Bei der Anfang November stattfindenden fünften Parlamentswahl seit April 2019 werden vierzig Parteien antreten.
Vergangenen Donnerstag um Mitternacht endete die Frist für die Wahlparteien, ihre Kandidatur bei den kommenden Wahlen zum israelischen Parlament am 1. November bekannt zu geben. Letztlich erklärten vierzig Listen, antreten zu wollen, wobei sich wie nach den vier Wahlen der vergangenen fünf Jahre, die keine eindeutige Entscheidung brachten, weiterhin zwei Blöcke gegenüberstehen:
Der Block des ehemaligen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vom rechtsliberalen Likud mit den orthodoxen Parteien und der Block des gegenwärtigen Ministerpräsidenten Yair Lapid mit seiner liberalen Liste Jesh Atid und mehreren Parteien von rechts bis links, denen die Gegnerschaft zu Netanjahu gemeinsam ist, sowie der arabischen Liste Raam. Die Vereinigte Liste von Kommunisten und arabischen Nationalisten blieb unabhängig und ist keinem der beiden Blöcke zugeordnet, aber im Zweifelsfall gegen Netanjahu eingestellt.
Wahlarithmetische Geplänkel
Um in der Knesset vertreten zu sein, muss eine Partei einen Stimmenanteil von mindestens 3,25 Prozent erhalten. Beide Gruppen versuchten daher, kleine Parteien in ihrem Umfeld zur Vereinigung zu veranlassen und weitere Spaltungen zu verhindern, um Reststimmen nicht zu verlieren. Yair Lapid gelang es allerdings nicht, die Arbeiterpartei und die linkssozialistische Meretz zu einer gemeinsamen Kandidatur zu bewegen. Beiden Parteien und auch der Liste Jisra’el Beitenu von Avigdor Liebermann werden maximal vier bis fünf Mandate prognostiziert.
Einen weiteren Rückschritt erlitt Lapid, als er einen Kampagnenleiter entlassen musste, der für einen Werbespot verantwortlich war, der sich gegen die orientalischen Wähler des Likud richtete, deren Interessen jenen der Einwanderer aus Russland angeblich vorgezogen würden. Lapid versuchte den Schaden mit der Aussage zu begrenzen, dass in keiner anderen Partei so viele Kandidaten mit orientalischen oder afrikanischen Wurzeln zu finden sind wie bei Jesh Atid.
Aus der Vereinigten Liste schied die arabische radikale Liste Balad aus, die sich entschloss, diesmal allein zu kandidieren. Wahlarithmetisch hilft dies wahrscheinlich Netanjahu, dem es durch eine Vereinbarung mit dem extremen Nationalisten Itamar Ben Gvir auch gelang, eine Spaltung der nationalreligiös zionistischen Liste und der streng orthodoxen Thoratreuen Liste zu verhindern. Netanjahu war bereit, der Thoratreuen Liste zuzusichern, streng religiöse Schulen nicht zum Unterricht profaner Fächer zu verpflichten.
Zwei Kandidaten der in Auflösung befindlichen Yamina-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Naftali Bennett wurden auf wählbare Plätze der Liste des Likud gesetzt. Die umstrittene ehemalige Justizministerin Ajelet Shaked dürfte mit ihrer Partei unter dem Namen Jüdisches Haus nicht genug Stimmen bekommen, um die Barriere von 3,25 Prozent zu überwinden.
All diesen kleinen Neuerungen zum Trotz lassen die Meinungsumfragen noch keine klare Mehrheit für einen der Blöcke erkennen, was bedeutet, dass Israel viele weitere Monate innenpolitischer Unsicherheit bevorstehen könnten.