Heerscharen von Akademikern widmen sich der Verdammung des Imperialismus. Den aktuellen iranischen Imperialismus ignorieren sie dabei aber hartnäckig.
A. J. Caschetta, National Review
Wenn mächtige Länder ihre (unfairen) Vorteile gegenüber schwächeren Ländern geltend machen, ihre Werte und Kulturen durchsetzen und die einheimische Wirtschaft manipulieren, gehören Akademiker zu den lautesten und kreativsten Kritikern. Selbst der wohlwollendste Einfluss eines mächtigen Landes auf ein schwächeres wird verurteilt – man denke nur an die lange Besessenheit von dem, was manche “Cocacolonization” nennen. Scharen von Aktivisten im Mantel von Gelehrten sind damit beschäftigt, unter Rückgriff auf die Geschichte Licht in die Gegenwart zu bringen, Parallelen zwischen der finsteren Ära des europäischen Kolonialismus und der vermmeintlich andauernden amerikanischen oder israelischen Kolonisierung zu ziehen, überall nach Zeichen westlicher, amerikanischer und trumpianischer Unterdrückung zu suchen und ein neues amerikanisches Imperium zu proklamieren. (…)
Wenn also der Berufsstand so hartnäckig die Übel des Kolonialismus bekämpft, warum ignoriert er dann den Iran? (…)
Jedes Jahr erscheinen Bücher über den (realen oder imaginären) Aufbau britischer und amerikanischer Imperien im Iran und im weiteren Nahen Osten. Das Thema hat viele berufliche Karrieren ermöglicht, die bereit sind, vor dem Altar von Edward Said zu knien, indem sie angebliche Übel des europäischen und amerikanischen “Orientalismus” aufdecken. Doch kaum einer der Wissenschaftler schreibt über eines der offensichtlichsten und blutigsten Kolonisierungsprojekte der Welt, selbst wenn es sich direkt vor ihren Nasen abspielt. (…)
Als sich im vergangenen Monat Hunderte, vielleicht Tausende von ihnen in New Orleans bei der Jahrestagung der Middle East Studies Association (MESA) versammelten, ist ihnen das Thema offenbar völlig entgangen. Im Laufe von vier Tagen haben sie 20 Sitzungen mit jeweils 18 bis 24 Themen für insgesamt 304 Veranstaltungen einberufen: Panels, runde Tische, thematische Gespräche, Konferenzbeiträge und spezielle Sitzungen zu aktuellen Themen. In jeder dieser Veranstaltungen hat mindestens ein halbes Dutzend Experten präsentiert, den Vorsitz geführt oder referiert.
Aber keine einzige Veranstaltung war dem kolonialen Einfluss des Iran im Libanon, im Irak, in Syrien oder im Jemen gewidmet. Es gab nichts über das aufsteigende iranische Reich. Das Reich der Qadscharen hingegen wurde in mehreren Sitzungen behandelt. [Die Dynastie der Quadscharen herrschte in Persien vom späten 18. Bis ins frühe 20. Jahrhundert] Beliebt waren auch Veranstaltungen über einen Ort, der entweder “Palästina/Israel” oder “Israel/Palästina” hieß (…).