Wer den offiziellen Angaben der Regierung über das Ausmaß des Coronavirus im Land widerspricht, muss mit Strafverfolgung und Haft rechnen.
Andrea Backhaus, ZEIT Online
Weil sich das Coronavirus auch in Ägypten verbreitet, hat Machthaber Abdel Fattah al-Sissi verfügt, dass Häftlinge vorübergehend nicht von ihren Familien und Anwälten besucht werden dürfen. Mehr als sonst ohnehin sind die Inhaftierten in Zeiten von Corona von jeder sozialen Interaktion abgeschnitten. Und ihre Angehörigen fürchten nun, mehr als sonst ohnehin, um deren Leben. Doch darüber öffentlich zu sprechen, ist in Ägypten gefährlich. (…)
Wer die Wahrheit über das Ausmaß der Corona-Pandemie in Ägypten sagt, muss sich auf drakonische Strafen einstellen. Denn kaum etwas ist für den Diktator Al-Sissi schlimmer, als schwach und inkompetent dazustehen. (…)
Offiziell haben die Behörden bisher 210 Corona-Infektionen und sechs Todesfälle gemeldet, kanadische Forscher sprechen hingegen von mindestens 6.000 Fällen. Schulen, Universitäten, Theater und Kinos wurden geschlossen, der internationale Flugverkehr ausgesetzt. Restaurants, Cafés, Clubs und Geschäfte müssen ihre Öffnungszeiten begrenzen. Doch neben diesen sichtbaren Maßnahmen zur Eindämmung des Virus gibt es in Ägypten noch eine andere, beunruhigende Entwicklung: die weitere Abschaffung von Grund- und Menschenrechten. (…)
Wie die Organisation Human Rights Watch mehrfach dokumentiert hat, lassen die ägyptischen Behörden kranke Inhaftierte sterben, obwohl deren Krankheiten, etwa Diabetes oder Herzkrankheiten, hätten behandelt werden können. Sollte sich das Coronavirus in den Gefängnissen ausbreiten: Es wäre für viele Häftlinge das sichere Todesurteil.