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Fotojournalisten, die über Hamas-Massaker berichteten, werfen ethische Fragen auf

Ein aktueller HonestRpeorting-Bericht wirft ethische Fragen über den Einsatz von Foto-Reportern in Gaza auf
Ein aktueller HonestRpeorting-Bericht wirft ethische Fragen über den Einsatz von Foto-Reportern in Gaza auf (Imago Images / ZUMA Wire)

Waren die für Reuters und Associated Press freiberuflich tätigen Fotografen in die Anschlagspläne der Hamas eingeweiht, und was würde das für die Nachrichtenagenturen bedeuten?

David Swindle

Das Vor-Ort-Sein von freiberuflichen Fotografen, die einige der von Hamas-Terroristen am 7. Oktober im Süden Israels verübten Anschläge für Associated Press (AP) und Reuters festhielten, wirft Fragen darüber auf, wie viel und seit wann sie von den Anschlägen gewusst hatten, bei denen mehr als 1.400 Menschen getötet wurden, so eine aktuelle Analyse von HonestReporting.

HonestReporting konnte darin sechs freiberufliche Fotografen identifizieren – Hassan Eslaiah, Yousef Masoud, Ali Mahmud, Hatem Ali, Mohammed Fayq Abu Mostafa und Yasser Qudih –, die während der Anschläge anwesend waren und deren Arbeiten von Associated Press und Reuters an andere Publikationen verkauft werden.

»Was haben sie dort so früh an einem normalerweise ruhigen Samstagmorgen gemacht?« fragte HonestReporting, ein Samstag, der auch den Morgen des am Abend zuvor begonnenen jüdischen Feiertags Simchat Tora markierte. »War das mit der Hamas abgesprochen? Haben die seriösen Nachrichtendienste«, die später die Fotos dieser Freelance-Fotografen veröffentlichten, »deren Anwesenheit im feindlichen Gebiet zusammen mit den terroristischen Infiltratoren gebilligt?«, fügte HonestReporting fragend hinzu.

Die Freiberufler machten Fotos von einem brennenden israelischen Panzer und von Hamas-Terroristen, die Menschen entführten, darunter die Deutsch-Israelin Shani Louk, die inzwischen tot aufgefunden wurde.  So veröffentlichte HonestReporting Screenshots von inzwischen gelöschten Social-Media-Posts, auf denen Hassan Eslaiah ohne Presseweste und Helm vor dem israelischen Panzer steht. Er betitelte das Bild auf Arabisch: »Live aus den Siedlungen des Gazastreifens«.

Die Medienbeobachtungs-NGO stellte auch fest, dass die AP offenbar die Namen der freien Mitarbeiter aus einigen Fotos in ihrer Datenbank entfernt hat. »Vielleicht hat jemand in der Agentur gemerkt, dass diese Sache ernste Fragen bezüglich ihrer journalistischen Ethik aufwirft«, schrieb HonestReporting diesbezüglich.

Minutiös geplante Strategie

Laut HonestReporting fotografierte Mohammed Fayq Abu Mostafa für Reuters einen Lynchmob, der »die Leiche eines israelischen Soldaten, der aus dem Panzer gezogen wurde, brutal misshandelt«. Die Nachrichtenagentur kennzeichnete das Bild mit einer deutlichen Warnung – machte es aber dennoch »schamlos« zu einem ihrer »Bilder des Tages« in ihrer redaktionellen Datenbank, wie HonestReporting festhielt. »Um es klar zu sagen: Die Nachrichtenagenturen mögen behaupten, diese Leute hätten nur ihre Arbeit gemacht, zu der das Dokumentieren von Kriegsverbrechen leider dazu gehören mag. Aber so einfach ist das nicht.«

Es sei nun offensichtlich, »dass die Hamas ihren Angriff auf Israel am 7. Oktober von langer Hand geplant hatte: Das Ausmaß, die brutale Zielsetzung und die massive Dokumentation des Ganzen wurden seit Monaten, wenn nicht Jahren vorbereitet. Alles wurde berücksichtigt: die Aufstellung, der Zeitpunkt sowie der Einsatz von Körperkameras und Handyvideos zur Verbreitung der Gräueltaten«, heißt es weiter, bevor Honest Reporting die naheliegende Frage stellt: »Ist die Annahme wirklich denkbar, dass die Journalisten‹ einfach so am frühen Morgen an der Grenze auftauchten, ohne sich vorher mit den Terroristen abzusprechen? Oder waren sie Teil des Plans?«

»Selbst wenn sie nicht genau wussten, was passieren würde«, heißt es weiter, »haben sie nicht gemerkt, dass sie eine Grenze überschritten haben, als es passierte? Und wenn ja, haben sie dann die Nachrichtenagenturen informiert? Zweifellos war irgendeine Art von Kommunikation notwendig – vor, nach oder während des Angriffs –, damit die Fotos veröffentlicht werden konnten.«

»So oder so, wenn internationale Nachrichtenagenturen sich entscheiden, für Material zu bezahlen, das unter solch problematischen Umständen aufgenommen wurde, können ihre Standards in Frage gestellt werden, und ihr Publikum verdient es, darüber Bescheid zu wissen«, schreibt HonestReporting abschließend. »Und wenn ihre Leute vor Ort aktiv oder passiv mit der Hamas kollaboriert haben, um die Aufnahmen zu bekommen, sollten sie aufgefordert werden, die Grenze zwischen Journalismus und Barbarei für sich neu zu definieren und abzustecken.«

Bereits dn der Vergangenheit wurde ausgiebig darüber diskutiert, wie Journalisten in Kriegsgebieten und in Situationen, in denen sie in der Lage sind, Hilfe zu leisten, arbeiten sollten. Der CNN-Reporter Sanjay Gupta etwa nutzte seine medizinische Ausbildung, um Menschen zu helfen, und wurde während seiner Berichterstattung in Haiti so selbst Teil der Geschichte. Ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes Foto, das 1993 in der New York Times erschien und ein verhungerndes sudanesisches Kind zeigte, das von einem Geier verfolgt wird, warf damals ebenfalls ernste Fragen über die ethische Verantwortung eines Fotografen bei seiner Arbeit auf.

(Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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