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Kritik am Islam ist weder Hass noch eine Phobie

Vor der Welle islamistischen Terrors wurde in Europa über den Islam und Muslime kaum geredet – und wenn, dann meist nicht negativ. (Michael Foran/CC BY 2.0)
Vor der Welle islamistischen Terrors wurde in Europa über den Islam und Muslime kaum geredet –  und wenn, dann meist nicht negativ. (Michael Foran/CC BY 2.0)

Es gibt gute Gründe, über den zeitgenössischen Islam besorgt zu sein – mit Hass oder einer irrationalen Phobie hat das in aller Regel nichts zu tun.

Ruud Koopmans, Neue Zürcher Zeitung

Es besteht kein Zweifel, dass viele Menschen ein negatives Bild vom Islam und von Muslimen haben und dass manche den Islam sogar fürchten. Aber ist dies eine Phobie im Sinne einer übertriebenen, nicht auf Tatsachen gründenden, krankhaften Angst?

Es gibt durchaus Grund zur Sorge um den zeitgenössischen Islam, besonders wenn man weiblich, homosexuell, jüdisch, ungläubig, kritisch muslimisch oder Mitglied einer religiösen Minderheit ist. (…)

Sollte ein als solcher erkennbarer Jude, der es vorzieht, Stadtviertel mit vielen Muslimen zu meiden, einen Termin beim Psychiater machen, um seine Angststörung behandeln zu lassen?

Sind schwule Paare, die bei ihrer Urlaubswahl auf muslimische Länder verzichten, vorurteilsbehaftete Muslimhasser?

Sind Schriftsteller, Komiker, Journalisten und Blogger, die es vermeiden, sich satirisch oder kritisch über den Islam zu äußern, rassistische Angsthasen?

Sind Frauen wie Ayaan Hirsi Ali und Seyran Ateş, die die Unterdrückung von Frauen, von der die islamische Welt durchdrungen ist, anprangern, hasserfüllte Verräterinnen ihrer eigenen Kultur?

Der Begriff der Islamophobie unterstellt, berechtigte Sorgen und Ängste über den real existierenden Islam seien irrationale Formen des Hasses, und macht so Opfer zu Tätern. Umgekehrt werden Täter zu Opfern gemacht. (…)

Mit anderen Worten, vor der Welle jihadistischer Angriffe, die ab 2001 die Welt überrollte, gab es in Westeuropa kaum eine Debatte über Muslime oder den Islam. Türken, Marokkaner und andere Gruppen aus islamischen Ländern wurden hauptsächlich auf der Grundlage ihrer Nationalität oder ethnischen Zugehörigkeit und nicht auf der Grundlage ihrer Religion angesprochen.

In den wenigen Fällen, in denen der Islam thematisiert wurde, waren negative Meinungen sogar deutlich in der Minderheit. Die meisten Aussagen richteten sich gegen Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit oder sprachen sich für eine Ausweitung der Rechte von Muslimen aus. (…)

Wenn Menschen Flugzeuge in Gebäude lenken, Busse, Züge und U-Bahnen in die Luft jagen, Lastwagen in Menschenmengen steuern, Massaker in Diskotheken, Synagogen und Konzertsälen verüben, dabei Gott anrufen und erklären, dass sie im Namen ihrer Religion handeln – nun, dann liegt es nahe, dass Politiker und Medien auf diese Religion sowie auf die religiösen Überzeugungen und Quellen, von denen die Täter sagen, dass sie von ihnen inspiriert wurden, aufmerksam werden. (…)

Wenn es in der öffentlichen Debatte in Westeuropa etwas gab, was den Fundamentalismus und die Radikalisierung gefördert hat, dann ist es nicht der vermeintlich negative „Ton“ der Debatte über Muslime und den Islam, sondern eher ein zu weitreichendes, naives Entgegenkommen gegenüber Forderungen, die von konservativen oder sogar fundamentalistischen Vertretern des Islam erhoben wurden. Die Umkehrung von Ursache und Wirkung sowie von Opfer- und Täterschaft, die durch den Islamophobie-Diskurs vollzogen wird, lenkt die Aufmerksamkeit von der Notwendigkeit islamischer Reformen ab und macht die Außenwelt für alles verantwortlich, was in der islamischen Welt schiefläuft.

Wer Kritik am Islam pauschal als Islamophobie abtut, spielt den Fundamentalisten in die Hände

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