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Nach 7. Oktober: WHO wollte mit Begriff »Hungersnot« gezielt Druck auf Israel ausüben

Mit dem Vorwurf einer »Hungersnot« wollte die WHO gezielt Druck auf Israel ausüben
Mit dem Vorwurf einer »Hungersnot« wollte die WHO gezielt Druck auf Israel ausüben (© Imago Images / Herrmann Agenturfotografie)

Laut einem WHO-Vertreter wurden schon bei einem Treffen im Dezember 2023 die Rollen von Täter und Opfer festgelegt und der Begriff der Hungersnot instrumentalisiert.

Der Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Israel, Michel Thieren, gab letzte Woche im Mosaïque-Podcast bekannt, dass nur zwei Monate nach dem 7. Oktober 2023 internationale Organisationen bereits darüber diskutierten hätten, wie der Begriff »Hungersnot« auf die Situation im Gazastreifen angewendet werden könne.

In dem vom französischen Institut in Israel erstellten und vom Journalisten Antoine Mercier moderierten Podcast erzählte Thieren von seiner Teilnahme im Dezember 2023 an einem multilateralen Governance-Treffen zum Gazastreifen in Genf. Dort diskutierten die Organisationen, wie wichtig es sei, das Auftreten einer Hungersnot im Gazastreifen wissenschaftlich nachzuweisen und wie der Begriff für die öffentliche Kommunikation und den politischen Druck auf Israel verwendet werden könne. Theiren zufolge wurde dies auf diesen Zusammenkünften auf höchster Ebene ausdrücklich diskutiert.

»Ganz am Ende des Treffens – ich werde nicht genau sagen, wo, und es war nicht unbedingt bei der WHO –, gab es eine Zusammenkunft von Experten, die diese Frage ziemlich eindringlich stellten. Ich war dabei und absolut fassungslos. Im Wesentlichen sagten sie, man solle versuchen, einen Begriff zu finden, mit dem man Druck ausüben könne. Ja, das hat mich sehr schockiert.«

Am meisten habe ihn schockiert, dass in diesen Kreisen von Anfang an, »seit dem 8. Oktober [2023]«, feststand, wer Täter und wer Opfer zu sein habe:

»Als diese Leute sagten, es sei notwendig, auf eine Hungersnot hinzuweisen, war die Schuld bereits [Israel] zugewiesen worden. Wenn wir über Völkermord sprechen, hat die WHO das nie getan, andere schon, aber sehr früh haben diese Leute diese beiden Begriffe [Völkermord und Hungersnot] ausgesprochen, sie wurden von Anfang an ins Spiel gebracht. Die Verbrechen waren also bereits vorbestimmt und dann versuchten die Organisationen, sie zu demonstrieren. Und für mich ist das überhaupt nicht normal.«

Erzählung »voreingenommen«

Unabhängig davon, ob der verwendete Begriff »Hungersnot« nun zutreffend war oder nicht, wurde er »in der abgrundtiefen Leere der sozialen Medien« verstärkt, womit der Schaden angerichtet war. Während Thieren selbst sich nicht dazu äußern wollte, ob im Gazastreifen nun ein »Völkermord« stattgefunden habe – »Die Berichte werden kommen, dann werden wir urteilen« –, bemerkte er doch mit Argwohn die Länge und Detailgenauigkeit jener Berichte, in denen Israels angeblicher Völkermord diskutiert wurde.

»Man braucht keine 72 Seiten mit Begründungen. Wissen Sie, in der Medizin, wenn wir die Behandlung einer Krankheit lernen und diese Behandlung auf zehn Seiten beschrieben wird, bedeutet das, dass es keine Behandlung gibt. Eine Behandlung besteht aus drei Zeilen: Man nimmt dies, es wirkt und es stoppt die Krankheit. Je umfangreicher also die Berichte sind, desto verdächtiger sind sie.«

Im Fall von Ruanda, wo der Völkermord offensichtlich war, so Thieren, habe er einen Bericht einer unabhängigen Kommission gelesen, der 24 Seiten lang war und gerade einen einzigen Absatz zur Rechtfertigung der Einstufung als Völkermord enthielt.

Das Problem mit der Erzählung über Israel und seine Handlungen sei nicht nur, dass sie voreingenommen ist, sondern auch, dass sie oft eine Art Genugtuung derjenigen beinhalte, die diese Erzählung verbreiten: »Es gibt eine Art … wir beschreiben, wir verkünden, wir erzählen die Geschichte dieses Kriegs mit einer gewissen Freude. Und genau das ist es, worin für mich in all diesen Berichten – egal, woher sie stammen –, ein Hauch von Antisemitismus liegt.«

Massaker, kein Krieg

Michel Thieren war am Morgen des 7. Oktober 2023 in Europa gewesen, nahm jedoch eines der ersten Flugzeuge nach Israel, als er von den Ereignissen erfuhr. Kurz darauf besuchte er die Kibbuzim, wo er zum dritten Mal in seinem Leben gesehen habe, wie ein Massaker aussieht. Die beiden anderen Male waren 1995 im bosnischen Srebrenica und 1994 im ruandischen Kigali:

»Ich könnte Ihnen beschreiben, wie der Landstrich eines Massakers aussieht, aber es ist diese Art von Landschaft – sehr still, hallend, gedämpft –, wie ich sage, eingefroren in einer Art Pompeji des Mordes. Ich habe immer gespürt, dass der Landstrich eines Massakers sich von dem eines Kriegs unterscheidet. Ich war in Syrien, dort sieht man Landstriche des Kriegs. Das ist nicht dasselbe. Ein Landstrich des Massakers ist ein Landstrich des Massakers. Und was ich in Be’eri und beim Nova-Festival gesehen habe, war ein Landstrich des Massakers – unverkennbar.«

Anschließend besuchte er die Leichenhallen der Militärbasis Shura in der Nähe von Ramle, wo die Toten aus den Kibbuzim gesammelt und obduziert worden waren. Er bat darum, die Leichen sehen zu dürfen, »weil ein Landstrich des Massakers gesehen, gehört und gefühlt werden muss. Ich musste hineingehen, um dem Tod von Kfar Aza und Be’eri nahe zu sein, den ich nur wenige Stunden zuvor gesehen hatte. Es gibt diesen Wunsch zu sagen: ›Ja, aber es gibt einen Kontext.‹ Nein, es gibt keinen Kontext [für den 7. Oktober]. Es gibt keinen möglichen Kontext für den Mord der Hamas. Das ist absolut unmöglich.«

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