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Jesidisches Mädchen beschreibt Vergewaltigungshölle des IS

Von Raymond Ibrahim

Am 22. März 2016 wurde in der von Ja‘far Abdul moderierten Sendung Shabaab [Jugend-] Talk im arabischen Programm der Deutschen Welle ein auf Arabisch geführtes TV-Interview mit einem jesidischen Mädchen ausgestrahlt, das Gefangenschaft und Sexsklaverei durch den Islamischen Staat erdulden musste.

Die Teenagerin, die unter dem Pseudonym Birvan auftrat, wurde versklavt, als sie 15 Jahre alt war, und durchlitt Monate der Gefangenschaft, bevor ihr die Flucht gelang. Heute ist sie 17. Auf der Grundlage des 40-minütigen Interviews stellt sich ihre Geschichte wie folgt dar:

Jesiden, die aus ihrem vom Krieg verwüsteten Dorf in der Nähe von Tel Affar, Irak, flohen, wurden auf einer Straße von vier Mitgliedern des IS gestoppt. Die Männer schworen, dass den Jesiden kein Leid geschehen würde, wenn sie kooperativ wären und ein paar Fragen beantworten würden; dann dürften sie in Frieden in ihre Häuser zurückkehren. Vom Moderator gefragt, um wie viele Jesiden es sich gehandelt habe, sagt Birvan, dass es ihrer Erinnerung nach nur 95 Männer und ihre Familien gewesen seien – „viele, viele Frauen und Kinder“.

Bald darauf seien 17 Fahrzeuge des IS „voller Männer“ erschienen. Die Männer wurden aggressiv, kommandierten die Jesiden herum; sie trennten die Männer von den Frauen und führten sie weg – darunter Birvans Vater, ihre Brüder und Onkels. Die Frauen und Kinder wurden in verschiedene Gebäude gebracht und in verschlossene Räume gesperrt.

Die Kämpfer des IS sagten, sie würden die Männer lediglich an einen anderen Ort bringen. Doch kurz nachdem sie verschwunden waren, hörte Birvan viele Gewehrschüsse. „Das Geräusch dieser Schüsse werde ich nie vergessen“, sagt sie. Später fand sie die Leiche ihres Vaters. Ihre Brüder und Onkels hat sie nie wieder gesehen; sie ist davon überzeugt, dass sie alle massakriert wurden.

Die Frauen wurden dann an verschiedene Plätze gebracht, wo sie jeweils einige Tage verbrachten. Birvan gelang es, nahe bei ihrer Mutter zu bleiben. Regelmäßig jagten die Mitglieder des IS den Frauen Angst ein, feuerten in die Luft und riefen „Allah Akbar“ („Allah ist der Größte“). „Wir alle“, sagt Birvan, „drängten uns zusammen und hielten uns in Angst und Schrecken aneinander fest.“

Wenn sie versuchen sollten zu fliehen, würden sie sie töten, hätten die Mitglieder des IS den Frauen gesagt, so Birvan. „Meine Mutter hielt mich immer eng an sich fest, aus Angst, sie könnten auch mich nehmen, nachdem sie ihr die ganze Familie – den Ehemann, Kinder und Brüder – weggenommen hatten.“

Dieser Tag kam. Birvan sagt, sie und ihre Mutter hätten einander eng umschlungen gehalten und geweint, als der IS sie gezwungen habe, sich voneinander zu trennen. Ihre Mutter und alle anderen Frauen mittleren Alters brachten sie an einen anderen Ort:

„Der schlimmste Moment, an den ich mich erinnere, war der, als meine Hand die meiner Mutter umklammert hatte und dann mit Gewalt gelöst wurde. Dies war das Schlimmste – nicht nur für mich, sondern für all die Mädchen und Kinder. … Sie erschossen jede Frau, die sich weigerte zu gehen.“

Als nächstes wurden alle Jungen über sechs Jahren zu einem Militärtrainingslager gebracht, offenbar, um sie zum Islam zu konvertieren und dann zu IS-Kämpfern auszubilden.

Dann wurde Birvans Gruppe – Mädchen und Frauen im Alter zwischen 9 und 22 – an einen anderen Ort in Mossul gebracht:

„Ich erinnere mich, wie ein Mann, der mindestens wie 40 aussah, kam und sich ein zehnjähriges Mädchen nahm. Als sie Widerstand leistete, schlug er es heftig, traktierte es mit Steinen und hätte es erschossen, wenn es nicht mit ihm gegangen wäre. Alles gegen ihren Willen.“

Birvan begegnete dort weiteren 5.000 versklavten jesidischen Mädchen. „Sie kamen immer und nahmen sich irgendein Mädchen gegen dessen Willen; weigerte es sich, töteten sie es an Ort und Stelle.“

„Üblicherweise kamen sie und kauften die Mädchen ohne einen Preis. Das heißt, dass sie zu uns Jesidenmädchen sagten: Ihr seid sabiya [Kriegsbeute, Sexsklaven], ihr seid kuffar [Ungläubige], ihr werdet ohne einen Preis verkauft“.

Sie hatten also keinen Wert, was erklärt, dass Jesidische Mädchen im Tausch gegen ein paar Packungen Zigaretten „verkauft“ wurden. „Jeder, der an unserem Zimmer vorbeikam und Gefallen an uns fand, sagte einfach: ‚Los, gehen wir‘.“

Auch Birvan kam an die Reihe, ein Mann sagte „komm mit“. „Ich weigerte mich und leistete Widerstand. Er schlug mich brutal.“ Er kaufte sie und zwang sie in sein Haus, das vormals Jesiden gehört hatte. Dort musste sie ihm zu Diensten sein, um zu überleben.

Nach ihm gefragt, sagt Birvan: „Er war wirklich verkommen, wirklich übel. Wenn man ihn sah, da gab es keinen Unterschied zwischen ihm und einem wilden Tier. Tiere haben sogar mehr Barmherzigkeit in ihrem Herzen als die [Leute des IS].“

Als Ja‘far Abdul nach weiteren Einzelheiten ihrer täglichen Erfahrungen fragt, ist Birvan dies sichtlich unangenehm. Immer wieder macht sie Pausen und wiederholt nur das Wort „Vergewaltigung“. An einer Stelle sagt sie: „Da waren 48 IS-Mitglieder in dem Haus und wir zwei Mädchen – zwei Jesidenmädchen.“ Sie sagt dies, wie um zu sagen: „Benutz dein Vorstellungsvermögen“.

Sie erzählt, wie ihre Freundin einmal in einen Nebenraum gebracht wurde: „Man kann nicht begreifen, was dort geschah!“ Sie hörte, wie ihre Freundin ihren Namen rief und schrie: „Bitte hilf mir, rette mich!“

Ihr einziger, immer wiederkehrender Gedanke war:

„Was haben diese Kinder – oder ich – Böses getan, um all dies zu verdienen? Ich habe meinen Vater und meine Brüder verloren, selbst meine Mutter wurde mir weggenommen. … Wir waren nur Kinder. Jedes Mädchen, das älter als neun war, wurde von ihnen mitgenommen und vergewaltigt.“

Sie habe viermal versucht, Selbstmord zu verüben, sagt Birvan. Einmal nahm sie 150 Pillen, die sie in dem Haus gefunden hatte – was es für welche waren, wusste sie nicht. Sie erlitt eine Vergiftung, starb aber nicht. Abdul fragt, ob irgendjemand sie zum Krankenhaus gebracht habe. „Welches Krankenhaus?! Sie haben mich nur noch mehr geprügelt!“

Birvan versuchte auch, Benzin zu trinken und schlitzte sich die Pulsadern auf. „Das Leben war ein Alptraum“, sagt sie.

Bei Reisen wurden jesidische Frauen gezwungen, Burkas zu tragen, vor allem, um zu verdecken, wer sie waren. Sonst nötigten sie die Mädchen, sich spärlich zu bekleiden. „Alles war einfach für sie.“

Gefragt, ob es einen Alltag gab, sagt Birvan: „Jeden Tag starb ich hundert Tode. Nicht nur einmal. Jede Stunde starb ich, jede Stunde. … An den Schlägen, an dem Elend, an der Folter.“

Schließlich gelang es ihr zu fliehen: „Nur deshalb, weil ich so entschlossen war, dass es mir egal war, ob ich gefasst würde. Beides, Flucht und Tod, war besser, als dort zu bleiben.“

Andere jesidische und sonstige nichtmuslimische Frauen, die unter dem Islamischen Staat leben, konnten nicht fliehen; sie hoffen darauf, dass wir sie befreien.

Der Text erschien auf Englisch unter dem Titel: „Yazidi Girl Exposes ISIS Rape Hellhole“ und wurde von Stefan Frank ins Deutsche übersetzt.

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