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US-Wahlkampf: Die Republikaner und Israel

Vivek Ramaswamy wollte bei der Vorwahlkampfdebatte der Republikaner Fragen zu Israel ausweichen. (© imago images/USA TODAY Network)
Vivek Ramaswamy wollte bei der Vorwahlkampfdebatte der Republikaner Fragen zu Israel ausweichen. (© imago images/USA TODAY Network)

In der ersten Debatte möglicher republikanischer Präsidentschaftskandidaten wurden große Unterschiede in der Haltung zu Israel deutlich.

Dan Schnur

Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Donald Trump die republikanische Vorwahldebatte insofern gewonnen hat, als er nicht erschienen ist. Aber seine Abwesenheit ermöglichte es uns auch, mehr von den anderen Kandidaten zu hören und somit einen Einblick zu gewinnen, wie die republikanische Partei ihre Zukunft nach Trump angehen könnte. Für diejenigen von uns, denen die Stärke und Zuverlässigkeit der Beziehungen zwischen den USA und Israel am Herzen liegt, war das Ergebnis beunruhigend.

Im Laufe des Abends kristallisierten sich zwei Wege für eine mögliche republikanische Außenpolitik nach Trumps Abgang heraus. Der erste, die am deutlichsten vom ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence und der ehemaligen UN-Botschafterin Nikki Haley verkörpert wurde, klang wie eine Wiederherstellung der Vision der Grand Old Party aus der Zeit vor Trump für ein Amerika auf der Weltbühne, für ein selbstbewusstes und interventionistisches globales Auftreten, das die Verbündeten unterstützt und sie vor potenziell schädlichen ausländischen Aggressionen schützt.

Neuling Ramaswamy

Die Alternative, vertreten durch den Technologieunternehmer Vivek Ramaswamy und den Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, besteht in einem populistischen und isolationistischen Konservatismus, der bis zur Wahl Trumps im Jahr 2016 weitgehend in der Versenkung verschwunden war, seitdem aber innerhalb der Partei an Unterstützung gewonnen hat.

Die beiden Seiten gerieten in Bezug auf die Ukraine und China aneinander, aber ihr bemerkenswertester Streit war jener über Israel, als Haley Ramaswamy für seine Forderung angriff, die amerikanische Hilfe für den jüdischen Staat bis 2028 einzustellen. Ramaswamy versuchte das Thema zu wechseln, indem er seine Bewunderung für die israelische Einwanderungs- und Kriminalpolitik und seine Ablehnung der iranischen Nuklearbestrebungen verkündete. Aber Haley war unnachgiebig und warf ihm vor, einen treuen Freund im Stich lassen zu wollen.

Das Herz der republikanischen Partei

Ramaswamy zeigte eine ähnlich ablehnende Haltung gegenüber der Ukraine und Taiwan und spiegelte damit eine wachsende Stimmung in der Republikanischen Partei wider, die einer globalen Präsenz der USA so misstrauisch gegenübersteht wie nie zuvor seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

Aber die konservative Basis, die sich von einem internationalen Engagement der USA abwendet, hat Israel immer ausgenommen, vor allem wegen des einflussreichen Blocks evangelikaler Christen innerhalb der Grand Old Party (GOP). DeSantis ist ein treffendes Beispiel für diese Dynamik, da er eine deutliche Unterstützung für Israel mit einer eher ambivalenten Haltung gegenüber der Ukraine und anderen globalen Krisenherden verbindet.

Doch Vivek Ramaswamy, der wie Donald Trump ein ungewöhnlich feines Gespür für die Leidenschaften eingefleischter republikanischer Aktivisten hat, scheint bereit zu sein, auch Israel in die umfassende Missachtung der Verpflichtungen der Vereinigten Staaten gegenüber langjährigen Verbündeten einzubeziehen. Sein Argument ist, die Ausweitung der Abraham-Abkommen werde so große wirtschaftliche und sicherheitspolitische Vorteile mit sich bringen, dass eine finanzielle Unterstützung durch die USA nicht mehr notwendig sein wird – eine Analyse, die entweder atemberaubend optimistisch, hoffnungslos naiv oder absichtlich ignorant ist. Aber Ramaswamy würde eine solche Position nicht einnehmen, glaubte er nicht, dass es dafür ein großes Publikum gäbe.

Parteiübergreifende Israelfeindschaft?

In den vergangenen dreißig Jahre kamen die meisten Drohungen gegen Juden und den jüdischen Staat von den üblichen Verdächtigen an den äußersten Enden des politischen Spektrums. Die ultrakonservativen Extremisten, die in Charlottesville und anderswo auftauchten, vertraten einen hässlichen Nationalismus, der sich in »Juden werden uns nicht ersetzen«-Sprechchören äußerte. Ebenso extreme Aktivisten auf der äußersten Linken vertreten einen »Vom Fluss bis zum Meer«-Antizionismus, der so virulent ist, dass er in Antisemitismus umschlägt. Dies hat dazu geführt, dass die amerikanischen Juden mit einem unangenehmen Zwiespalt konfrontiert waren: Obwohl die große Mehrheit der Juden ihre politische Heimat bei den Demokraten sieht, musste sie zur Kenntnis nehmen, dass es die Republikaner waren, die Israel leidenschaftlicher unterstützten.

Aber nehmen wir an, Ramaswamys Eindruck von den einfachen Republikanern ist richtig ist: Was, wenn er Recht hat, dass der wachsende Isolationismus der Konservativen Israel nicht mehr automatisch ausschließt? Hat er Recht, werden Israel und seine Unterstützer bald mit Bastionen des Antizionismus auf der ideologischen Seite der Linken und der Rechten konfrontiert sein, mit Ansammlungen von Anti-Israel-Stimmen in beiden Parteien im Kongress.

Ist das der Fall, könnten sich viele der siebzig republikanischen Stimmen, die in diesem Sommer gegen für eine Aufstockung der Hilfe an die Ukraine gestimmt haben, auch gegen Israel richten und sich mit einer vergleichbaren Anzahl von Demokraten verbünden, um gegen die finanzielle und militärische Unterstützung sowie andere Formen der amerikanischen Solidarität mit Israel zu stimmen.

Mit seinem selbstbewussten Auftreten kann sich Vivek Ramaswamy die Aufmerksamkeit der Medien sichern. Wir werden sehen, ob er das nutzt, um seine Äußerungen zu Israel zu revidieren, zu leugnen oder gar noch zu bestärken.

(Der Text ist vom Jewish News Syndicate veröffentlicht worden. Übersetzung von Florian Markl.)

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