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Teherans Angriff auf Israel und seine Wirkung auf die Menschen im Iran

Graffito im Iran: »Schlag sie, Israel. Die Iraner stehen hinter Dir«
Graffito im Iran: »Schlag sie, Israel. Die Iraner stehen hinter Dir« (Quelle: Twitter)

Der Abschuss von mehr als dreihundert Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen in Richtung Israel, von denen nachweislich mehr als neunzig Prozent außerhalb des israelischen Hoheitsgebiets neutralisiert werden konnten, hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Psyche der iranischen Bevölkerung.

Farzad Amini

Die geschätzten finanziellen Kosten seines Angriffs auf Israel belaufen sich für den Iran auf über dreiunddreißig Billionen Toman, was inflationsbereinigt laut Experten rund 75 bis 90 Millionen Euro ausmacht. Doch auch emotionale und psychologische Kosten hat die Attacke verursacht, hat er der Bevölkerung doch Angst und Schrecken eingeflößt. So waren die Menschen nach der Attacke besorgt über mögliche Vergeltungsmaßnahmen Israels und die Aussicht auf einen anschließenden Krieg. 

Diese Befürchtung wurde dadurch noch verstärkt, dass die Iraner, die das Regime mehrheitlich nicht unterstützten, befürchten, von eben diesem als menschliche Schutzschilde missbraucht zu werden, zumal sie wissen, dass die Islamische Republik, so wie ihre Verbündeten von der Hamas, zivile Einrichtungen für militärische Zwecke nutzen, um Israel und seinen Partnern dann die Opfer zuschreiben zu können. Die Kombination all dieser Faktoren hat die Angst und Besorgnis in der Bevölkerung verstärkt und bei vielen, die den iranisch-irakischen Krieg erlebt haben, Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ausgelöst.

Obwohl Hunderte Raketen und Drohnen abgefeuert wurden, wurde kaum Schaden in Israel angerichtet und kein einziger israelischer Soldat verletzt. Was für ein Regime ist das, fragen sich viele Iraner, das Frauen zu Tode prügelt, die sich der Hidschab-Pflicht widersetzen, das Demonstranten die Augen ausschießt und sie mit Steinen und (Schlag-)Stöcken tötet, das aber mit dem Einsatz von Billionen von Toman nicht einmal minimalen Schaden beim proklamierten »teuflischen Erzfeind« auslösen kann? Dies offenbart einmal mehr die Feigheit des Regimes der Islamischen Republik Iran, das nichts kann als große Worte im Mund zu führen und wehrlose Menschen zu tyrannisieren.

Zunehmende Frustration

Durch den Angriff auf Israel wurde der Bevölkerung erneuet die Unzulänglichkeiten des Regimes, insbesondere im Umgang mit anderen Nationen, deutlich vor Augen geführt. So mag die Regierung zwar gegen die Opposition im eigenen Land stark sein, erweist sich aber als völlig unfähig, wird es mit externen Herausforderungen konfrontiert. Trotz jahrelanger Investitionen in Raketen- und Drohnenkapazitäten scheint die militärische Macht begrenzt und nicht in der Lage zu sein, die Interessen des Landes auf der Weltbühne wirksam durchzusetzen.

Diese Erkenntnis hat zu wachsender Frustration in der Bevölkerung geführt, die mit ansehen muss, wie beträchtliche finanzielle Mittel in militärische Projekte fließen, ohne dass sich daraus greifbare Vorteile für die Sicherheit oder den Wohlstand ergeben. Die gewaltigen Investitionen haben es nicht geschafft, die nationale Sicherheit zu stärken oder ein Druckmittel in diplomatischen Verhandlungen ins Spiel bringen zu können, was die Bürger desillusioniert.

Darüber hinaus geht die Fehlallokation von Mitteln für das Militär auf Kosten der Lösung dringender innenpolitischer Probleme wie Wirtschaftswachstum, sozialer Wohlstand und Lebensstandard. Die Menschen sind zunehmend verbitterter, weil Militärausgaben Vorrang vor Investitionen in die Infrastruktur, das Gesundheitswesen, die Bildung und die Schaffung von Arbeitsplätzen haben, die ihr tägliches Leben unmittelbar verbessern könnten.

Diese Frustration wird durch die Tatsache verstärkt, dass die Verteidigungsstrategien trotz erheblicher Militärausgaben veraltet und für den wirksamen Umgang mit modernen Bedrohungen schlecht gerüstet scheinen. Der Mangel an Anpassungsfähigkeit und Innovation bei den militärischen Taktiken untergräbt das Vertrauen in die Fähigkeit des Regimes, die Interessen der Nation zu schützen. Letztlich hat die Unfähigkeit der Herrschenden, ihre militärischen Mittel wirksam gegen externe Faktoren einzusetzen, das Vertrauen der Öffentlichkeit untergraben und den Eindruck von staatlicher Inkompetenz und verzerrten Prioritäten bei der Verwaltung des Landes verstärkt. In dem Maße, in dem die Bürger sehen, dass das Regime nicht in der Lage ist, aus seinen militärischen Investitionen irgendeinen greifbaren Nutzen zu ziehen, wächst ihre Enttäuschung über die Führung des Landes.

Grundlegende Erschütterung

Das schwindende Vertrauen der Menschen wird durch zusätzliche Faktoren noch weiter verstärkt. Die langjährige Rhetorik des Regimes von nationaler Sicherheit und Überlegenheit gegenüber den Nachbarländern ist durch die jüngsten Ereignisse erschüttert worden. Der Angriff auf Israel und der israelische Gegenschlag haben gezeigt, dass die regierende Kaste nicht annähernd in der Lage ist, die Nation militärisch zu verteidigen, was ihre Glaubwürdigkeit weiter schmälert.

Die Diskrepanz zwischen Rhetorik und Taten ruft in der Bevölkerung immer stärkere Desillusionierung hervor. Die verzweifelten Versuche des Regimes, seine Fassade der Stärke aufrechtzuerhalten, sind nach hinten losgegangen. Die Medien haben militärische Erfolge vorgegaukelt, indem sie Filmmaterial das nicht mit dem Angriff auf Israel in Zusammenhang stand, ausstrahlten, um damit die Stärke der Nomenklatura zu »beweisen«, was aufgrund der Offensichtlichkeit der Fälschungen das Vertrauen der Öffentlichkeit aber nur weiter schwinden ließ.

Zu einem Zeitpunkt wie dem jetzigen, zu dem sich der Iran in einer tiefen Krise befindet, ist der einzige Trost des Regimes – die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit – durch seine eigene fehlgeleitete Politik bedroht. Das Schreckgespenst israelischer Vergeltungsmaßnahmen und die Leichtigkeit, mit der diese durchgeführt wurden, ohne dabei zivile Opfer zu fordern, offenbart die Ohnmacht einer Führungsriege, die außer großspuriger Propaganda und Repression gegen die eigenen Bürger nichts zu bieten hat. Die »wenig überzeugende Leistung« des Regimes bei seinem Angriff auf Israel hat auch im Iran breite Kritik ausgelöst. Als Reaktion darauf greifen die Mullahs auf ihre übliche Taktik der Unterdrückung abweichender Meinungen zurück und drohen jedem, der es wagt, deren Handlungen zu kritisieren, mit schwerer Bestrafung. Zu diesem harten Vorgehen gehört auch die Verhaftung mehrerer Journalisten, die über den Angriff berichtet haben.

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