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Marokkanische Menschenrechtsaktivistin: Religion für Gott, das Land für alle

Die marokkanische Menschenrechtsaktivistin Mayssa Salama Ennaji
Die marokkanische Menschenrechtsaktivistin Mayssa Salama Ennaji (Quelle: MEMRI)

In Marokko werden Stimmen laut, die ein Ende der Herrschaft durch religiöse Parteien und eine freie marokkanische Gesellschaft fordern.

Die ehemalige marokkanische Islamistin und jetzige Menschenrechtsaktivistin Mayssa Salama Ennaji sagte am 29. Mai in einer Fernsehsendung auf Sky News Arabia, ihr sei klar geworden, dass die marokkanische Gesellschaft für alle offen sein müsse, während der Islamismus exklusiv und intolerant agiere.

»Die islamistischen Bewegungen behaupten, sie würden Koexistenz und Akzeptanz des anderen unterstützen, sie sagen, dass ihnen jeder willkommen sei, aber wenn sie die Macht ergreifen, dann führen sie Krieg gegen jeden, der nicht mit ihnen übereinstimmt.

In Marokko haben wir jahrhundertelang zusammengelebt: Juden, Muslime, Nicht-Muslime. Wir waren frei. Aber als die Islamische Partei an die Macht kam, begann sie die Marokkaner aufzuteilen in Muslime, die zu der islamischen Gruppe gehören und in diejenigen, die dies nicht tun. Das ist gefährlich für jedes Land und für den Islam als Gemeinschaft insgesamt.«

Auf die Frage der Moderatorin des in den Vereinigten Arabischen Emiraten beheimateten Senders, ob sie »nun den Atheismus oder Modernismus« unterstütze, sagte Ennaji in dem von MEMRI übersetzten Interview:

»Ich unterstütze die Koexistenz und die Akzeptanz für den anderen. Als ich meine Augen geöffnet habe, habe ich erkannt, dass Marokko für alle da ist. Wenn Säkularismus bedeutet: ›Die Religion gehört Allah [Gott] und das Land gehört jedem‹, dann sollten wir das gutheißen, denn das Land sollte jedem gehören – jeder Gruppe und jeder Religion.«

Auf die anschließende Frage, ob sie das Verbot religiöser Parteien in Marokko und der arabischen Welt unterstütze, antwortete Ennaji:

»Glauben Sie mir, wir müssen sie nicht verbieten. Die Leute haben das Hausierengehen [der Islamisten] mit den Aussprüchen Allahs und des Propheten Mohammeds satt, statt dass sie sich um ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Gesundheit, Bildung und angemessenen Wohnraum kümmern.

Die Menschen wissen, dass die Islamisten mit der Religion hausieren gehen und dass sie keine richtigen Eignungen und Fähigkeiten besitzen. Sie werden diese Bewegungen mit ihren eigenen Mitteln loswerden, sodass es keine Notwendigkeit gibt, sie zu verbieten. […]

Ich glaube, dass die Zeit gekommen ist, aufzuwachen. Die Menschen beginnen aufzuwachen, vom [Atlantischen] Ozean bis zum [Persischen] Golf. Wir werden es mit dem Heranwachsen dieser Generation sehen, in den nächsten zwei Jahrzehnten. Es wird keine Möglichkeit für den Aufstieg von Parteien mehr geben, die mit der Religion oder mit anderen Ideologien oder Quellen von Autorität hausieren gehen.«

Zum Abschluss richtetet die Reporterin noch die Frage an Ennaji, ob sie die Kriminalisierung von außerehelichen Beziehungen unterstütze, worauf die Marokkanerin erwiderte:

»Natürlich nicht. Unter uns, in unserer Gesellschaft, leben Menschen anderer Religion, die Beziehungen außerhalb der Ehe nicht als Ehebruch betrachten. Wie können wir sie also dafür einsperren, dass sie ihre Freiheit ausleben und Dinge tun, die sie nicht als haram [verboten] betrachten?

Wir behaupten, den anderen zu akzeptieren und an Koexistenz zu glauben, aber wenn jemand mit anderen Ideen und einer anderen Religion daherkommt, wollen wir ihn für seine Religion oder seine Ideen bestrafen. Das macht keinen Sinn mehr.

Wir wandern alle in [westliche] Länder aus, wo Freiheit herrscht, und applaudieren ihrer Demokratie. Warum können wir hier nicht dieselbe Demokratie praktizieren?«

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