Wenn Israel daran schuld sein soll, dass Palästinenser ihre Schulden nicht bezahlen

Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Jerusalem
Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus  in Jerusalem (Quelle: אורי אלוני / CC BY-SA 4.0)

Wenn in einem Jerusalemer Spital aufgrund der Säumigkeit der Palästinensischen Autonomiebehörde keine Krebspatienten mehr behandelt werden, soll laut ARD die israelische Definitionsmacht über Antisemitismus schuld daran sein.

Palästinensischen Krebspatienten im Jerusalemer Auguste-Viktoria-Krankenhaus/Augusta Victoria Hospital (AVK/AVH) werden essenzielle Medikamente und Behandlungen wie etwa die Chemotherapie gestrichen, da das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), das die Patienten überweist, die Rechnungen nicht mehr bezahlt. Darum kann das Krankenhaus nicht mehr genug Medikamente kaufen.

Der deutsche TV-Sender ARD aber erzählt die Geschichte lieber mit einem anderen Dreh: Wegen der Kritik an der Terrorverherrlichung in Schulbüchern, die von der Palästinensischen Autonomiebehörde herausgegeben werden, fließe jetzt kein Geld der Europäischen Union mehr, und genau dieses Geld – und nicht etwa jenes der PA, die ihre Rechnungen nicht begleicht – fehle nun im Krankenhaus, so das Argument.

Ein paar Worte zur Geschichte der medizinischen Einrichtung. Als der deutsche Kaiser Wilhelm II. 1898 mit seiner Frau Auguste Viktoria Jerusalem besuchte, schenkte der türkische Sultan ihm mehrere Grundstücke auf dem Ölberg. Auf einem davon ließ der Kaiser ein Krankenhaus bauen, das 1910 eingeweihte Auguste-Viktoria-Krankenhaus.

1950, zu Beginn der jordanischen Besatzungszeit, übernahm der Lutherische Weltbund den Betrieb. Heute bildet das AVK gemeinsam mit fünf anderen Kliniken, die alle im nahen Umkreis der Hebräischen Universität liegen, das East Jerusalem Hospital Network, ein Netzwerk von sechs spezialisierten Krankenhäusern, die zum Gesundheitssystem der Palästinensischen Autonomiebehörde gehören, obwohl sie nicht in den palästinensischen Autonomiegebieten liegen.

Lieber Terror als Medizin

Schon vor drei Jahren hatte PA-Präsident Mahmud Abbas klargemacht, dass ihm die Belohnung von in Israel inhaftierten Judenmördern und ihren Angehörigen, denen sogenannte Märtyrerrenten ausbezahlt werden, wichtiger sei als das Wohl kranker Palästinenser. So sagte er im Juli 2018 im PA-Fernsehen:

»Ich schwöre bei Allah: Selbst wenn wir nur noch einen Penny übrighätten, würden wir ihn den Familien der Märtyrer und den Häftlingen geben.«

Einige Monate später erklärte er seiner Bevölkerung, dass keine Patienten mehr in israelische Krankenhäuser überwiesen werden sollten, weil diese angeblich »überhöhte Rechnungen« ausstellten. Für das Auguste-Viktoria-Krankenhaus bedeutete das eine weitere Verschärfung der Lage.

Im Zuge von Abbas’ Entscheidung überwies das PA-Gesundheitsministerium nun vermehrt Patienten ins AVK, die anderenfalls nach Israel überwiesen worden wären. Mehr Patienten bedeutet höhere Kosten für Behandlung und Medikamente. Doch die Palästinensische Autonomiebehörde blieb ein säumiger Zahler.

Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus sah sich darum im Jahr 2019 gezwungen, einen Aufnahmestopp für Krebspatienten zu verhängen. Dies geschah wegen »der Mittelknappheit und der Anhäufung von Schulden der PA in Millionenhöhe«, wie die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete.

Im Oktober 2019 verkündete PA-Gesundheitsministerin Mai al-Kaileh eine Lösung: Die Palästinensische Autonomiebehörde werde die zur Aufrechterhaltung des normalen Betriebs benötigten Mittel zur Verfügung stellen – was sie aber nicht tat. Zum Stichtag 30. August 2020 hatte die PA allein gegenüber dem AVK ausstehende medizinische Rechnungen in Höhe von 45 Mio. Euro.

Jeder Penny für Terroristen

Mahmud Abbas hat Wort gehalten: Solange er nur einen Penny hat, fließt dieser in den Terrorismus. Die Familie des Doppelmörders Muhannad Halabi etwa, der die beiden Israelis Nehemia Lavi, 41, und Aharon Banita, 22, ermordet und Banitas Ehefrau und seinen zweijährigen Sohn verletzt hatten, erhielt von Abbas im Juni 2021 umgerechnet 35.000 Euro und ein Haus.

Oder nehmen wir Hakim Awad und Amjad Awad, die berüchtigten Mörder von Itamar, die 2011 die Eheleute Ehud (36) und Ruth (35) Fogel und drei ihrer sechs Kinder – Yoav, 11, Elad, 4, und die drei Monate alte Hadas – im Schlaf ermordeten. Bislang haben sie von der Palästinensischen Autonomiebehörde jeweils mehr als 100.000 Euro »Belohnung« erhalten. Letztes Jahr wurde die Rente für die beiden noch einmal um 50 Prozent erhöht.

Die Höhe der Terrorrenten im PA-Haushalt beläuft sich auf mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr. Diese Praxis stellt – wie so vieles, was die Palästinensische Autonomiebehörde tut – einen eklatanten Bruch der Osloer Abkommen dar, in denen sich die PA verpflichtet hat, auf Hetze gegen Israel und Anstachelung zum Terrorismus zu verzichten. Aber die Osloer Abkommen hat die Palästinensische Autonomiebehörde ja auch schon aus ihren Schulbüchern gestrichen.

ARD spricht Abbas von Verantwortung frei

Damit sind wir also bei den Schulbüchern. Geht es nach der ARD und deren Israelkorrespondentin Sophie von der Tann, sind diejenigen, welche die Terrorverherrlichung in palästinensischen Schulbüchern kritisieren, schuld daran, wenn krebskranke Palästinenser keine Medikamente erhalten.

Von der Tanns Beitrag »Krankenhaus in Ost-Jerusalem: Triage-Entscheidungen, jeden Tag«, der in Schriftform auf tagesschau.de zu lesen ist und vergangenen Sonntag als Fernsehbericht in der Sendung Weltspiegel und in den Tagesthemen präsentiert wurde, ist das jüngste Beispiel dafür, wie Demagogen in einer vermeintlichen Beweisführung zu jedem Ergebnis kommen können, wenn sie nur willens sind, der Wahrheit Gewalt anzutun, Zusammenhänge auszublenden und zu verdrehen.

Beginnen wir bei der Tatsache in dem ARD-Beitrag: Dem Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Jerusalem fehlt es an Geld. Woran das liegt, haben wir oben gesehen: Die Palästinensische Autonomiebehörde prellt seit Jahren ihre Zeche. Und wo in dem ARD-Beitrag wird diese Tatsache erwähnt? – Weder im Textbeitrag auf tagesschau.de noch im TV-Bericht in dem es lediglich lapidar heißt, die Palästinensische Autonomiebehörde sei halt »chronisch klamm«. Klar, wenn man die Hälfte der ausländischen Hilfsgelder für Terrorrenten ausgibt, ist man natürlich »chronisch klamm«.

Jeden Tag, so Sophie von der Tann, stehe der Leiter der ambulanten Krebsstation vor einem ethischen Dilemma: »Ich muss jeden Tag Triage-Entscheidungen treffen und bestimmen, wer morgen behandelt werden kann.« Denn die Apotheke des Krankenhauses leere sich, so die ARD-Reporterin. Seit September hätten die Ärzte 500 Patienten abweisen und viele Behandlungen aussetzen müssen. Dabei sei das »Krebskrankenhaus im arabischen Ostteil Jerusalems für viele die letzte Hoffnung«.

»Nur hier«, versichert von der Tann, könnten »Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland und Gaza eine Chemo- und Strahlentherapie bekommen«. Doch das Krankenhaus sei pleite und könne keine Medikamente mehr kaufen.

Der angebliche Grund seien »palästinensische Schulbücher. Ein umstrittenes Thema. EU-Kommissar Várhelyi … geht es um Passagen, die antisemitisch und israelfeindlich sein sollen.« Darum blockiere »der Ungar die EU-Hilfen für die palästinensischen Gebiete«, worunter auch das Krankenhaus leide. Sophie von der Tann ist bereit, beträchtliche Wegstrecken zurückzulegen und die Wahrheit außergewöhnlich zu verbiegen, um die Schuld nicht bei der Palästinensischen Autonomiebehörde zu suchen, die das Krankenhaus seit Jahren um Millionenbeträge prellt, sondern irgendwo in Europa, genauer gesagt: in Ungarn.

Sehen wir uns einige Behauptungen in dem ARD-Beitrag an. Ist das AVK wirklich das »einzige« Krankenhaus, in dem Palästinenser aus dem Westjordanland und Gaza eine Chemo- und Strahlentherapie bekommen können? – Nein.

Am 27. Dezember 2010 starb im Jerusalemer Hadassah-Krankenhaus Nahum Bedein an den Folgen seiner Krebserkrankung. Er war der Bruder von David Bedein, des Gründers und Direktors des Bedein Center für Nahostpolitik-Forschung, das maßgeblichen Anteil daran hat, dass seit einigen Jahren in Parlamenten in Europa, Kanada und den USA darüber diskutiert wird, dass in Schulbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde zu Judenhass aufgerufen und Terroristen als Vorbilder verherrlicht werden. Sein Bruder teilte sein Zimmer mit vier arabischen Patienten, erzählt mir David Bedein. »Zwei kamen aus den arabischen Gemeinden in Ostjerusalem, einer aus Hebron, einer aus Bethlehem.«

Frau Abbas reist zur Behandlung nach Tel Aviv

Es gibt kein israelisches Krankenhaus, das Patienten aus den palästinensischen Autonomiegebieten – egal, unter welcher Krankheit sie leiden – seine Türen versperrt. Diese Tatsache lässt sich von der ARD schwer leugnen. Tatsächlich haben israelische Krankenhäuser im Lauf der Jahre auch zahlreiche Fatah- und Hamas-Angehörige behandelt, wie zum Beispiel:

  • Nayef Rajoub, führendes Mitglied der Hamas, der sich 2015 in einem Krankenhaus in Tel Aviv einer Wirbelsäulenoperation unterzog,
  • Amina Abbas, Ehefrau von Mahmoud Abbas, die sich im Juni 2014 im privaten Assuta-Krankenhaus in Tel Aviv operieren ließ,
  • Familienmitglieder von Hamas-Führer Ismail Haniyeh wie seine Schwester, seine Tochter, seine Enkelin und seine Schwiegermutter,
  • der frühere PLO-Chefunterhändler Saeb Erekat, der Israel als »Apartheidstaat« bezeichnete und behauptete, Israel habe Yassir Arafat ermordet, sich aber am Ende seines Lebens, als alle anderen Ärzte der Welt ihm nicht mehr helfen konnten, im Jerusalemer Hadassah-Ein-Kerem-Krankenhaus behandeln ließ – Taten sagen manchmal mehr als Worte.

Gibt es mal wieder eine Serie von Terroranschlägen, kommt es vor, dass in israelischen Krankenhäusern die verwundeten palästinensischen Täter und die israelischen Opfer im selben Zimmer liegen, Bett an Bett.

Am 19. Mai 2022 traten die Mitarbeiter des Jerusalemer Hadassah-Krankenhauses in einen 24-stündigen Streik, um auf ihre prekäre Sicherheitslage aufmerksam zu machen. »Dutzende wütende Angehörige« eines verstorbenen palästinensischen Patienten hatten zuvor in dem Krankenhaus randaliert, berichtete die israelische Tageszeitung Haaretz, Ärzte und Krankenschwestern angegriffen und medizinische Geräte zerstört. Der Haaretz-Bericht erläutert, dass der Mann mit einer Überdosis Drogen eingeliefert worden war und fährt fort:

»Laut medizinischem Personal des Krankenhauses hätte der Angriff vorhergesehen werden können. Sie sagen, dass der Patient, von dem bekannt war, dass er einer Familie mit einer gewalttätigen Vorgeschichte angehört, von einem palästinensischen Krankenhaus in der Stadt zu Hadassah verlegt wurde, weil die dortigen Mitarbeiter die Reaktion der Familienmitglieder auf seine Behandlung fürchteten.«

Israelische Spitäler nehmen also nicht nur palästinensische Patienten auf, sondern pflegen auch all diejenigen, die Terroranschläge auf Israelis verüben oder die Angehörige haben, die eine bekannte Gefahr für die Mitarbeiter darstellen.

»Ansonsten müssen die Patienten nach Israel«

ARD-Reporterin Sophie von der Tann nennt in ihrem Beitrag Sieglinde Weinbrenner vom Lutherischen Weltbund als ihre Quelle. Ich fragte Frau Weinbrenner per E-Mail, ob es korrekt ist, dass das AVK »der einzige Ort ist, wo Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland und Gaza eine Chemo- und Strahlentherapie bekommen können«.

Ihre Antwort lautete, das Auguste-Viktoria-Krankenhaus sei das »einzige Krankenhaus des palästinensischen Gesundheitssystems, also für etwa fünf Millionen Palästinenser, das Chemo- und Strahlentherapie anbieten« könne. Und weiter: »Ansonsten müssen die Patienten ins Ausland, nach Jordanien oder Ägypten oder nach Israel.«

Aha. Nun liegt aber ja auch der Jerusalemer Ölberg, wo das AVK seinen Sitz hat, in Israel, nämlich in Jerusalem. Wer von Ramallah ins Auguste-Viktoria-Krankenhaus will, muss einen Checkpoint überqueren, nicht anders, als würde er sich in Tel Aviv behandeln lassen.

Es geht bei dieser Angelegenheit offenbar nicht um eine politische oder geografische Grenze, sondern um Geld. Die Palästinensische Autonomiebehörde erwartet vom Auguste-Viktoria-Krankenhaus, dass es medizinische Leistungen erbringt, ohne dafür bezahlt zu werden. Sie missbraucht das AVK als Kreditgeber, als Bank. Spätestens da aber, wo Medikamente benötigt werden, die das Krankenhaus kaufen muss, reicht auch viel guter Wille des Spitals nicht mehr aus.

Krise ohne Ende

Seit mindestens 2006, also seit 16 Jahren, ist die Krise des Auguste-Viktoria-Krankenhauses immer wieder Gegenstand internationaler Berichterstattung. 2014 berichtete die Weltgesundheitsorganisation WHO, dass das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde bei Pharmaunternehmen Schulden in Höhe von 98 Mio. Euro angehäuft habe, bei privaten palästinensischen medizinischen Einrichtungen sind es 139 Mio. Euro.

Krankenhäuser in Ostjerusalem litten unter unbeglichenen Rechnungen in Höhe von 53 Mio. Euro, »insbesondere das Auguste-Viktoria-Krankenhaus, das 70 Prozent der wegen Krebserkrankungen zu Bestrahlungs- und Chemotherapien überwiesenen Patienten aus dem Gazastreifen übernimmt und 40 Prozent derer aus der Westbank«, wie es in dem WHO-Bericht heißt.

Auch in dem Bericht von vor acht Jahren war schon davon die Rede, dass viele wichtige Medikamente nicht mehr im Krankenhaus verfügbar seien. Nichts hat sich seither gebessert, und die Palästinensische Autonomiebehörde, die über einen Jahresetat von 5,4 Mrd. Euro verfügt, weigert sich weiterhin starrsinnig, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Erhebliche Verzögerungen

Immer wieder wandte sich das Auguste-Viktoria-Krankenhaus mit Hilferufen an die Öffentlichkeit. In einer Presseerklärung vom 29. Oktober 2019 heißt es:

»Der Vorstand des Auguste-Viktoria-Krankenhauses ist in Jerusalem zusammengekommen, um die Krisensituation zu erörtern, die durch die Nichtzahlung von Patientengebühren durch die Palästinensische Autonomiebehörde in Höhe von 45 Millionen Euro entstanden ist.

Das bringt das Krankenhaus in eine untragbare Lage. Das Krankenhaus ist nicht mehr in der Lage, Medikamente oder Geräte zu kaufen, die zur Behandlung von Patienten benötigt werden, und gefährdet diese Kinder, Frauen und Männer und ihr Recht auf Gesundheitsdienste.«

International Middle East Media Center, eine radikal antiisraelische Website, berichtete damals, PA-Ministerpräsident Mohammed Ishtayah habe angekündigt, 20 Millionen Schekel zu überweisen, also ein Zehntel des ausstehenden Betrags. Und nicht einmal dieses Geld sei tatsächlich angekommen, zitierte die Website den Generaldirektor des Krankenhauses, Walid Namour.

Weiters heißt es in dem Beitrag, Krebspatienten würden wegen der Zahlungsverweigerung der PA nicht behandelt, weil »die auf die Behandlung von Krebs und einer Reihe anderer schwerer Krankheiten spezialisierten Pharmaunternehmen ihre Geschäfte mit dem Krankenhaus eingestellt« hätten. In einem diesen Monat veröffentlichten Bericht des Lutherischen Weltbunds, dem Spitalsbetreiber, heißt es:

»Das Augusta Victoria Hospital und die anderen Krankenhäuser in Ost-Jerusalem sind seit mehreren Jahren mit einer chronischen Finanzkrise konfrontiert, die auf erhebliche Verzögerungen bei der Zahlung von Rechnungen für Patienten zurückzuführen ist, die vom palästinensischen Gesundheitsministerium zur Behandlung überwiesen wurden.

Derzeit werden die Gesamtschulden der Palästinensischen Autonomiebehörde gegenüber allen sechs Krankenhäusern auf etwa 100 Mio. Euro geschätzt, von denen etwa 70 Mio. allein auf das Augusta Victoria Hospital entfallen.«

Seit vielen Jahren also leiden das Auguste-Viktoria-Krankenhaus und seine Patienten darunter, dass die Palästinensische Autonomiebehörde ihre Rechnungen nicht bezahlt. Das hat aber bei der ARD bislang nie jemanden interessiert. Es musste erst jemand einen Dreh finden, wie man die Sache gegen Israel wenden kann. Dieser Jemand war übrigens nicht Sophie von der Tann. Ihre Reportage ist ein Abklatsch eines BBC-Beitrags, der im März 2022 auf Englisch erschien und von den Kollegen von CAMERA UK zerpflückt wurde.

ZDF-Reporter kritisiert Israels »Macht«

Die Palästinensische Autonomiebehörde ist völlig abhängig von der EU. Diese sollte doch einen Weg finden, Druck auf die PA auszuüben, das Geld des europäischen Steuerzahlers nicht länger dafür auszugeben, um Mörder wie Muhannad Halabi oder Hakim und Amjad Awad zu belohnen, sondern stattdessen die medizinischen Leistungen, die sie im Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Auftrag gibt, auch zu bezahlen – samt aller ausstehenden Rechnungen.

Mahmud Abbas wird sich freuen, dass er die ARD auf seiner Seite hat und diese dafür sorgt, dass der Zorn, der eigentlich ihn treffen müsste, stattdessen auf die Juden gelenkt wird. Der ungarische Kommissar ist ja in dem Beitrag nur vorgeschoben. Die Hundepfeife, die Menschen mit antisemitischem Weltbild hören können, lautet: Israel lässt krebskranke Palästinenser sterben und kontrolliert die europäische Politik.

Oder, wie Stephan Hallmann, langjähriger Auslandskorrespondent des deutschen Fernsehens (ZDF, Phoenix), es in seiner Twitter-Reaktion auf Sophie von der Tanns ARD-Beitrag ausdrückt:

»Welche Macht #Israel auf unsere Institutionen ausübt, ist ungeheuerlich. #Palästinensern werden #EU-Mittel für lebenswichtige Krebsmedizin vorenthalten wg. angebl. antisemitischer Passagen in Schulbüchern. Das israelische Besatzungs- u. Apartheid-Regime wird ungeniert finanziert.«

Erst, wenn die Juden als diabolische Strippenzieher erscheinen, die über Leichen gehen, so scheint es, ist ein deutscher Nahostjournalist am Ziel. Dorthin zu kommen, fällt ihm aber mit einiger Übung irgendwann nicht mehr schwer. Sophie von der Tann macht vor, wie’s geht:

  • Verschweige, dass Palästinenser in (allen) israelischen Krankenhäusern behandelt werden.
  • Blende die Rolle von Mahmud Abbas, dem Hauptverantwortlichen, völlig aus; kein Mensch interessiert sich für ihn. No Jews, no news.
  • Präsentiere stattdessen irgendeinen völlig unbekannten Ungarn als Schuldigen. Dass du jemanden, der noch nicht einmal drei Jahre im Amt ist, für Missstände verantwortlich machst, die es seit mehr als 15 Jahren gibt, braucht dich nicht zu beunruhigen: Niemand wird das nachprüfen.
  • Setze diesen Bogeyman in irgendeine Verbindung zu den Juden, etwa, indem du sagst, es gehe ihm um Passagen in palästinensischen Schulbüchern, »die antisemitisch und israelfeindlich sein sollen«. So kannst du im Unklaren lassen, ob sie das wirklich sind und hast gleichzeitig Israel und die Juden als mögliche Drahtzieher ins Spiel gebracht.

Den Rest erledigt der Zuschauer: Obwohl Israel in diesem Fall nachweislich nichts getan hat, was man dem Land vorwerfen könnte, wird er denken: »Welche Macht Israel auf unsere Institutionen ausübt, ist ungeheuerlich!« Glaubst du nicht? Du wirst schon sehen.

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