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Korruption: Irans Hochschulzulassungssystem begünstigt die Reichsten

Prüfung zur Hochschulzulassung im Iran
Prüfung zur Hochschulzulassung im Iran (Quelle: Mina00kazemi / CC BY-SA 4.0)

Hinter den Kulissen ist die Aufnahme an eine iranische Hochschule bestimmt von einem korrupten System, das ausschließlich den Kindern der reichsten Schichten eine Chance gibt.

Studenten aus den wohlhabendsten Familien haben eine viel größere Chance auf eine Zulassung zu den Spitzenuniversitäten im Iran, was viele auf die Korruption bei den Aufnahmeprüfungen zurückführen. So sagte der Funktionär des Obersten Rates der Kulturrevolution, Mansour Kabkanian, in einer Sendung des staatlichen Fernsehens am Sonntag, 48 Prozent der begehrten dreitausend Studienplätze, zum Beispiel für Medizin und Ingenieurwesen, würden von Studenten aus den einkommensstärksten Familien besetzt werden, während Studenten aus den unteren Einkommensschichten nur 0,2 Prozent der Plätze Spitzenuniversitäten erhalten. 

Bescheidene 1,3 Prozent der Bewerber aus den untersten drei Perzentilen schafften es zu den medizinischen und zahnmedizinischen Fakultäten gegenüber 86 Prozent aus den obersten drei Perzentilen, sagte Kabkanian und fügte hinzu, in einigen Ingenieursfächern wie Elektrotechnik an der Sharif University of Technology hätten die drei untersten Perzentile überhaupt keine Chance, während die aus den obersten drei Perzentilen Zugelassenen 87 Prozent aller Studenten ausmachten.

Viele Iraner sind der Meinung, dass die standardisierten Hochschulaufnahmeprüfungen, die in der Regel jedes Jahr im Sommer landesweit abgehalten werden, für diese große Kluft zwischen Studenten aus wohlhabenden und unterprivilegierten Familien verantwortlich ist. Sie argumentieren, dass der Concours genannte Zulassungsprozess nur diejenigen präferiere, die Geld haben: sie könnten sich nicht nur Top-Privatschulen, Vorbereitungsklassen und fachkundige Beratung für die beste Wahl, sondern auch korrupte Praktiken wie den Kauf der Testfragen und der richtigen Antworten zu astronomischen Preisen leisten. 

Concours-Mafia

Die Regime-Funktionäre, die vom lukrativen Geschäft mit der Durchführung von Concours-Kursen und der Veröffentlichung von teurem Studienmaterial profitieren, haben jahrelang ihren Einfluss und ihr Geld genutzt, um zu verhindern, dass das Aufnahmeprüfungssystem durch transparentere und gerechtere Methoden für die Zulassung von Studenten zu den Universitäten ersetzt wird, wie die Medien seit Jahren berichten, die von einer regelrechten »Concours-Mafia« sprechen. 

»Die Concours-Mafia korrumpiert seit Jahren die Prüfungen. In den öffentlichen Schulen lernt man, dass zwei plus zwei vier ergibt, während man in der Concours-Prüfung die Masse der Sonne im Kopf berechnen muss«, twitterte ein Kritiker

Die Mafia richte die Schulen für die Prüfungsvorbereitung so ein, »dass man ihre Taschen füllen muss, um erfolgreich zu sein. Diejenigen, welche die Testfragen erstellen, machen sie absichtlich schwierig, um den Schlüssel zu den Testfragen vor der Prüfung verkaufen zu können«, um Profit zu machen, fügte er hinzu. 

Der Begriff »Mafia« wird in iranischen Medien häufig verwendet, um einflussreiche Gruppen zu bezeichnen, die durch die Bestechung von Funktionären und Abgeordneten ihre eigenen Gewinne sichern. Kritiker der Automobilindustrie behaupten beispielsweise seit Jahren, eine mafiöse einflussreiche Gruppe stehe hinter dem Verbot von Autoimporten, um die Konkurrenz für die ineffiziente iranische Autoindustrie auszuschalten. 

Der Leiter der Bewertungsorganisation des Hochschulministeriums, Abdolrasoul Pourabbas, behauptete Anfang des Jahres, die Korruption bei der Durchführung der Concours sei in diesem Jahr zurückgegangen, da neue Methoden und Geräte zur Aufdeckung von Betrug während der Prüfungen eingesetzt würden. Letztes Jahr hatte er vor laufender Kamera geschworen, dass die Korruptionsvorwürfe falsch seien. 

Pourabbas sagte, »einige Rädelsführer von Betrugsnetzen« in mehreren Provinzen seien verhaftet worden, und fügte hinzu, dass es Pläne gebe, den Concours abzuschaffen. Derartige Erklärungen werden von verschiedenen Beamten seit etwa zwei Jahrzehnten abgegeben, ohne dass sich etwas geändert hätte. Bei den Prüfungen, die am 6. und 7. Juli im ganzen Land stattfanden, nahmen heuer fast 1,2 Millionen Bewerber teil.

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