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Gaza: Wie die westliche Medienkooperation mit einer Terrororganisation funktioniert

Hamas im Gazastreifen übt totalitäre Kontrolle über Presse und Berichterstattung aus
Hamas im Gazastreifen übt totalitäre Kontrolle über Presse und Berichterstattung aus (© Imago Images / Anadolu Agency)

Der Fall des ZDF-Mitarbeiters und Hamas-Mitglieds Abu Mutair ist mehr als ein Einzelfall. Er legt die strukturelle Naivität offen, mit der westliche Institutionen im Gazastreifen agieren und die Hamas indirekt unterstützen.

Ein Techniker, der für das ZDF im Gazastreifen gearbeitet hatte, war Mitglied der Hamas. Das räumte der Sender Anfang dieser Woche ein, allerdings erst nach Tagen der Unsicherheit, Dementis und Empörung. Abu Mutair, Mitarbeiter der Produktionsfirma Palestine Media Production (PMP), war von der israelischen Armee gezielt getötet worden. ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten verurteilte den Angriff als »nicht hinnehmbar«. Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) erklärten, der Mann sei Mitglied der Hamas-Brigaden gewesen.

ZDF-Korrespondent Thomas Reichart wies diesen »Vorwurf« zunächst zurück. Die Firma PMP, so Reichart aus Tel Aviv, arbeite seit dreißig Jahren mit dem ZDF zusammen – wie übrigens auch mit zahlreichen anderen internationalen Sendern. Doch wenige Tage später bestätigte das ZDF in einer offiziellen Stellungnahme, dass Abu Mutair »Mitglied der Qassam-Brigaden« war. Er war kein Journalist, sondern Techniker, der für die Übertragungstechnik, also für die Verbindung zwischen Kameras, Antennen, Satelliten und Servern, zuständig war. Und genau das macht den Fall so brisant.

Der Dual Use

Die Hamas weiß, dass Israel jeden sichtbaren militärischen Posten zerstört. Ihre Kommandozentralen liegen daher entweder tief unterhalb der Erde oder hinter einer zivilen Fassade. Schulen, Moscheen, Krankenhäuser, Hochhäuser mit westlichen Nachrichtenagenturen: Im Gazastreifen gibt es ein dichtes Geflecht von Doppelrollen.

Eine Produktionsfirma, die Übertragungen für westliche Sender ermöglicht, kann zugleich Teil der Hamas-Kommunikationsarchitektur sein. Ein Übertragungstechniker verfügt über Kenntnisse, die für militärische Zwecke äußerst wertvoll sind: Er kennt Netzwerke, Antennen, Frequenzen, Signalrouten, hat Zugang zu Sendeanlagen, Glasfaserknoten, Uplinks und Stromverteilungen und weiß, wann welche Verbindung aktiv ist und wie man sie stört oder verschleiert.

Damit kann dieselbe Technik, die eine Live-Schaltung nach Mainz ermöglicht, auch militärisch genutzt werden – etwa zur Tarnung oder Störung feindlicher Kommunikationssignale, zur verschlüsselten Datenübertragung oder zur Koordination eigener Operationen.

In Sicherheitskreisen nennt man das Dual Use: Wissen, Technik oder Infrastruktur, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden kann. Im Gazastreifen, wo die Hamas alles kontrolliert, gibt es keine klare Trennung. Jede Antenne, jedes Glasfaserkabel, jeder Laptop kann Teil der militärischen Struktur sein.

Medien als Schutzschild

Für Israel stellt sich dieses Dilemma täglich: Hamas-Kämpfer in Krankenhäusern, Kommandoposten in UNRWA-Schulen, Raketenabschussrampen in Wohnhäusern.

Und nun kommt ein Hamas-Mitglied hinzu, das sich unter dem Dach einer Produktionsfirma bewegt, die mit westlichen Medien kooperiert. Wer Zugriff auf Kamera- und Übertragungsnetzwerke hat, kann nicht nur Daten missbrauchen, sondern auch beobachten, wann und wo internationale Sender filmen, welche Narrative entstehen und wie man diese beeinflussen kann. Damit wird das westliche Mediensystem zu einem Teil der Hamas-Tarnstrategie. Die Hamas weiß: Je stärker sie sich in zivilen Strukturen verschachtelt, desto schwieriger wird es für Israel, sie anzugreifen, ohne internationale Empörung auszulösen.

Der Fall Abu Mutair ist mehr als ein Einzelfall. Er legt die strukturelle Naivität offen, mit der westliche Institutionen im Gazastreifen agieren. PMP wirbt auf seiner Website mit den Logos von Al Jazeera, CNN, ZDF, ORF, RTL, Associated Press, dem Kreml-Sender RT und dem iranischen Staatskanal Press TV. Die Liste dieser Auftraggeber zeigt, wie selbstverständlich der Hamas nahestehende Firmen Teil der globalen Medienökonomie geworden sind.

Westliche Sender berufen sich auf »langjährige Zusammenarbeit«, als wäre dies ein Gütesiegel. Tatsächlich belegt es nur, wie tief die Strukturen der Hamas in den zivilen Raum eingesickert sind. Niemand fragt mehr, wem ein Sendemast gehört, wer die Route eines Übertragungswagens genehmigt oder welche Organisation die Lizenzen vergibt. Das ZDF-Statement, Abu Mutair habe »keine journalistischen Aufgaben« gehabt, entlastet nicht, sondern belastet. Es zeigt, dass der Westen nicht nur ideologisch, sondern auch technisch von Strukturen abhängig ist, die von einer Terrororganisation kontrolliert werden.

Die Illusion des Zivilen

In westlichen Nachrichtensendungen erscheint der Gazastreifen oft als Bühne eines asymmetrischen Kriegs: Israelische Jets auf der einen, leidende Zivilisten auf der anderen Seite. Raketenabschüsse der Hamas werden selten gezeigt, Abschussorte kaum erwähnt. Das erzeugt die Illusion, Israel kämpfe gegen ein Volk und nicht gegen eine Armee, die dieses Volk als Schutzschild missbraucht.

Dass die Hamas im Gazastreifen die totalitäre Kontrolle über Verwaltung, Schulen, Medien, NGOs und Bauwirtschaft ausübt, ist längst dokumentiert. Und doch handeln westliche Regierungen, Medien und Stiftungen so, als ließe sich dort etwas »zivil« fördern, ohne die Hamas zu stärken. Man schickt Geld, Material, Ausrüstung, Technik und redet sich ein, dies diene der »humanitären Hilfe«. Tatsächlich finanziert es die Infrastruktur einer Terrorherrschaft, die sich als Gesellschaft tarnt.

Als der damalige israelische Premierminister Ariel Scharon im Jahr 2005 den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen vollzog, sprach er von »Abkopplung«. Israel zog seine Soldaten, Siedler und Behörden ab. Der Westen jedoch koppelte sich nie ab, ganz im Gegenteil: Über Hilfsorganisationen, UNO-Programme, EU-Zuschüsse und journalistische Kooperationen flossen weiterhin Hunderte Millionen Euro jährlich in ein Gebiet, das von einer islamistischen, genozidalen Terrororganisation regiert wird.

Damit wurde nicht nur die Hamas ökonomisch stabilisiert, sie erhielt zugleich einen Anschein von Normalität; so, als wäre sie eine legitime Verwaltung mit Behörden, Pressestellen und Dienstleistern. Solange westliche Gelder, Aufträge und Sendeverträge in den Gazastreifen fließen, wird die Hamas nie isoliert sein. Sie bleibt Teil des Systems – nicht abgekoppelt, sondern alimentiert.

Der Fall Abu Mutair ist ein mikroskopisches Abbild eines größeren Problems: Der Westen arbeitet im Gazastreifen mit Strukturen, die unter der Kontrolle einer Terrororganisation stehen und tut so, als könne er deren Gewaltapparat ausblenden. Solange diese Selbsttäuschung anhält, werden dort nicht nur Raketen gebaut, sondern auch Narrative, die den Westen selbst lähmen. Wer die Wahrheit über den Gazastreifen sehen will, muss zuerst begreifen, dass dort keine klare Grenze zwischen Zivil und Militär existiert – und westliche Medien, sobald sie vor Ort berichten, in Informationsstrukturen agieren, die von der Hamas gezielt als Bestandteil ihrer militärstrategischen Kommunikation genutzt werden.

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