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Wem nützen die neuen Atomgespräche mit Teheran?

Antiamerikanisches Gemälde an der Mauer der ehemaligen US-Botschaft in Teheran
Antiamerikanisches Gemälde an der Mauer der ehemaligen US-Botschaft in Teheran (Imago Images / Middle East Images)

Von den vollmundigen Erklärungen Donald Trumps, das Atomprogramm des Iran zu beenden, scheint nach der ersten Verhandlungen zwischen Teheran und Washington nicht mehr viel übrig zu sein.

Nach einem ersten Treffen zwischen Vertretern Irans und der Trump-Regierung am 12. April 2025 in Oman vereinbarten beide Seiten eine Fortsetzung ihrer Gespräche. Das Weiße Haus und das Außenministerium in Teheran bezeichneten den Austausch, für den Außenminister Abbas Araghchi und der amerikanische Sondergesandte Steve Witkoff vor einigen Tagen in die omanische Hauptstadt Maskat gereist waren, als »konstruktiv«. War dieser Austausch tatsächlich konstruktiv? Und wenn ja, für wen?

Iran: Hauptsache Zeitgewinn

Das iranische Regime ist seit der Niederlage der Hisbollah, dem Sturz des ehemaligen syrischen Präsidenten Assad, der Zerstörung seiner Luftabwehr durch Israel und durch die noch immer virulente »Frau-Leben-Freiheit«-Protestbewegung im eigenen Land stark geschwächt.

Aus diesem Grund fand im März in Teheran eine mehrstündige Krisensitzung statt, zu der laut der New York Times der Oberste Führer der Islamischen Republik Ali Khamenei hochrangige Vertreter des Regimes eingeladen hatte. Diese forderten die Revidierung seiner ursprünglichen Ablehnung des Dialogangebots von US-Präsident Donald Trump. Die amerikanischen und israelischen Androhungen von Militärschlägen seien äußerst ernst zu nehmen, so ihre Argumentation.

Lehne der Iran Gespräche ab, seien »Militärschläge auf Irans wichtigste Atomzentren in Natanz und Fordow unvermeidbar«. Sollte das Regime aber gezwungen werden, auf derartige Militärschläge zu reagieren, könnten innenpolitische Unruhen ausbrechen und sich bis zu »einer existenziellen Bedrohung der Islamischen Republik« steigern. Hier wird klar: Teheran braucht den Dialog, um Zeit zu gewinnen und den Kollaps seines Regimes zu verhindern.

Ähnlich, wenn auch unter entgegengesetztem Vorzeichen, sah man dies in Israel. Nachdem es den israelischen Kampfflugzeugen am 26. Oktober letzten Jahres gelungen war, die iranische Flugabwehr zu zerstören, habe sich ein »Zeitfenster« für Angriffe auf das Atomprogramm geöffnet. Deshalb habe man »seit Monaten darauf gehofft, dass Trump grünes Licht für einen größeren israelischen Luftangriff auf das iranische Atomprogramm geben würde«. Solch ein Angriff wäre derzeit die zweitbeste Option, um den Griff der Ayatollahs zur Bombe zu vereiteln; nur ein unblutiger Sturz des Regimes wäre besser.

Jetzt aber hilft das Trump’sche Angebot dem Iran vorerst aus der Bredouille. So ist seit Beginn des Dialogs das Szenario eines Militärschlags vom Tisch: Solange gesprochen wird, schweigen die Waffen. Teherans Interesse besteht darin, diesen Zustand soweit als möglich in die Länge zu ziehen.

Entsprechend gekonnt wird heiße Luft produziert. So entwickelten die iranischen Verhandler die Idee, zunächst an einem »Interim-Abkommen« zu arbeiten, um im Anschluss daran mit Verhandlungen über einen »umfassenden Deal« zu beginnen: Teheran zeigt sich bei dem Versuch, die Trump-Regierung um den Finger zu wickeln, anpassungsbereit: So appellierte Außenminister Abbas Araghchi unverblümt an Donald Trumps Geschäftssinn: »Es sei die US-Regierung, die amerikanische Firmen von der ›Trillion-Dollar-Möglichkeit‹ fernhalte, die den Zugang zu Irans Wirtschaft biete«, schrieb er in der Washington Post.

USA: Hauptsache Deal

Bereits am 4. Februar äußerte Donald Trump auf seinem Truth Social-Kanal das Ziel, »dass der Iran ein großes und erfolgreiches Land ist, aber ohne Atomwaffen«. Er trete deshalb für ein »verifiziertes atomares Friedensabkommen ein, das es dem Iran ermöglicht, friedlich zu wachsen und zu gedeihen. Wir sollten unmittelbar anfangen, daran zu arbeiten und eine große Feier veranstalten, wenn es unterzeichnet und abgeschlossen ist.«

Trump hat mit diesem Statement jedoch erstens ignoriert, dass es »den Iran« nicht gibt, sondern sich gerade in diesem Land Herrscher und Beherrschte unversöhnlich gegenüberstehen. Diese Tatsache zu ignorieren, bedeutet, der Mullah-Diktatur Legitimität zu verleihen.

Zweitens impliziert Trumps Forderung nach einem »atomaren Friedensabkommen«, dass er die iranischen Atomanlagen nicht zerstören, sondern zumindest in Teilen erhalten will. Dabei beweist gerade die Geschichte des iranischen Atomprogramms, dass sich die »zivile« und die »militärische« Atomenergienutzung nicht säuberlich trennen lassen.

Drittens aber scheint der amerikanische Präsident auf ein »verifiziertes«, also durch Kontrollen abgestütztes Abkommen zu setzen. Trumps Chef-Unterhändler Steve Witkoff griff diesen Gedanken auf und forderte in einem Interview für den Iran ein »Verifikationsprogramm, damit sich niemand über Waffenambitionen Sorgen macht«. Dieser Vorschlag ignoriert, dass Verifikationsprogramme, wie das Beispiel Nordkorea zeigt, den Griff zur Bombe niemals verhindern können und gerade Teheran die IAEA-Kontrollen seit Jahren sabotiert.

Auf die berechtigte Frage, ob ein neuer Atomdeal effektiver sein würde als der alte JCPOA-Atomdeal von 2015, den Trump als »schlimmsten Deal aller Zeiten« bezeichnet hatte, antwortete der Präsident: »Nun, das kann ich nicht wirklich sagen, aber ich denke, er wird anders und vielleicht viel stärker sein.«

Was also will Donald Trump mit seinem verschwommenen Dialog-Ansatz erreichen? Folgt er der Tendenz, Weltkrisen zu deckeln, um die USA aus weiteren globalen Engagements herauszuhalten? Oder will er der Weltöffentlichkeit in einem ersten Schritt die Dialog-Unfähigkeit Teherans vor Augen führen, um die nachfolgenden Militärschläge gegen Irans Atomanlagen politisch abzusichern, mit denen er wiederholt gedroht hat?

Eine solche Strategie wäre vielleicht sogar klug. Allerdings setzt sie voraus, dass die USA das iranische Regime pointiert kritisieren und die Medien und die Öffentlichkeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit über dessen Charakter aufklären. Davon kann jedoch keine Rede sein kann. Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass Trumps unausgegorener Verhandlungseifer dem iranischen Regime »wie ein Segen des Himmels« vorgekommen ist, während ihn die israelische Regierung wohl eher konsterniert zur Kenntnis nahm.

Israel: Vorläufig ausgeschaltet

Für den 7. April wurde Israels Premier Benjamin Netanjahu vermeintlich wegen Trumps Zollpolitik nach Washington gebeten. Der eigentliche Grund für die hastige Einberufung war aber Trumps Absicht, seinen Dialog mit Teheran, der bereits am 12. April beginnen sollte, öffentlich zu präsentieren. Netanjahu oder sonstige israelische Stellen wurde bei der Vorbereitung dieses Dialogs nicht einbezogen; Israels Premier wurde nach seiner Ankunft in Washington mit einem fait accompli konfrontiert. Die USA wollten, dass er bei Trumps Verkündung des Dialogplans im Oval Office dabei ist und gute Miene zum bösen Spiel macht.

Obwohl es bei den Atomgesprächen mit dem Iran zuallererst um Israel geht, hat die Trump-Administration seinen israelischen Verbündeten jedwede Mitsprache bei der Vorbereitung und Durchführung des amerikanisch-iranischen Dialogs verwehrt. Dasselbe gilt für die sogenannten E3 Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Sie könnten als Signatarstaaten des Atomdeals von 2015 über den Snapback-Mechanismus die frühere Sanktionspolitik gegen das Regime neu beleben. Doch auch sie, die dem Iran eine Frist bis Ende Juni gegeben hatten, um das Snapback sämtlicher UN-Sanktionen abzuwenden, wurden von Trumps Dialog-Eifer überrascht. Also taumelten die Akteure aus dem Weißen Haus schlecht vorbereitet ins Ungewisse.

Direkter oder indirekter Dialog?

Im April spielte sich vor den Augen der Welt ein Miniatur-Machtkampf zwischen Washington und Teheran ab. Während der Iran direkte Gespräche mit den USA ausschloss, bestand Donald Trump wiederholt darauf, dass für ihn nur direkte Gespräche mit Teheran infrage kämen. Steve Witkoff werde möglicherweise nicht in den Oman reisen, weigerte der Iran sich, direkte Gespräche zu führen, so die Washington Post.

Es ging bei dieser Frage nicht um eine prozedurale Lappalie, sondern darum, wer bei diesen und künftigen Gesprächen den Ton angibt. Wer hier zurückweicht, macht klar, dass ihm irgendein Fortgang der Gespräche wichtiger ist als ein als richtig erkanntes Prinzip.

Tatsächlich aber konnte von »Gesprächen« oder einem »Dialog« in Maskat keine Rede sein: In seinem Machtkampf mit Witkoff siegte Araghchi nach Punkten. Die iranische und die amerikanische Delegation blieben räumlich getrennt, ein direkter Dialog zwischen ihnen fand zu keinem Zeitpunkt statt. Die US-Delegation durfte mit sich selbst Gespräche führen, während dem omanischen Außenminister die Aufgabe oblag, insgesamt vier Mal als stiller Postträger von einem Zimmer zum anderen unterwegs zu sein.

Donald Trumps Politik, die wortgewaltig gestartet war, sah plötzlich eher erbärmlich aus. Das reale Kräfteverhältnis zwischen der Supermacht USA und dem krisengeschüttelten Iran stand im Oman auf dem Kopf: Verhandlungspsychologisch setzte Teheran sich durch.

Zwar soll es nach den »indirekten« Verhandlungen auch zu einer »direkten« Begegnung zwischen Araghchi und Witkoff gekommen sein. Doch die Berichte darüber unterscheiden sich eklatant, was den Stellenwert dieser prozeduralen Formalie unterstreicht. Dem iranischen Außenminister zufolge sei bei dieser zufälligen Begegnung beim Verlassen des Gebäudes über nichts Besonderes gesprochen worden. »Wir haben uns einfach gegrüßt«, so Araghchi.

Ganz anders die nachgeschobene Darstellung aus amerikanischer Sicht: Es habe ein 45-minütiges Gespräch zwischen Witkoff und Araghchi gegeben, das »substanziell, ernsthaft und ausgezeichnet« gewesen sei, schilderte Barak Ravid, was passiert sein soll, nachdem er selbst zuvor lediglich von einer »Begegnung« zwischen Araghchi und Witkoff beim Verlassen der getrennten Versammlungsräume berichtet hatte.

Wie weiter?

Und so soll es nun weitergehen? Auch für die nächste »Verhandlungsrunde« am 19. April in Rom besteht das iranische Regime auf »indirekte« Verhandlungen, während die Trump-Administration erneut direkte Gespräche verlangt. Des Weiteren wird es um einen Zeitplan für die Verhandlungen gehen.

Schon heute ist abzusehen, dass Teheran die von Trump gesetzte Verhandlungsfrist von sechzig Tagen (12. April bis 11. Juni) nicht akzeptiert, während Trump die Abläufe beschleunigen will. Werden die USA hier hart verhandeln und notfalls ihr Militärpotenzial ins Spiel bringen? Immerhin hatte Trump im März sechs multiple B2-Bomber am US-Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean stationieren lassen. Nur mit B2-Bombern lassen sich die Bunkerbrecher-Bomben transportieren, welche die iranischen unterirdischen Atomanlagen zerstören könnten.

Das Fazit? – Bisher war Trumps Dialogversuch eine Nullnummer und »konstruktiv« nur für den Iran, der außer einem gewissen Prestigegewinn zusätzliche Zeit für seine Waffenforschung gewonnen hat. Für Israel ist Trumps diesbezüglicher Alleingang hingegen eine Provokation. »Unser aller Leben in diesem Land steht potenziell auf dem Spiel«, warnte der Herausgeber der Times of Israel, David Horovitz. »Der Iran ist auf dem Weg nicht zu einer Bombe, sondern zu einem Israel bedrohenden und die Welt bedrohenden umfassenden Atomwaffenarsenal.«

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