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Was Palästinenser in der Westbank wirklich über Israels Pläne denken

Der Reporter Zvi Yechezkeli befragte Palästinenser, was sie von Israels Plänen einer Souveränitätsausweitung halten
Der Reporter Zvi Yechezkeli befragte Palästinenser, was sie von Israels Plänen einer Souveränitätsausweitung halten (Quelle: Screenshot Video)

Der israelische Reporter Zvi Yechezkeli filmte mit versteckter Kamera im Westjordanland, um zu sehen, was palästinensische Araber wirklich über die israelischen Pläne einer Souveränitätsausweitung auf Teile des Westjordanlands denken. Und er erhielt einige überraschende Antworten.

Yechezkelis Gespräche offenbaren – ähnlich wie zu Zeiten der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem – eine große Kluft zwischen dem, was die Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde sagen, und dem, was die Bewohner wirklich denken. Wie der Journalist in seinem Video erklärte, „lässt das Verständnis, dass dies nun eine Gelegenheit für ein anderes Leben ist, seine Gesprächspartner aus dem Bauch heraus Dinge sagen, die man zuvor nur ganz leise hinter verschlossenen Türen hören konnte.“

In dem Bericht, der Anfang des Monats auf Kanal 13 veröffentlicht wurde und vom Kohelet Policy Forum mit einer englischen Übersetzung versehen wurde, erklärte eine Palästinenserin, die am Telefon mit dem Reporter sprach, dass in ihrem Dorf etwa 80 Prozent der Menschen die israelische Staatsbürgerschaft gegenüber der palästinensischen bevorzugen würden, und dass die restlichen 20 Prozent sie wollen, dies aber nicht öffentlich sagen würden.

Ein anderer Mann meinte ebenfalls am Telefon, dass viele Palästinenser es begrüßen würden, im Zuge einer Annexion israelische Ausweise zu erhalten. „Das ist es, was alle denken. Glauben Sie mir. Fragen Sie ein Kind. Selbst das wird Ihnen sagen, dass es, auch wenn es nicht in einer Siedlung arbeitet, es vorzieht, die israelische Staatsbürgerschaft zu bekommen, und dann wird es an den Checkpoints oder sonst wo nicht mit Einschränkungen zu kämpfen haben.“

Wohlergehen wichtiger als Staat

Am Straßenrand fragte Yechezkeli einen Mann während des Gesprächs: „Ziehen Sie es vor, unter israelischer Souveränität oder unter der Palästinensischen Autonomiebehörde zu leben?“ Der Mann antwortete: „Nein, Israel, wirklich. Die Militärstiefel der Soldaten sind mir lieber als der Kopf Abu Mazens [der Chef der PA Mahmud Abbas, Anm. A.G.].“ „Die Palästinenser sind eine Nation von Idioten. Komm schon! Die Israelis sind millionenfach mitfühlender als die PA. … Sie denken nur an sich, und deswegen werden wir niemals einen Staat haben.“

„Sie meinen, es ist besser, wenn Israel für das ganze Gebiet verantwortlich ist?“, fragt Yechezkeli, und der Mann antwortete: „Eine Million Mal besser.“

Ein palästinensischer Unternehmer, mit dem Yechezkeli sich unterhielt, sagte: „Das Leben mit den Israelis ist gut. … Die Autonomiebehörde hat uns ruiniert. Was hat die PA für uns getan? Ich brauche keinen Staat, ich brauche Geld. Geld ist besser als ein Staat. … Wir wollen die PA nicht, sie hat uns ausgeplündert und ruiniert.“

Yechezkeli hakte nach, dass die Palästinenser doch immer von dem Wunsch nach einem Staat sprächen, „von Widerstand und Intifada“: Der Unternehmer antwortete: „Das ist, was unsere Regierung will. … Wir wollen leben und brauchen Geld. Unsere Führung stiehlt bloß Geld.“

Selbst Polizisten lassen kein gutes Haar an der Autonomiebehörde

Yechezkeli resümiert, dass die Palästinenser erkannt hätten, dass die arabische Welt sich mit der Annexion abgefunden habe: „Wenn Länder wie Ägypten und Saudi-Arabien, die die Palästinenser immer unterstützt haben, Israel nun grünes Licht geben, wer bleibt den Palästinenser dann? Abu Mazen? Die Palästinensische Autonomiebehörde? Für sie gibt es keinen Grund, sich auf eine neue Welle der Gewalt einzulassen“ – das habe ihm gegenüber auch ein Polizist der Palästinensischen Autonomiebehörde erklärt.

Dieser Polizist meinte vor der versteckten Kamera sogar, dass das das Leben in Israel gut sei, „dort herrschen Recht und Ordnung, dort gibt es eine Führung. … Hier gibt es kein Recht und keine Ordnung. Die Hilfsgelder kommen aus Israel und Europa, aber sie [die Funktionäre Palästinensischen Autonomiebehörde, Anm. A.G.] stehlen es, und geben uns nicht einmal ein kleines bisschen davon. … Alles geht an Abu Mazen und die PA, an die Führung, während die Menschen Scheiße fressen müssen.“

Auf Nachfrage erklärte er, dass er israelische Souveränität bevorzugen würde: „Zu 100 Prozent. Und ich bin nicht allein. Meine 60 Mitarbeiter, wir alle … Wir sind nur hier, weil wir Beziehungen haben. Wenn Du keine Beziehungen hast, bekommst du nichts.“ Es sei Abbas, der die Menschen im Westjordanland aufgefordert habe, sie sie „sollen auf die Straße gehen und gegen Trumps ‚Deal of the Century‘ [Friedensplan] demonstrieren, aber alle ignorierten ihn und sagten: ‚Sollen er und seine Kinder doch auf die Straße gehen und protestieren.‘“

Auch wenn es nach der Annexion vielleicht zu Terroranschlägen kommen wird, werde es keine große Massenbewegung geben. „Wir sind desillusioniert“, sagte einer der Polizisten: „Es ist nicht wie zu Arafats Zeiten. … Arafat brauchte nur ein Mikrofon ergreifen und die zwei Worte: ‚Allahu akbar‘ sagen, und die Menschen flippten aus. Heute wissen die Menschen, wie das Spiel läuft. Sie wissen, dass die Funktionäre der Autonomiebehörde das Land zerstört haben und die Leute hungern lassen, dass sie Diebe und Verräter sind.“

Die Verhältnisse haben sich geändert

Die arabische Welt habe sich geändert, so Yechezkeli, und damit auch ein Teil der Palästinenser, egal was Mahmud Abbas und die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde erzählen. Manche der Bewohner des Westjordanlands erklärten dem Journalisten sogar ganz offen vor der Kamera, dass sie die Souveränität Israels der der PA vorzögen.

Oftmals sei es bloß die Angst vor der Autonomiebehörde, die die Menschen davon abhalte, das auch öffentlich zuzugeben. Wäre diese Angst nicht, würden viele Menschen zugeben, dass sie lieber israelische Ausweise hätten als palästinensische, so mehrere Dorfbewohner, mit denen Yechezkeli sprach, aber die PA verbiete es.

„Einmal mehr“, so beendet Yechezkeli seinen Bericht, „werde die Kluft zwischen der palästinensischen Führung und den Bewohnern des Westjordanlandes deutlich, die nach 25 Jahren erkannt haben, dass die palästinensische Souveränität ihr Leben nicht besser gemacht hat. Und den Traum, einen Staat zu errichten, hat sie ebenfalls nicht zur Realität gemacht.“ Die Frage sei, so beendet Ezechezkeli seinen Bericht, was man im Zuge der möglichen Ausweitung israelischer Souveränität hören werde: „Die Stimme der Palästinensischen Autonomiebehörde oder die der Menschen, die eine komplett andere Meinung vertreten?“

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