Angesichts seines Lebenslaufs genießt Zarif in den USA ein erstaunliches Ansehen. Infolge der Abkehr der Trump-Administration vom Atomabkommen wird er womöglich als einer der führenden Verteidiger des Obama-Vermächtnisses gesehen. Vielleicht ist die Erklärung auch viel einfacher: Zarif spricht gut englisch und schreibt differenziert klingende Plattitüden. Er ist das, was leichtgläubige Zuhörer sich wohl unter einem klugen Außenpolitiker vorstellen. Bei einem Vortrag vor der Asia Society am 27. September konnte man Zarif in betörender Hochform erleben. Dort schaffte er es, fest aber agil zu erscheinen und stand in Sachen Timing und Präsentation einem Schauspieler in Nichts nach. Er gab zahlreiche Absurditäten oder – weniger großzügig ausgedrückt – Lügen zum Besten. ‚Im Gegensatz zu Ihren Verbündeten in der Region leitet sich unsere Macht und Legitimität vom Volk ab’, erklärte der Außenminister eines Landes, zu dessen eigenen ‚Verbündeten in der Region’ das Assad-Regime gehört und dessen Regierung von Freedom House unumwunden als ‚unfrei’ eingestuft wurde. ‚Wir leiten unsere Legitimität nicht von den wunderbaren militärischen Ausrüstungsgegenständen ab, die wir von den USA erhalten.’ Dieser Satz saß: Das halbe Auditorium reagierte auf die Spitze mit spontanem Applaus. (…)
Aus dem Munde eines iranischen Regierungsvertreters überraschen derartige Äußerungen nicht. Psychologisch gesehen sind sie dennoch interessant. Wie Zarifs Agnostizismus in Bezug auf die Frage, ob der Holocaust tatsächlich stattfand oder nicht, deuten die peinlicheren Teile seines Vortrags vor der Asia Society darauf hin, worum es ihm wirklich geht. Er verteidigt nicht nur die Politik des Regimes, sondern glaubt auch inbrünstig an dessen weitergehende Mission und Bedeutung. (…) Doch Zarif glaubt, dass ihm allerhand nachgesehen wird, und bislang hat er recht behalten. ‚Der Iran wird … seinen Weg des Dialogs und des gegenseitigen Respekts und Verständnisses fortsetzen’, schreibt er am Ende seines Aufsatzes in The Atlantic.“ (Armin Rosen: „Javad Zarif’s Charm Offensive“)