Peter Pilz und die „Kauft nicht bei Juden“-Bewegung

Von Thomas Eppinger

Seit dem Scheitern seiner Kandidatur für den vierten Listenplatz der Grünen nährt Peter Pilz die Hoffnung vieler auf eine neue linke Liste für die kommende Nationalratswahl in Österreich. Pilz hat sich in der Vergangenheit einen Namen als gut vernetzter „Aufdecker“ gemacht, der immer wieder mit zugespielten Informationen über vermeintliche oder tatsächliche Skandale an die Öffentlichkeit trat. Dass seine Ankündigungen nicht immer hielten was er versprach, hat seinem Ruf als Kämpfer gegen Korruption nicht geschadet.

Das ehemalige Mitglied der trotzkistischen „Gruppe Revolutionäre Marxisten“ und Gründungsmitglied der Grünen gilt als politisches Schwergewicht seiner Partei. Die Medien lieben seinen Hang zu griffigen Formulierungen. Innerhalb der Grünen eckte Pilz immer wieder an, zuletzt mit seiner Forderung nach mehr „linkem Populismus“, einer kantigeren Ausrichtung der Partei nach links. Sein Eintreten gegen den politischen Islam macht Pilz bei vielen populär, die nicht unbedingt zum grün-linken Milieu zählen, bringt ihm aber innerhalb der eigenen Partei den Vorwurf der populistischen  Islamfeindlichkeit ein und trug offenbar maßgeblich zum Scheitern seiner Kandidatur bei.

Wäre eine neue linke Liste, mit einem prononcierten Kämpfer gegen Korruption und den politischen Islam an ihrer Spitze, demnach eine attraktive Option für österreichische Linke? Nur wenn es sie nicht stört, dass Pilz sich mit der Forderung nach Sanktionen gegen Israel in die antisemitische Boykott-Bewegung BDS einreiht, die das nationalsozialistische „Kauft nicht bei Juden“-Motiv im antizionistischen Gewand wiederaufleben lässt. Nach andauerndem Raketenbeschuss durch palästinensische Terrorgruppen und der Entführung und Ermordung dreier israelischer Jugendlicher durch Mitglieder der Hamas startete Israel am 8. Juli 2014 die Militäroperation „Protective Edge“ im Gaza-Streifen. Peter Pilz veröffentlichte dazu am 2. August auf Facebook einen Kommentar unter der Überschrift „Die Dummheit Israels“:

„Nehmen wir den dümmsten Fall an: Die israelische Regierung verfolgt einen Plan mit fünf Zielen:

1. sich durch Massenmord an der palästinensischen Zivilbevölkerung international zu isolieren;
2. alle Palästinenser einigen und hinter der Hamas zu sammeln;
3. sich selbst aus der Gemeinschaft der westlichen Demokratien zu entfernen;
4. und letztlich eine tiefere Spaltung der eigenen Gesellschaft vorzubereiten –
5. mit einem Wort: alles zu tun um dem eigenen Land zu schaden.

Genau dieser Fall scheint jetzt eingetreten zu sein. Die israelische Regierung bekämpft Terrorismus mit dem Terror des eigenen, weit überlegenen Militärs. Der Plan kann nur aufgehen, wenn die Hamas bis an ihre Wurzeln ausgerottet wird. Aber die Wurzel ist jetzt die Bevölkerung von Gaza selbst. Das hat Israel geschafft.

Viele meiner Sympathien haben lange auch Israel gehört. Eine lebendige Demokratie als Insel mitten in erstarrten Autokratien, das war Israel lange. Inzwischen ist demokratisches Leben in die arabische Welt gekommen. Immer mehr Araber wollen Demokratie, Gleichberechtigung und vor allem Frieden. Gleichzeitig bombt sich Israel um Jahrzehnte zurück.

Was können wir tun? Es gibt nur ein Mittel: Sanktionen. Die, die jetzt zurecht Sanktionen gegen Russland durchsetzen, müssen im Fall ‚Palästina‘ ihren doppelten Boden verlassen. Je früher die israelische Bevölkerung versteht, dass sie von ihrer Regierung in eine historische Falle geführt wird, desto eher ist eine Umkehr möglich.“

Die unzähligen antisemitischen Kommentare zu seinem Posting ließ Pilz unkommentiert stehen. Aus den Gegenstimmen sei eine zitiert: „Wie erkannt man Antisemiten? Wenn jemand Juden etwas übel nimmt, das er Nichtjuden nicht übel nimmt. Und was tut Pilz? Er nimmt Israel die Toten übel, die er der Hamas übel nehmen müsste.“ Mehr muss man an dieser Stelle nicht darüber sagen. Pilz hat sich von diesem unfassbaren Kommentar nie distanziert. Er ist bis heute auf seiner Website abrufbar.

Die einseitige Parteinahme für palästinensische Terrororganisationen hat in Österreich Tradition, nicht nur in der Linken, dort aber maßgeblich. Schließlich kämpfte Bruno Kreisky schon Ende der 1970er Jahre unermüdlich darum, seinen „lieben Freund“ Yassir Arafat „in Westeuropa salonfähig zu machen“.

Anti-israelische Biennalsprünge

Peter Pilz und die „Kauft nicht bei Juden“-BewegungDer sozialdemokratische Gemeinderat Omar Al-Rawi initiierte 2010 einen Beschluss des Wiener Gemeinderats, in der Israels Vorgehen gegen die so genannte „Gaza Flottille“ scharf verurteilt wird. Der grüne Gemeinderat Marco Schreuder, der beim einstimmigen (!) Beschluss nicht anwesend war, schrieb dazu auf seiner Website:

„Das, was mich aber wirklich erschreckt: Der Wiener Gemeinderat macht selten außenpolitische Beschlüsse. Im Grunde sind sie auch herzlich unbedeutend. Ausgerechnet bei Israel wird aber eine Ausnahme gemacht. Warum eigentlich bei Israel? Warum nicht bei jedem islamistischen Terrorangriff? Bei jedem versenkten Schiff irgendwo auf dieser Welt? …

Omar Al-Rawi, der zwischen seinen zwei Funktionen als SPÖ-Politiker und Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft nie eine scharfe Trennlinie zog, spricht auf diesen Demonstrationen und genießt offenbar die ‚Israel Terrorist‘ Rufe im Publikum (Video hier), widerspricht diesen Parolen nicht und sucht keinen Ausgleich oder Worte der Vernunft. Und es fiel auch kein Wort über islamistischen Terror oder dem Terror der Hamas.“

Zurecht hat die Israelitische Kultusgemeinde die beiden pro-palästinensischen Demonstrationen im Juni 2010 scharf verurteilt, an denen neben Al-Rawi auch Fritz Edlinger, SPÖ-Mitglied, Lobbyist für arabische Interessen („Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen“) und Bruder des ehemaligen SPÖ-Finanzministers, beteiligt war.

2012 ist es der österreichische Bundesrat, der Israel dafür rügt, mehrere palästinensische Abgeordnete in Verwaltungshaft genommen zu haben, die meisten davon Mitglieder der Hamas. Der Entschließungsantrag hierzu wird unter anderem von Muna Duzdar, 2016 von der SPÖ zur Staatssekretärin befördert, und Efgani Dönmez, damals noch grüner Bundesrat, eingebracht. Und wieder stört es nur Marco Schreuder, dass an Israel andere Maßstäbe angelegt werden als an den Rest der Welt: Er stimmt als einziger gegen den Antrag.

Dass Peter Pilz 2014 Sanktionen gegen Israel forderte, hatte also eine Vorgeschichte. Die österreichische Politik hatte zuvor wiederholt gegen Israel Partei ergriffen. Und wo der überwiegende Teil der österreichischen Linken im Nahostkonflikt Gut und Böse sieht, wusste er. Pilz musste nicht befürchten, seine Wähler zu vergraulen. Zwar hat sich die Parteispitze damals deutlich von ihm distanziert, ernsthaft geschadet hat ihm sein anti-israelischer Ausritt aber nicht.

Dass jetzt anscheinend ausgerechnet sein Eintreten gegen den politischen Islam dazu beigetragen hat, seine Karriere bei den Grünen zu beenden, mag man als Treppenwitz der Geschichte betrachten. Oder als Bestätigung des Diktums: Der Feind deines Feindes ist noch lange nicht dein Freund.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!