Wir sind erstaunt, dass diejenigen, die uns helfen wollen, es nicht für nötig empfinden, auch einmal mit uns darüber zu sprechen, was wir vor Ort wirklich benötigen.
Moria Corona Awareness Team / Moria White Helmets
Sehr geehrte österreichische Caritas,
im Namen von zwei Selbstorganisationen von Flüchtlingen im Lager Moria in Lesbos möchten wir Ihnen zunächst sehr danken, dass Sie sich um uns kümmern und so viel Zeit und Mühe aufwenden, um 1,5 Millionen Euro für die Unterstützung der Hotspots auf den griechischen Inseln zu sammeln. Wir leben hier in dieser Hölle, und wir sind allen sehr dankbar, die sich um uns sorgen.
Unglücklicher Weise waren nur sehr wenige Organisationen vor Ort, als Corona zum ersten Mal auf der Insel Lesbos ausbrach, und wir alle Angst hatten, dass die Krankheit das Lager Moria erreichen könnte. Wir versuchten, dies zu verhindern, indem wir viele Aktivitäten selbst durchführten, mit der Unterstützung von nur wenigen, hauptsächlich lokalen, Gruppen und Organisationen.
Wir sehen, dass jetzt viele NGOs Geld für die Corona-Prävention sammeln. Aber wir fragen uns auch, warum wir weder kontaktiert noch angerufen werden, wenn es um unsere Bedürfnisse geht. Wir haben immer noch fast kein Wasser, nur sehr wenige Duschen und Toiletten und eine Menge anderer brennender Probleme.
Wir haben erfahren, dass Sie heute im Lager 40.000 Rollen Toilettenpapier verteilt haben, denn, wie Sie sagten, gebe es dafür dringenden Bedarf und eine „Lücke, die es zu schließen gilt“.
Wir sind völlig erstaunt, denn wir können uns nicht vorstellen, dass irgendein Flüchtling Ihnen das gesagt hat. Denn wir brauchen überhaupt kein Toilettenpapier. 90% der Bewohner des Lagers kommen aus Ländern, in denen die Menschen Wasser statt Toilettenpapier benutzen! Und selbst wenn, würde das Toilettenpapier sofort das schlechte Abwassersystem des Lagers verstopfen.
Wir haben einige Aussagen im Lager gesammelt, um zu beweisen, dass wir uns unsere Kritik nicht ausdenken. Jeder, mit dem wir heute gesprochen haben, war erstaunt über diese Spende. Und es ist nicht die einzige, über die solches Erstaunen herrscht. Wir erhalten dieser Tage viele Unterstützungsgegenstände, um die wir nie gebeten haben, wie zum Beispiel Winterkleidung, während der Sommer hier beginnt.
Wir haben nur eine einfache Bitte, die wir schon oft geäußert haben: Wir freuen uns über Hilfe und Solidarität, aber bitte fragen Sie uns vorher, was wir brauchen, denn wir wissen das, da wir jeden Tag hier leben und versuchen müssen, diese Zeiten zu überleben.
Der offene Brief erschien auf Englisch ursprünglich hier.
Große Freude! Wir konnten mit den Verteilungen v Nothilfepaketen im Camp Moria u Camp Karatepe auf Lesbos, u im Camp Vial auf Chios starten. Konkret können tausende Menschen mit Toilettenpapier, Hygieneartikel für Frauen, Seifen, Desinfektionsmittel, Babynahrung versorgt werden.
— cariklaus (@KlausSchwertner) May 11, 2020