Geschichte nichts gelernt“. Das sei „widerwärtig und demokratisch unsensibel“.
Antisemitische Stimmungsmache
Scharfe Kritik an dieser Versammlung, die im Tagungszentrum Ka Eins im Stadtteil Bockenheim stattfinden soll, äußerte neben der jüdischen Gemeinde in Frankfurt auch der Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker (CDU). KOPI sei, so Becker, „für seine Unterstützung der antisemitischen BDS-Bewegung bekannt“, die „eine zutiefst antisemitische Stimmungsmache“ betreibe, indem sie „die gleiche Sprache benutzt, der sich schon Nationalsozialisten mit ihren Aufrufen ‚Kauft nicht bei Juden‘ bedient haben“. Wer in Frankfurt Stimmung gegen Israel machen wolle, „wer für den Boykott israelischer Waren wirbt und Sanktionen gegenüber diesem Land fordert, ist in unserer Stadt nicht willkommen“. Er halte für angebracht, so Becker weiter, „wenn die Betreiber des Tagungszentrums Ka Eins die Vermietung ihrer Räume für diese Veranstaltung überdenken würden“. Der Bürgermeister bekräftigt damit die Linie der Christdemokraten auf Bundesebene, die im Dezember des vergangene Jahres als erste und bislang einzige Partei in Deutschland einen förmlichen Beschluss gegen die BDS-Bewegung gefasst und diese als antisemitisch bezeichnet haben.
All das zeigt zweierlei: Zum einen, dass die BDS-Gruppierungen und ihre Unterstützer ihre Aktivitäten in Deutschland und Österreich intensivieren und auszuweiten versuchen, zum anderen aber auch, dass ihnen dabei nicht nur Sympathien zufliegen, sondern sie zunehmend mit Kritik und Protesten konfrontiert sind. Und das zumindest teilweise auch aus den Reihen der etablierten Politik. Zudem müssen sie damit rechnen, bei der Suche nach geeigneten Räumen für ihre antisemitischen Veranstaltungen auf Probleme zu stoßen. Die Menschenrechtsmasche, auf die die BDS-Bewegung setzt, verfängt jedenfalls nicht überall. Zu offensichtlich ist es, dass mit ihr das eigentliche Ziel von BDS bemäntelt werden soll: die Verteufelung Israels als Unrechtsstaat, der demzufolge keine Existenzberechtigung besitze und zerstört werden müsse.
Update: Kurz nach dem Erscheinen dieses Textes meldete die Jerusalem Post, dass die Veranstaltung der BDS-Gruppe Bonn im Haus der Stiftung Pfennigsdorf ausfallen wird. Als Begründung wurde die Erkrankung des Geschäftsführers der Stiftung, Manfred Lohmann, genannt. Auch die Anti-Israel-Konferenz in Frankfurt wird nicht stattfinden, zumindest nicht in den Räumlichkeiten des Ka Eins. Der Leiter des Tagungszentrums, Bizhan Alkanaan, hat den Vertrag mit dem Deutschen Koordinationskreis Palästina Israel (KOPI), der die Konferenz veranstalten will, gekündigt. Als Grund gab er gegenüber der Frankfurter Rundschau an, rund 200 E-Mails erhalten zu haben, in denen er für den Entschluss, dem KOPI das Ka Eins zur Verfügung zu stellen, angegriffen worden sei. Auch die Kritik des Frankfurter Bürgermeisters Uwe Becker habe ihn in seiner Entscheidung beeinflusst.