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Was ich bei den IStGH-Haftbefehlen nicht verstehe. Oder doch?

Vertreter des antisemitischen Regimes im Iran können vor dem IStGH nicht angeklagt werden
Vertreter des antisemitischen Regimes im Iran können vor dem IStGH nicht angeklagt werden (© Imago Images / NurPhoto)

Wie kann der Internationale Strafgerichtshof im Namen eines Staates, den es nicht gibt, Vertreter eines Staates anklagen, der kein Mitglied ist?

Ich verstehe etwas nicht, können Sie mir helfen? Sie haben doch vielleicht schon vom Internationalen Strafgerichtshof, dem IStGH, gehört. Soviel ich weiß, funktioniert er so: Dort können Personen angeklagt werden, die auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates schwerste Verbrechen begangen haben. Staaten bzw. deren rechtmäßige Repräsentanten, die Verbrechen in Staaten verüben, die kein Mitglied sind, jedoch nicht. Und erst recht können Verbrechen nicht verhandelt werden, die auf Gebieten geschehen sein sollen, die gar keine Staaten sind.

Also: Jederzeit könnte jemand wegen schwerster Verbrechen im Sinne der Statuten des IStGH angeklagt werden, die auf den Fidschi-Inseln, in Tadschikistan, Botswana, Südafrika, Liechtenstein, Dschibuti oder Afghanistan passiert sind, denn all diese Staaten sind Mitglieder. 

Nicht vom IStGH angeklagt werden können zum Beispiel Russland, die USA, Syrien und andere arabische Staaten, der Iran oder die Türkei, da sie keine Mitglieder sind. 

Gebiete, die zwar gerne als Staat gesehen würden, aber keine sind, fallen ebenfalls nicht unter die Jurisdiktion des IStGH, also zum Beispiel Kurdistan. Logischerweise, aber nur theoretisch, auch nicht »Palästina«, das ja bekanntlich kein Staat ist, sondern nur statt den Israelis deren Staatsgebiet »from the river to the sea« für sich reklamiert. 

In weiterer Folge geht also juristisch, wenn auch nicht moralisch, alles regelkonform ab, wenn Vertreter des Ayatollah-Regimes im Iran, dessen geistlicher Führer Khameini fast täglich unschuldige Menschen wegsperren, foltern und aufhängen, ja, sogar wiederbeleben lässt, um sie nochmal aufzuhängen, nicht angeklagt oder gar verurteilt werden. Der Iran ist ja kein IStGH-Mitglied. Auch Syriens Präsident Assad, der hunderttausendfach die eigene Bevölkerung gefoltert und ermordet hat, ist hier völlig aus dem Schneider. Wie man in Wien so leger und verniedlichend zu sagen pflegt: »Mir wer’n kan Richter brauchen.«

Mehr als das, andere Nicht-Mitgliedstaaten standen diesen netten Menschen auch noch zur Seite. Im UN-Sicherheitsrat haben berufsunschuldige Länder wie China und Russland ein Veto dagegen erhoben, dass Verantwortliche aus dem Iran oder aus Syrien angeklagt und verurteilt werden.

Auch der türkische Präsident Erdogan kann problemlos die kurdische Zivilbevölkerung im eigenen Land und in Syrien gnadenlos bombardieren und darf nicht angeklagt werden, denn die Türkei ist kein Mitglied und Kurdistan kein Staat.

Moment einmal

Hier fällt mir etwas auf, dass ich auch nicht ganz verstehe, vielleicht Sie? Israel ist auch kein Mitglied des IStGH, und »Palästina« ist kein anerkannter Staat. Trotzdem wurden sowohl Israels Premier Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant als auch der Chef des militärischen Arms der (u. a. von der EU als Terrororganisation eingestuften) Hamas, Mohammed Deif, wegen Kriegsverbrechen angeklagt.

Wie ist es möglich, dass Vertreter des Nicht-Mitglieds Israel vor dieses Gericht gezerrt werden? Wegen angeblicher Verbrechen, die in »Palästina« geschehen sein sollen, das ja kein anerkannter Staat mit eigenem Gebiet, anerkannten Grenzen, einer einheitlichen Regierungsgewalt und einem funktionierenden Rechtsstaat ist? Im Gegensatz zum demokratischen Staat Israel, der Gesetze hat, an die er sich auch hält – und immer wieder selbst sein eigenes Militärpersonal vor Gericht stellt, wenn es den begründeten Verdacht gibt, dass sich Soldaten nicht korrekt verhalten hätten.

Abgesehen davon, dass »Palästina« kein Staat ist, ist der angeklagte Vertreter, Hamas-Führer Deif, bekanntlich tot. Somit hätte ihn der Haftbefehl des IStGH irgendwo post mortem zugestellt werden müssen.

Wenn man, je nachdem, wie es gerade beliebt, auch gegen Verstorbene Haftbefehle ausstellen kann, warum dann nicht auch gegen Roosevelt und Churchill? Die sind erstens tot und zweitens haben sie dasselbe gemacht wie die Israelis, nämlich sich gegen einen Feind, der sie nachweislich auslöschen wollte, gewehrt. Dabei kamen im Endstadium des Zweiten Weltkriegs Millionen unschuldiger Zivilisten, davon sechshunderttausend in den letzten Kriegstagen, allein in Deutschland, um.

Ich weiß nicht, liebe Leserinnen und Leser, irgendetwas stimmt doch hier nicht. Jeden Tag werden jetzt, im 21. Jahrhundert, wieder und immer häufiger, Juden weltweit zügellos gejagt und umgebracht. Das geschieht nicht nur, wie kürzlich, einem Rabbiner im arabischen Abu Dhabi. Es ist auch auf den Straßen in Europa wie in Amsterdam, oder auch in Kanada wieder Alltag geworden. Verstehen Sie, dass ich immer öfter den Eindruck gewinne, dass nur ein Gesetzespaket noch immer Bestand hat, obwohl es theoretisch längst nicht mehr in Kraft sein sollte: die Nürnberger Rassengesetze?

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 27. November. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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