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Marokko: Sex-Skandale als Mittel der Repression

Fahne Marokkos (© imago images/Richard Wareham)
Fahne Marokkos (© imago images/Richard Wareham)

Um Kritiker mundtot zu machen, werden in Marokko Sex-Skandale inszeniert, auf die Verurteilungen durch die Justiz folgen.

Marokko hat den Ruf, sich durch seine relative Offenheit von anderen arabischen Staaten zu unterscheiden. Die amerikanische NGO Freedom House etwa, die seit fast fünfzig Jahren verfolgt, wie es um Freiheit und Demokratie weltweit bestellt ist, stuft das Königreich als »teilweise frei« ein, anders als beispielsweise das Nachbarland Algerien, Ägypten oder Jordanien, die allesamt als »nicht frei« bewertet werden.

Verglichen mit den grausamen Repressionsmethoden, die in der arabischen Welt gang und gäbe sind, gilt Marokko nicht zu Unrecht als »moderat«. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch hier kritische Stimmen oft im Gefängnis landen. Wie die Neue Zürcher Zeitung auf Basis eines Berichts von Human Rights Watch berichtet, sind allerdings die Methoden perfider als anderswo. Besorgt um seinen Ruf, wolle das Regime Oppositionelle nicht in offenen politischen Prozessen aburteilen – es setzt lieber darauf, sie mit Sex-Skandalen zu diffamieren und anschließend wegen Delikten wie Ehebruch, außerehelichem Geschlechtsverkehr oder Prostitution gerichtlich verfolgen und verurteilen zu lassen.

Das grundlegende Drehbuch ist dabei immer gleich: Zuerst werden in Medien, die dem Königshof nahestehen oder über gute Kontakte zum Geheimdienst verfügen, Gerüchte über »kriminelle Handlungen« gestreut oder kompromittierendes Material präsentiert. Das können pikante Privatvideos oder Chatverläufe sein, die mittels Spionagesoftware oder auf anderen Wegen beschafft wurden, manchmal sind es aber auch erfundene bzw. inszenierte Vorwürfe, die publik gemacht werden.

Im Falle eines Menschenrechtlers waren das Videos von sexuellen Handlungen mit seiner späteren Frau, die mit in der Klimaanlage versteckten Kameras aufgenommen worden waren. Da die beiden zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch nicht verheiratet gewesen waren, hatten sie verbotenen außerehelichen Sex gehabt, Strafrahmen: bis zu einem Jahr Haft.

Sind die Gerüchte gestreut oder die »kriminellen« sexuellen Handlungen an die Öffentlichkeit gelangt, schaltet sich sodann die Justiz ein, um die Betroffenen vor Gericht zu bringen und zu verurteilen. Dieses abgekartete, gemeinsame Agieren von Presse, Polizei und Justiz kann, wie die NZZ schreibt, »als marokkanische Besonderheit gelten. Kein anderer Staat in Nordafrika und dem Nahen Osten benutzt diese Taktik so oft wie Marokko.«

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