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Trockenperiode gibt versunkene irakische Stadt frei

Die Mossul-Talsperre in der Region Ninive im Irak
Die Mossul-Talsperre in der Region Ninive im Irak (© Imago Images / ZUMA Wire)

So schnell, wie sie auferstanden ist, so schnell verschwand sie auch wieder – dank einer Dürreperiode und eines nun wieder aufgefüllten Stausees.

Der Irak gehört zu jenen Staaten, die seit Monaten von einer Hitze- und damit verbundenen Dürreperiode betroffen sind. Vor allem die Landwirtschaft leidet unter der Trockenheit. Damit es zu keinen Ernteausfällen kommt, müssen die Anbauflächen zusätzlich bewässert werden, weshalb seit Monaten wesentlich mehr Wasser aus dem Mossul-Stausee benötigt wird als zu normalen Zeiten.

Der imposante Mossul-Staudamm mit einer Länge von 3,6 Kilometern, einer Breite von 700 Metern und einer 135 Meter hohen Mauer in der Provinz Ninive im Norden des Landes wurde im Jahr 1986 fertiggestellt. Er staut den Tigris auf und sorgt für die Wasser- und Energieversorgung der Region. Der Stausee umfasst ein Volumen von zwölf Milliarden Kubikmeter Wasser, das angeschlossene Kraftwerk erzeugt Energie für fast zwei Millionen Einwohner.

Durch die vermehrte Wasserentnahme im Laufe der letzten Monate sank der Pegel im Stausee in einem noch nie dagewesenen Ausmaß – und sorgte für eine Sensation: Quasi über Nacht kamen bei Kemune in der irakischen Region Kurdistan die Reste einer uralten Stadt zum Vorschein, die deutsche und kurdische Archäologen für das antike Zakhiku halten, dessen Alter auf rund 3.400 Jahre geschätzt wird.

Zakhiku war ein wichtiges Handelszentrum in der Zeit des mittanischen Reiches, das im 15./14. Jhd. v. Chr. seine größte Ausdehnung fand und später im assyrischen Reich aufging. Zu seiner Zeit war Mittani neben dem ägyptischen das bedeutendste Imperium des heutigen Nahen Ostens.

Rennen gegen die Zeit

Das Wiedererscheinen Zakhikus veranlasste ein Forscherteam um den kurdischen Archäologen Hasan Ahmed Qasim, Vorsitzender der Kurdistan Archaeology Organization, und die deutschen Archäologen Ivana Puljiz, Universität Freiburg, und Peter Pfälzner, Universität Tübingen, sich sofort um die antiken Reste zu kümmern.

In Zusammenarbeit mit dem Directorate of Antiquities and Heritage in Duhok (Region Kurdistan im Irak) wurden im Januar und Februar Grabungsarbeiten begonnen, bei denen mehrere Gebäude und eine Befestigungsanlage mit Türmen freigelegt wurde. »Die Ausgrabungsergebnisse zeigen, dass die Stätte ein wichtiges Zentrum im Mittani-Reich war«, bestätigt Hasan Ahmed Qasim.

Den Archäologen war bewusst, dass ihnen nur ein geringes Zeitfenster zur Verfügung stand, und so arbeiteten sie unter Hochdruck, um so viel wie möglich untersuchen zu können.

Archäologische Sensation

Dabei entdeckten sie einen Palast, einige Großbauten und ein mehrstöckiges Lagergebäude. »Das riesige Magazingebäude ist von besonderer Bedeutung, weil darin enorme Mengen an Waren gelagert haben müssen, die wahrscheinlich aus der ganzen Region gebracht wurden«, vermutet Ivana Puljiz.

Sehr zu ihrer Verwunderung entdeckten die Forscher nicht nur Gebäude, sondern auch fünf Keramikgefäße, in denen über hundert mit Keilschrift beschriebene Tafeln aufbewahrt waren. Laut Schätzung stammen sie aus der mittelassyrischen Epoche. Die Keilschrift ist ein Schriftsystem, das im heutigen Nahen Osten jahrhundertelang von vielen Kulturvölkern verwendet wurde.

»Dass Keilschrifttafeln aus ungebranntem Ton so viele Jahrzehnte unter Wasser überstanden haben, grenzt an ein Wunder«, freut sich Peter Pfälzner. Doch seine Freude währte nur kurz. Mittlerweile ist der Stausee wieder aufgefüllt und die Stadt im Wasser versunken – bis zum nächsten Mal.

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