Während die Wahlen in Syrien insgesamt kaum als demokratisch zu bezeichnen sind, formulierte sogar die offizielle Wahlkommission Kritik an der geringen Zahl weiblicher Kandidaten.
Als auch auf Druck der USA, nach dem Sturz Saddam Husseins 2004 für alle Parlamente im Irak eine Frauenquote von 25 Prozent eingeführt wurde, stieß dies nicht nur unter konservativen Kräften im Land auf Widerstand, sondern war für die ganze Region ein Novum. Deshalb stellten Beobachter sich auch die Frage, ob diese Quote nach dem bevorstehenden Abzug der USA nicht wieder annulliert werden würde. Das aber war nicht der Fall und seitdem besteht sowohl im Parlament der Zentralregierung in Bagdad als auch dem Parlament der autonomen Region Irakisch-Kurdistan sowie in den Provinzräten des Landes eben mindestens ein Viertel aller Abgeordneten aus Frauen.
Das soll sich mit den diesjährigen Wahlen nun ändern, denn inzwischen tritt fast ein Drittel Kandidatinnen zur Wahl an, wie Kirkuk Now berichtet:
»29 Prozent der Kandidaten für die Wahlen zum irakischen Parlament sind Frauen. (…) Die Unabhängige Hohe Wahlkommission im Irak (IHEC) hat die Namen von 7.768 Kandidaten für die am 11. November angesetzten Parlamentswahlen veröffentlicht, darunter 2.248 Frauen. (…) Neben den durch Quote gesicherten Sitzen wollen Frauen mit der Unterstützung der Wählerinnen und Wähler noch mehr Sitze erringen.«
Inzwischen stellen keine relevanten politischen Kräfte die Quote mehr infrage und auch islamische Parteien werben im Wahlkampf mit ihren Kandidatinnen. Nicht nur das: Auch in anderen Ländern der Region sind inzwischen Frauenquoten eingeführt wie etwa in Jordanien, wo nun achtzehn der 130 Sitze von Frauen besetzt sein müssen, was allerdings nur knapp fünfzehn Prozent ausmacht.
Trotzdem spricht UN Women auch hier von bemerkbaren Fortschritten:
»›Die Stimmen für weibliche Kandidaten haben sich bei der letzten Wahl fast verdoppelt‹, sagt Nicolas Burniat, UN-Frauenbeauftragter in Jordanien. ›Das war ein historischer Wandel, und wir setzen uns dafür ein, dass diese Dynamik anhält.‹ Mehr jordanische Frauen beteiligen sich an politischen Prozessen (…), ›weil die Gesetze begonnen haben, Frauen Raum für Führung und Teilhabe zu geben‹. Im Rahmen seines Engagements für inklusive Regierungsführung hat Jordanien eine Reihe neuer Gesetze verabschiedet:
Das Wahlgesetz vom Jahr 2022 erhöht die Frauenquote im Repräsentantenhaus auf achtzehn, was einem Sitz pro Wahlkreis entspricht. Außerdem werden Frauen und junge Menschen bei Kommunalwahlen höher auf den Parteilisten platziert. Das Gesetz über politische Parteien, ebenfalls aus 2022, verlangt, dass mindestens zwanzig Prozent der Gründungsmitglieder einer politischen Partei Frauen sind und das Gesetz über die lokale Verwaltung Nr. 22 des Jahres 2021 erhöht den Frauenanteil in lokalen und regionalen Räten von zehn auf 25 Prozent.«
Und in Syrien?
Umso heftiger fiel dann auch die Kritik an den am 5. Oktober stattfindenden ersten Parlamentswahlen in Syrien aus, die kaum als demokratisch zu bezeichnen sind, da ein Drittel aller Abgeordneten von Interimspräsident Ahmad al-Sharaa direkt benannt wurden, die anderen über ein System von Wahlmännern gewählt wurden und Regionen wie das kurdische Rojava oder das drusisch geprägte Suwayda ausgeschlossen blieben. Interessant ist aber, dass sogar die Wahlkommission selbst sich dieser Kritik anschloss:
»In einem als undemokratisch kritisierten Verfahren gaben am Sonntag mehrere tausend Mitglieder lokaler Komitees ihre Stimme ab, um die Mitglieder der Versammlung zu wählen. Die Amtszeit der Versammlung ist verlängerbar und beträgt dreißig Monate. Interimspräsident Ahmed al-Sharaa wird siebzig Vertreter für das 210-köpfige Gremium ernennen. Lokale Komitees, ernannt von der Wahlkommission, die wiederum von al-Sharaa eingesetzt wurde, sollen die anderen zwei Drittel auswählen. Die Abstimmungen im kurdisch kontrollierten Nordosten und in der mehrheitlich drusischen Provinz Suwayda im Süden Syriens wurden jedoch verschoben.
Der Sprecher der Wahlkommission, Nawar Najmeh, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass nur vier Prozent der 119 gewählten Mitglieder Frauen seien. Diese Zahl stehe ›in keinem Verhältnis zum Status der Frauen in der syrischen Gesellschaft und ihrer Rolle im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben‹. Die Kommission hatte zuvor erklärt, dass vierzehn Prozent der über 1.500 Kandidaten Frauen seien. Najmeh sagte, dass unter den Gewinnern nur zwei Christen seien und bezeichnete die Vertretung als ›schwach, wenn man den Anteil der Christen in Syrien bedenkt‹.«
Die Reaktionen aus Syrien zeigen immerhin, dass die Zeiten, in denen weitgehend unhinterfragt Parlamente in der Region mehrheitlich reine Männerversammlungen waren, eindeutig Geschichte sind.






